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Illegale Raves in München und wo sie zu finden sind

Damit wir von vornherein auf dem gleichen Nenner sind: Gerade ist einfach nicht der Zeitpunkt für Raves, egal ob legal oder illegal. Der Zeitpunkt kommt irgendwann wieder und wenn das bedeutet, dass ich mit 75 und einem Rollator wieder das erste Mal im Club stehe, dann bedeutet es das wohl.

Während im Frühling letzten Jahres in meinem Bekanntenkreis noch die eine oder andere Person unterwegs war, die auf Teufel komm raus nicht aufs Feiern verzichten wollte, ist das inzwischen auch eingeschlafen. Von wirklich glorreichen Parties 2020 kann wahrscheinlich niemand von uns erzählen (mein aufregendster Abend letztes Jahr war der, an dem ich mit Freunden gemeinsam Pizza gemacht habe – woohoo).

Und während Draußen das Virus wütet und wir uns Drinnen darum kümmern, dass es das nicht ganz ungebremst tun kann, sind die Clubs in München seit März geschlossen. Abgesehen vom ein oder anderen Livestream geht da nichts mehr. Je länger das noch dauert, desto enger wird es für die, die uns sonst nächtens mit Krach und Kultur versorgen. Für deren Mitarbeiter*innen sowieso.

Wie jetzt, was jetzt? Haltet ihr euch nicht an die Regeln?

Da wird man natürlich stutzig, wenn man auf Facebook über eine Gruppe stolpert, die den vielversprechenden Namen „Iligale Raves in München“ trägt. Was mag da wohl dahinter stecken? Wer mag da wohl dahinter stecken? Bin ich hier auf die geheime Schaltzentrale der Münchner Rave-Community gestoßen? Finden doch Raves statt und das mitten im Winter? Und wenn ja, wo denn und wer geht da hin? Ist Facebook wirklich die beste Plattform für sowas und ist es nicht komisch, von vornherein mit dem Schlagwort „iligal“ für sich zu werben? Oder handelt es sich hierbei um einen Versuch der Münchner Polizei, Störenfriede aufzugabeln?

Da ich mir für keine Recherche zu schade bin, bin ich der Gruppe kurzerhand beigetreten – sollte ich dafür von der Polizei festgenommen werden, gibt es ja immer noch das Recherche-Argument, oder? 

Kollektives Durchhalten und Vermissen

Letztendlich hat es über eine Woche gedauert, bis mit Zutritt zur illegalen Rave-Community gewährt wurde und ich hatte eigentlich schon nicht mehr damit gerechnet, dass da noch was kommt. Dann war es plötzlich doch soweit – und ganz anders, als ich es erwartet hatte. „Iligale Raves in München“ ist nämlich weder besonders illegal noch besonders krass unterwegs.

In der Gruppe findet ihr eine ganze Menge Leute, die genau das gleiche Problem haben, wie alle anderen auch: Sie vermissen ihre Freunde, das Miteinander-Unterwegs-Sein, laute wummernde Bässe und alles, was sonst so zum Weggehen gehört. Um das wenigstens ein bisschen leichter zu machen, werden in der Gruppe private Mixtapes, Videos von vergangenen Parties und Memes geteilt – ganz friedlich und nicht selten ziemlich emotional.

Der Konsens? Wir haben keine Lust mehr aber schaffen das irgendwie.

Wird schon wieder

Genau das ist es doch, was uns gerade alle durch diese – entschuldigt die Wortwahl, aber: verdammt beschissene Zeit bringt. Bisschen in Erinnerungen an bessere Zeiten schwelgen, bisschen zuhause kreativ werden, bisschen bitterer Humor und dran denken, dass es uns überraschend gut geht. Bisschen aus der Ferne zusammenhalten.

Schön zu sehen, dass es auch Leuten, die sich abseits der eigenen Internet- und Freundes-Blase bewegen, genau so geht wie einem selbst. Und wenn es dann irgendwann wieder soweit ist, werden wir alle den Weg in irgendeinen dunklen Raum finden, irgendeine Treppe zu irgendeiner Tanzfläche herunterlaufen, wo wir uns zwischen lauter fremden verschwitzen Leuten die Nacht bei zu teurem Bier um die Ohren schlagen bis die uns zuhause im Bett sirren – und das wird wunderschön.

Hoffen wir, dass es wenigstens ein paar Clubs auch bis dahin durchhalten. Vielleicht könnt ihr euren Lieblingsladen bis dahin ja ein bisschen unterstützen.


Beitragsbild: Unsplash/David Jackson

Sophia Hösi
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