Stadt, tagebook von Philomena Poetis, Warum tust du das?
Erweitere deinen HORIZONT und sieh Vielfalt als Perspektive – Interview mit Münchner Jung-Unternehmen
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Es ist ein verregneter und zu kalter Frühlings-Nachmittag als ich in ein Schwabinger Café an der Universität stolpere. Meine Laune bessert sich jedoch schlagartig als ich in die strahlenden Gesichter der jungen Gründer Christopher, Johannes und Robert der Langzeit-Initiative HORIZONT blicke.
Die gemeinnützige Münchner Unternehmergesellschaft HORIZONT – Perspektive Vielfalt dient als Brücke zwischen Flüchtlingen und Unternehmen und vernetzt beide Seiten mit Hilfe einer digitalen Plattform um offene Arbeitsstellen mit geeigneten Arbeitnehmern zu besetzen.
Kennengelernt haben sich die drei Freunde im Stipendiatenprogramm Manage&More des Gründungszentrums UnternehmerTUM an der Technischen Universität in München. Unter der Aufgabe „Entwickelt ein Projekt das Flüchtlingen zu Gute kommt“ startet das frisch zusammengewürfelte Team im Oktober 2015 seine Recherche. Durch das Netzwerk der UnternehmerTUM, aber auch durch Eigenengagement in Vereinen wie Rotaract (Jugendorganisation der internationalen Rotary-Clubs), führen die Jungs Interviews mit Flüchtlingen in Münchner Unterkünften, sprechen mit Entscheidern von Klein-und Mittelstandsunternehmen sowie Großkonzernen, deutschen Behörden und dem Arbeitsamt um Hauptbedürfnisse für Neuankömmlinge (nicht „Flüchtlinge“ betont das Team) zu eruieren und eine Lösung zu entwickeln.
„München ist und war mit Flüchtlingsinitiativen bereits gut aufgestellt und die deutsche Hilfsbereitschaft ist sehr groß, aber Langzeit-Projekte gerade im Bereich Arbeit fehlen“ so Gründer Robert Urban. Sein Kollege Johannes Geiger fügt hinzu „Nicht nur Flüchtlinge sind aktiv auf der Suche nach Arbeit; auch Unternehmen möchten Stellen, Praktika oder Ausbildungen anbieten stehen aber vor großen behördlichen Hürden und wissen oft nicht an wen sie sich wann, wie, wenden können.“
Ihr Schlüsselerlebnis hatten die Münchner Gründer im Herbst 2015 bei einem Heckathon zum Thema „Refugee Crisis“. Ihre Projekt-Idee wurde nicht nur besonders positiv aufgenommen; es meldeten sich gleich zwei Entwickler unter ihnen Niklas Wolf, der auch heute noch zum Kernteam gehört. „Ohne unsere ehrenamtlichen Entwickler hätten wir unsere Idee nie umsetzen können.“ stellt Christoper Rehberg klar.
Um Transparenz zu schaffen registrieren sich Newcomer auf der digitalen Plattform von HORIZONT mit ihren Fähigkeiten, Ausbildungen und Sprachkenntnissen in Formularen, die vom HORIZONT-Team in mehreren Testphasen untersucht wurden. In einem zweiten Schritt registrieren sich Unternehmen und stellen anhand ausgewählter Filterkriterien ihre vakanten Stellen ein. Die HORIZONT Matrix und Programmierung führt dann die möglichen Anwärter mit den Firmen zusammen.
Aber die Gründer agieren in keinem Falle passiv: „Unser Ziel ist der erfolgreich vermittelte Arbeitsplatz – hierzu gehören Telefonate, persönliche Treffen mit beiden Seiten und die Unterstützung bei den auszufüllenden Formulare für die Behörden – wir wollen die Brücke, der direkte Ansprechpartner, sein“, erklärt Christopher. „Durch die detaillierte wissenschaftliche Recherche konnten wir eine Checkliste für Newcomer und Companies erstellen, die keine Fragen bis zum Tag der Einstellung offen lässt – Ein klarer Mehrwert unserer Initiative“.
Im Januar 2016 ging die erste Version der Plattform online und durch die Kooperation mit dem Gasthörerprogramm für Geflüchtete der TU München, meldeten sich 30 Newcomer als Pilotgruppe Ende Januar an. „Aus dieser Testgruppe konnten wir gleich einen Teilzeit-Praktikumsplatz an einen 20-jährigen Syrer vermittelten – unser bisher größter Erfolg“ erklärt das HORIZONT Team mit einem breitem Grinsen. „Spätestens nach diesem ersten Erfolg gibt es für uns kein Zurück mehr“.
Seit Anfang Mai 2016 ist die aktuellste Version online und das Team ist ready for take-off. Alle Teammitglieder von HORIZONT befinden sich im Master-Studium, legen zur Zeit aber Urlaubssemester ein, um sich Vollzeit in die Arbeit zu stürzen, und finanzieren sich durch Familie und Freunde. Das Vermittlungsmodel ist für beide Seiten noch kostenfrei. „Wir würden gerne davon leben können und möchten in den nächsten Phasen Fortbildungen und Workshops anbieten, aber alles immer unter dem Hauptfokus Menschen zu helfen“ so Christopher.
Wirklich sympathische und offen Herren, die mit einer gemeinsamen Vision München ein kleines bisschen besser machen wollen – und für mich klar ein positives Beispiel der aktiven und langfristigen Integration.