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Frisch eröffnet in der Maxvorstadt: Kunst auf 18 Quadratmetern im _t156_

Huch, was ist denn hier los? Dicht an dicht drängen sich vor kruzem junge Leute am Ende der Theresienstraße in einen kleinen beleuchteten Raum im Erdgeschoss. Eine lange Menschenschlange bildet sich bis auf die Straße. Bei einem näheren Blick fallen einem dann die vielen, zusammengerollten Feuerwehrschläuche ins Auge, auf denen sich die Anwesenden im Raum bewegen.

Ok, zugegeben: Wir wissen natürlich, worum es hier geht. Auch wenn unbeteiligten Passanten wohl genau diese Gedanken durch den Kopf gehen.

Platz für Kunst und Kollektiv

In der Maxvorstadt eröffnete letzte Woche die temporäre Galerie „_t156_“. Eine Untervermietung/Zwischennutzung macht das möglich: Neun Monate werden dort im zwei-wöchentlichen Turnus zeitgenössische Kunstausstellungen gezeigt. Zugleich ist der Ort die Homebase für ein junges Kollektiv, das gerade im Entstehen ist.

Der kryptisch anmutende Name leitet sich übrigens schlichtweg von der Adresse ab: die Hausnummer 156 in der Theresienstraße bietet dem jungen Team ein vorübergehendes Zuhause zum Arbeiten, Diskutieren und Ausstellen. Die drei Räume vor Ort bilden diese Trias ab: ein Ausstellungsraum, ein Büro und ein Besprechungsraum. Wir haben mit Mit-Initiator Jesaja Rüschenschmidt (bekannt unter anderem von der Polizeiklasse) vorab über das Projekt, den Ort und – natürlich – über Kunst gesprochen.

Kein normaler Galeriebetrieb – aber viel Platz für Diskussionen

Der Ausstellungsraum an sich ist eher überschaubar. Etwa 15 bis 18 Quadratmeter, schätzt Rüschenschmidt. Was neben Platznot aber auch Vorteile mit sich bringt: “Wenn du größere Räume hast, mit vielen künstlerischen Positionen, dann kannst du nicht so fokussiert über einzelne Arbeiten sprechen. Hier passen nur ein paar Malereien rein, höchstens eine Installation oder eine Bodenarbeit. Wir hätten das nur als Büroraum nutzen können, aber der Raum hat eine perfekte Größe, um hier Arbeitsbesprechungen zu machen.“ Diese Arbeitsbesprechungen – gemeint sind gemeinsame und öffentliche Besprechungen der ausgestellten Werke – sollen ein zentrales Element der Galerie sein, die eigentlich keine normale Galerie ist.

Rüschenschmidt hofft, dass Besucher*innen dadurch einen echten Mehrwert mit nach Hause nehmen. „Arbeitsbesprechungen sind unheimlich praktisch für den Sprachgebrauch, wenn man es sich aneignen und daran gewöhnen möchte, über Kunst zu sprechen.  Ich glaube das ist, wovon die Leute an den Kunsthochschulen eigentlich am meisten profitieren (würden): von den offenen Kritikrunden. Das ist wie ein Training für die Sprache. Man kann sich dabei auch viel näher kommen, da man ja fast schon gezwungenermaßen die Sprache der Anderen kennenlernen muss. Mir geht es da eher um eine Form, die wir schaffen. Und die bieten wir jetzt an. Ich weiß auch gar nicht, ob das ein Konsumgut in dem Sinne sein kann.“ Diese Arbeitsbesprechungen finden planmäßig immer am vierten und letzten Tag der Ausstellung statt – also sonntags. Eröffnet werden soll immer jeden zweiten Donnerstag bei einem lockeren Abend.

#stillnotreadyforthursday: Ausstellung in letzter Sekunde

Die erste Ausstellung und Vernissage am 30. Januar zeigte eine Rauminstallation von Phillip Zrenner. Auf alten Feuerwehr-Löschschläuchen wandelten die Besucher*innen quasi direkt auf dem Werk des Künstlers. Kollektives “auf-dem-Schlauch-Stehen” sozusagen.

Von der Chance zum Raum durch eine temporäre Untervermietung, die frei wurde, bis zur ersten Vernissage sind übrigens nur vier Monate vergangen. Da brauchte man jemand, der mit diesem Chaos klarkommt und das trotzdem „rocken“ kann, meint Rüschenschmidt, da Umbau und Renovierung sehr hektisch waren und bis in die letzten Stunden vor der Eröffnung andauerten. Die Wahl fiel deshalb auf einen Mann aus den eigenen Reihen, sozusagen: Rüschenschmidt und Zrenner kennen sich noch aus der Akademie der bildenden Künste und sind beide Co-Gründer der Polizeiklasse.

Unter dem Hashtag #stillnotreadyforthursday wurde der Aufbau auf Insta süffisant dokumentiert. Geklappt hat dann zum Glück doch noch alles rechtzeitig.

_t156_: Fremde Kurator*innen welcome

Das Team um _t156_ will die Kuratorenrolle für den Galerieraum in Zukunft aber auch an andere Personen oder Gruppen abgeben. Ein Ansatz, „um aus dieser Monokultur hier in München auszubrechen“ und verschiedene Netzwerke zusammen zu bringen.

Und wie entscheidet das Kollektiv über diese Vergabe wiederum? Das wird intern demokratisch entschieden und diskutiert. Was in zwei Wochen oder in zwei Monaten sein wird, steht noch in den Sternen, erfahren wir. Spontan bleiben, also. Zumindest was direkt als Nächstes kommt, steht aber bereits fest. Ab diesen Donnerstag, 13.02., wird eine Ausstellung von Julia Emslander mit dem Titel “Arrangment 1” gezeigt:


Bildcredits in Reihenfolge: Titelbild: Stefan Klitzsch, (1) Tilman Schaich, (2) Jesaja Rüschenschmidt/privat, (3) Stefan Klitzsch, (4) Stefan Klitzsch, (5-8) Tilman Schaich.

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