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Ein Jubiläum zum Nachdenken- 150 Jahre Italien

Martina Kollross
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Monaco di Baviera, ein Lieblingsziel italienischer Touristen. Sie schwärmen von München als Kulturstadt. Dabei stammt die Architektur und Kunst vielfach aus der Hand italienischer Künstler. Im eigenen Land zermalmen Wirtschaftsmühlen die Kultur mehr und mehr. Wertvolle Kulturschätze sind gefährdet.

Heute, am 17. März feiert die Einheit Italiens ihren 150.Geburtstag. Das regt viele Italiener zu der Frage an: was macht uns eigentlich aus?

Brennende Autos in Rom. Proteste auf den Piazze in den Städten. Zuschauerrekorde für die Kultur-Show “Vieni via con me”, die gezeigt hat, dass Fernsehsendungen auch mit Niveau funktionieren. Italien ist im Aufruhr. In den vergangenen Monaten ist viel passiert.

Aber warum hielten die Italiener überhaupt so lange still? Korruption, Bunga-Bunga-Skandale und Gesetze, die nur einem halfen. Dazu Kürzungen in wichtigen Bereichen, eine perspektivlose Jugend und Staatsverschuldung. Das alles führte in der Gesellschaft zu einem trägen Zynismus.

In Deutschland reicht ein wenig öffentlicher Druck, um einen erfolgreichen Politiker wie zu Guttenberg zu stürzen. In Italien wackelt Berlusconis Thron auch nach dem x-ten Sexskandal nur leicht.

Über das ganze Jahr 2011 hinweg gibt es Feierlichkeiten zum Einheitsjubiläum. Das regt den Diskurs an und wirkt als Stachel bei zynischer Trägheit: wer sind wir Italiener eigentlich?

Eine Frage, mit der sich auch Deutsche schwertun und die hierzulande in Abgrenzungspopulismus á la Sarrazin strandet. In Deutschland beruft man sich bei Identitätsfragen gern auf die große Kultur: Goethe, Schiller, Wissenschaft.

Große Kultur hätte Italien genug zu bieten. Auf sie berufen sich alle, die die Einigkeit Italiens preisen. Aber das wollen nicht alle. Die geografischen Einheit ist noch immer problematisch. Das Nord-Süd-Gefälle ist gewaltig. Parteien wie die Lega Nord wollen Teile Italiens abspalten.

Kulturelle Identität. Das klingt abgedroschen. In diesem Fall wäre ihre Stärke so wichtig. Eigentlich müsse man die Kultur gerade jetzt mehr fördern denn je. Das mahnen Schriftsteller wie Roberto Saviano, Journalisten und Intellektuelle.

Das Gegenteil geschieht. Wirtschaftsinteressen zermalmen Kunst und Kultur regelrecht. Die Politik kürzt Kulturausgaben auf das Geringste.

  • Italien hat die weltweit meisten Unesco Weltkulturerbe-Stätten in seinem Gebiet
  • Italien war und ist Ziel von allen Bildungsreisenden, die Goethe und anderen Großkünstlern nacheifern

      An der Dante-Gesellschaft, die mit dem deutschen Goethe-Instituten vergleichbar ist, zeigt sich, wie wenig Italiens Politikern Kultur wert ist.

      “British Council in Großbritannien 220 Millionen Euro. Goethe-Institut Deutschland 218 Millionen Euro. Cervantes-Institut Spanien 90 Millionen Euro, Camoes-Institut Portugal 13 Millionen Euro, Alliance Francaise Frankreich 10.6 Millionen Euro.” Eine Aufzählung aus der Show “Vieni via con me”-

      Das sind die Etats anderer Insitute. Der gekürzte Haushalt der Societá Dante Alighieri: 600.000 Euro.

      Auch den italienischen Hochschulen geht es schlecht. Viele Studenten haben wochenlang gegen Kürzungen demonstriert. Vergeblich. Zum Teil  wurden kulturwissenschaftliche Studiengängen einfach gestrichen. Die Unis konnten die Dozenten nicht mehr bezahlen.

      Museen, Theater, Kulturprogramme. Ãœberall gibt es harte Einsparungen.

      Und manchmal passieren Dinge wie in der norditalienischen Stadt Modena. Vor kurzem hatte man dort bei Grabungen für eine Tiefgarage Schätze aus der Römerzeit gefunden. Gräber, Vasen und eine gepflasterte Römerstraße kam zum Vorschein. Jetzt packt man die Steine der Straße in Kisten. Sie soll woanders aufgebaut werden. Ein Parkpatz scheint den Verantwortlichen wichtiger als ihre kulturelle Vergangenheit.

      Tanti Auguri, Glückwünsche, Italien. 150 Jahre dürfen gefeiert werden. Und zwar so, dass du dich auf deine Wurzeln besinnst und ein positives Einheitsbewusstsein ohne Partiotismus oder Nationalismus förderst.

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