Leben

Die Skepsis vor dem Film

Martina Kollross
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Abseits von Integrationsdebatten und Moschee-Streitigkeiten. Persönliche Erfahrungen mit bekennenden Muslimen. Ein Video-Projekt.

Ich stehe vor dem aufragenden Minarett am Standrand von München. Ich bin verabredet, aber zu früh dran und unschlüssig, ob ich das Gelände der Moschee betreten solle. Eine Frau mit türkisfarbenem Kopftuch nähert sich mir. „Wollen sie zu uns?“ Gerade sei eine Schulklasse in der Moschee, ob ich mich dazusetzen wolle. Ich bejahe. Und höre zu, was ihnen über den Islam erzählt wird. Fast ein bisschen beschämt stelle ich fest, wie wenig ich über diese Religion weiß. Der Mann, der den Vortrag hält wirkt locker. Früher hätten viele Schulklassen die Moschee besucht, aber es werden immer weniger, heißt es.

Ich hatte bis vor kurzem keinerlei Berührungspunkte mit dem Islam, aber dennoch eine Meinung zu den täglichen Debatten um die Religion. Natürlich ist es schwer, sich selbst ein Bild von so einem komplexen Thema zu machen. Trotzdem wollte ich es versuchen. Ich wollte herausfinden, wie es jungen Muslimen in München geht, wo sie sich treffen, wie ihre Freizeit aussieht. So entstand die Idee, einen Kurzfilm mit dem schwammigen Arbeitstitel „Muslime in München“ zu drehen. Und dass, ohne vorher irgendeine Erfahrung in Sachen Film gemacht zu haben.
Zunächst brauchte ich einen Förderer, den ich im JFF, Institut für Medienpädagogik fand. Dann musste ich mein Thema eingrenzen, was ganz schön schwierig war. Denn wie soll man das Thema „Muslime in München“ verarbeiten? Welche Fragestellungen sind wichtig? Und wie schaffe ich es, nicht in Klischees abzurutschen?

Eine andere Schwierigkeit war, die betreffenden Muslime zu finden. Denn, wie gesagt, ich kannte keinen Muslim. Im Islam gibt es, anders als im katholischen Christentum, keinen Dachverband wie die Kirche. In München gibt es aber sehr viele kleine Verbände, die meistens auch Moscheen und Gebetsräume verwalten.

Diese Verbände bestehen oft aus einer ethischen Gruppe. Es gibt türkische Verbände, bosnische, arabische. Ich habe mit vielen Vertretern telefoniert. Ein paar von ihnen sprachen nur gebrochenes Deutsch, andere wieder sprachen Deutsch als Muttersprache.

Sie alle waren freundlich, aber auch skeptisch. Sie sprachen von Problemen mit Vermietern, Medien und Nachbarn. Einem Film standen sie skeptisch gegenüber, sie wollten nicht noch mehr Aufmerksamkeit. Der einzige, der Interesse an einem Treffen hatte, war Marwan Al-Moneyyer, Jugendgruppenleiter des Islamischen Zentrum Münchens.  Offen erzählte der 29-Jährige mit syrischen Wurzeln von seinen Unternehmungen mit der Jugendgruppe, von seinen Erfahrungen in München und dem Islam generell.

Wir vereinbarten ein weiteres Treffen, wo ich einen Teil seiner Gruppe Muwahidun kennenlernen sollte. Die Jungs mochten die Idee des Films: Sie sollten sich selber so zeigen können, wie sie waren. Am Ende wurde ein Iftar-Essen bei Marwan in Garching gefilmt, bei dem sie islamische Pflichten wie das Gebet erfüllten, aber auch einfach ratschten und Tee tranken.

Die Diskussionen im Film wurden zwar von uns angestoßen, die Jungs stiegen aber schnell darauf ein und hatten keine Scheu, auch über Themen wie Sex zu reden. Für mich bedeutete der Film eine Menge Arbeit. Trotzdem bin ich froh, das Projekt gemacht zu haben. Ich war überrascht mit wie viel Offenheit ich empfangen wurde und dass der Islam ganz anders gelebt werden kann als das einem viele Reportagen in den Medien immer wieder zeigen.
Das Video „Raus aus den Hinterhöfen-Junge Muslime in München“ demnächst auf mucbook.de

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