Kultur

Filmen für nen Fuffi

Markus Michalek

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Klaus Lemke (Foto), der Regisseur mit dem Faible für schöne Frauen, ist ein Münchner Urgestein. Stilgemäß präsentierte der Filmemacher “Schmutziger Süden” vorab einem kleinen Zirkel Eingeweihter. Markus Michalek hat zugeschaut.

Wie zu erwarten gut gefällt war am Freitag der Ausstellungsraum von Florian Süssmayr im Maximiliansforum (ehemals zkmax). Neben “Schmutziger Süden” stand noch ein weiterer Film auf dem Programm, die Trash-Dokumentation”Never go to Goa” (2002). Vorab und dazwischen gab es neben Alkohol, Zigaretten auch reichlich Gelegenheit, den markigen Sprüche des Kultregisseurs zu lauschen, die von einer gewissen political incorrectness, vor allem in Hinsicht auf Frauen, nur so strotzen.

“Wir haben München erfunden”

Ein paar Auszüge gefällig?

“… sie war für uns eine Musikerin im Streubesitz, eine durchklimatisierte Hostess sozusagen, und scharf waren wir alle auf sie...”, oder auch “Mädchen tun alles, um das zu kriegen, was sie wollen, vor allem die Münchner Mädchen, davon gibt es ja zum Glück auch genug hier, während die Mädels in Hamburg eher wie Jungs sind …”

Starker Tobak, aber Klaus Lemke, wie immer mit Schiebermütze ausstaffiert, ist, zumindest was sein Auftreten angeht, nicht gerade für seine übermäßige Bescheidenheit bekannt. Schließlich ist der Regisseur, der nicht nach Mainstream schielt, sondern immer dem Avantgarde-Kino treu blieb, der festen Überzeugung: “Wir (gemeint ist damit die Riege der Münchner Guerrilafilmer seit den 70er Jahren, A.d.R.) haben München erfunden.”

Nach einigem Gelächter, jeder Menge Applaus, aber teilweise auch Kopfschütteln heißt es dann endlich, Licht aus, Film ab.
herrannika

15.000 DM für einen Trip

Was passiert, wenn man nach Goa fliegt, um die verrückte Realität aus “Erleuchtungsindustrie und Drogenkonsum” in einen Dokumentarfilm einzufangen? Das Ergebnis kann nur eines sein: Ein im besten Sinn trashiger Streifen, mit den Akteuren: Klaus Lemke (Regie), Annika Herr (Foto, Mädchen für das Auge der Kamera und nebenbei ausführende Produzentin), Rüdiger Meichsner (Kamera) und Michael Diekmann (Ton) und ein paar Anderen, vor Ort aufgetriebenen Laiendarstellern. Ein Film, der aus harten Schnitten, einer wackligen Kameraführung und ausufernder Musikuntermalung (Chansons, Techno und Popkitsch) besteht. Dazu spontane Dialoge, erkenntnisreiche, ja philosophische Monologe (die in ihrer Wortgewaltigkeit den Zuschauer daran erinnern, dass es doch vielleicht irgendwo ein Script geben muss) und die zu erwartenden Hippieklischees. Seien es nun Szenen am Lagerfeuer, Kinder in den auslaufenden Wellen, Aussteiger und ihre Lebensweisheiten, eine amüsierte Surfanfängerin, (Annika Herr), ein Duett in einer für Asien obligatorischen Karaokebars (ebenfalls Annika Herr und Romeo), deren subtil angedeutete Romanze mit einem muskelbepackten Surflehrer immerhin jenen denkwürdigen Satz zutage födert: “Manche der Jungs hier sind Schampus für die Augen.”

“Never go to Goa”  mag den Anschein von sinnlos aneinander gereihten Szenen erwecken. Das wäre ein zu hartes Urteil für einen Kunstfilm. schließlich werden lediglich diverse Kinotraditionen (Schnitt, Drehbuch, Plot) bewusst außer Kraft gesetzt. Was bleibt ist ein manchmal wackliger, aber auch treffender Blick auf die Realität im Hippieparadies aus der Sicht von Klaus Lemke eben und sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Und die 15.000 DM, die laut Aussage des Regisseurs der Dreh auf Goa gekostet hatte? Die sind gut investiert, wenn man in die sonnengebräunten Gesichter des Teams blickt.

Schauspieler für 50 Euro

Der Hype um den neuen Film “Schmutziger Süden” ist groß , die Erwartungen sind es dem entsprechend auch. Selbst wenn nur die ersten 15 Minuten des Films zu sehen waren, die fast durchweg in Hamburg spielen. Zu sehen war, neben kleinen, handlungstragenden Episoden vor allem eines: Sex. Eingebunden in die Münchner Subkulturszene um die ehemalige m851-Tagesbar im Horses, Cars and Stars (einem Abrisshaus Schellingstraße 24) erzählt “Schmutziger Süden” die Geschichte des jungen Hamburgers Hennig, der nach diversen Frauenpleiten sein Glück nun in München versucht. Und Glück, das äußert sich für Lemke in unserer heutigen Gesellschaft durch die Suche nach etwas Echtem, die eben nur zu oft mit Sex, noch öfter aber mit der Flucht in die virtuelle Welt von Communities wie Facebook endet: Eine zeitgemäße These.

Filmszene aus Schmutziger Süden: Sheila Malek (links), Indira Maddison (rechts) und Brad Pessi (mit Knebel und Handschellen). Foto: ohFoto: oh

Filmszene aus Schmutziger Süden: Sheila Malek (links), Indira Maddison (rechts) und Brad Pessi (mit Knebel und Handschellen). Foto: oh

Gedreht mit Laiendarstellern, “jeder, der dabei war, erhielt nur einen Fuffi“, so Klaus Lemke, ohne ein wirklich feststehendes Drehbuch, setzt der Regisseur, dessen Filme seine unnachahmliche Handschrift tragen, große Hoffnungen in seine Arbeit. “Ich bin mir sicher, dass mir mit “Schmutziger Süden” ein ähnliches Gesellschaftsabbild gelungen ist, wie mit meinen früheren Filmen” Es wäre im zu wünschen, diesem Filmer, der in einem 20 qm Apartment in der Maxvorstadt lebt und seine Leidenschaft fürs Drehen über die Jahre nicht verloren hat “egal wie groß oder klein das Budget für den nächsten Streifen nun sein mag. Denn Geld und Film, das geht nicht zusammen, findet er.

Klaus Lemke und Sheila Malek

Klaus Lemke und Sheila Malek

Ein Abbild unserer Realität
Und wie heißt es schließlich so schön bei Philippe Djian: “Und wenn die einzige Realität, das beste Mittel, unser Zeitalter zu erfassen, in einer Fickszene enthalten wäre?” Ob “Schmutziger Süden” dem es an “Fickszenen” sicherlich nicht mangeln wird, diesem Anspruch gerecht werden kann, zeigt sich wohl erst auf der Berlinale 2010. Immerhin soll sein Film dort laufen. Wer dafür kein Ticket hat, muss deshalb nicht traurig sein, denn es wird bereits gemunkelt, das ZDF plane eine zeitnahe Ausstrahlung.

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