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Eurasian Rich Kidz #9 & #10

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Tag 9 & 10

Zwei Tage und drei Nächte auf engstem Raum. Da wir als Männer ohnehin nicht allzu gut riechen wird das für Carina wohl eine Tortur. Doch diesmal ist es etwas anderes, denn wir können ein Fenster öffnen. Der Wahnsinn, was für ein Fortschritt! Diesmal befinden wir uns in einem wirklich antiken Zug, wahrscheinlich aus den 60er Jahren. Für uns ist es ein Museum zum Anfassen und gleichzeitig ein Gym, denn in unserem Abteil lassen sich diverse Übungen absolvieren.
Beim Samowa (ein Kessel voll mit kochendem Wasser) können wir uns immer unsere Instant-Suppen heiß machen, oder, wie Matthias seit neuestem mehrfach zu tun pflegt, Nescafé. Wir sind unterwegs und uns wird jeder Kilometer, den wir zurücklegen, direkt bewusst – wir fahren. Wir stehen zwischen den Wagons und dabei sehen wir die Gleise vorbeiziehen, die uns unseren Weg nochmal mehr bewusst machen.

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Im Boardrestaurant (lass es eine Speisedisco sein) werden wir seit unserem ersten Bier immer wärmer angenommen. Mittlerweile halten die beiden Verantwortlichen (ein Dicker und ein Dünner; fett und Gollum) schon russischen Techno und eine Laser-Show für uns bereit. Es geht ab, das Bier ist teuer, aber alles wackelt, also können wir verzeihen und feiern.

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3400 Kilometer ist die Strecke lang, die zwischen Ekaterinburg und Irkutsk liegt. Wir merken jeden Meter, den wir gut machen und unsere Isolation wird uns vor allem dann bewusst, wenn wir uns setzen und anfangen ein Buch zu lesen. Bei aller Enge, die in diesem Abteil herrscht, kommt dennoch eine gewisse Gemütlichkeit auf. Da wir natürlich nicht wissen, wie man sich auf diesem Raum organisiert, ist unser Abteil auch sehr schnell sehr stark vermüllt. Gottseidank kommt morgens die Schaffnerin und saugt den Teppich im Kammerl. Dafür müssen wir in der früh natürlich immer in größter Panik den Boden frei räumen. Dankbar ist sie deshalb allerdings nicht. Bei dem Dreck, der dort liegen bleibt, ist das aber auch kein Wunder.
Kulinarisch ist diese Reise bisher eine echte Katastrophe! Gerade hier im Zug bestehen Frühstück, Mittag – und Abendessen entweder aus den mitgebrachten YumYum-Nudelgerichten oder aus Reis mit Hühnchen. Der Chefkoch im Boardrestaurant weiß aber seine Gäste zu verwöhnen und variiert die Beilage geschickt. Es gibt eine Gewürzgurke, Erbsen oder Möhren oder auch garnichts zum Reis. Ein Gedicht.

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Das Spannendste sind eigentlich die Stopps, die man nachts irgendwo in der Pampa hat, mit ein bis zwei Stunden Aufenthalt, die wir dazu nutzen, um die Umgebung zu erkunden, die an altsowjetischen Bahnhöfen von ausrangierten Zügen und großen Containerstapeln geprägt ist. Die Stimmung schwankt dabei zwischen Grusel und der Action, die wir eigentlich nur aus Ballerspielen am Computer kennen. Aufregend ist auch, wenn man einmal komplett durch den Zug geht. Es gibt mehrere Wagons, die wie unseres über Vierer-Abteile verfügt, aber auch einige, die komplett offen sind und in dem 48 Personen Schlaf finden sollen. Darunter viele Kinder und viele ältere Herrschaften. Es riecht fast schlimmer als in unserem Abteil.
Zurück im Abteil wird wieder geschlafen. Man liegt keine fünf Minuten in seinem sehr gemütlichen Bett und pennt sofort ein, denn man wird geschaukelt wie in einem überdimensionalen Kinderwagen…

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