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Jedes Tier erlebt den Lockdown anders: Besuch im Katzentempel

Florian Kappelsberger

Ich habe das ungewohnt menschenleere Café Katzentempel kaum betreten, als auch schon Ayla auf mich zugestürmt kommt. Die orange-weiße Katze freut sich sichtlich über den Besuch, lässt sich gerne streicheln und nimmt schließlich zufrieden schnurrend auf meiner Tasche Platz. Leider liegt darin auch mein Notizblock – ein kleines Hindernis für das geplante Interview.

Wenig später können wir dann doch loslegen. Sophie Sattler, Trainee zur Restaurantführung, beschreibt die enormen Herausforderungen, vor die der anhaltende Lockdown das Café stellt: “Im Moment gibt es nur das To-Go-Geschäft”, erklärt sie. Das sei zwar tendenziell ein Verlustmodell, doch man zeige damit Präsenz und beschäftige immerhin alle Mitarbeiter*innen weiter. Zudem konnte das Café die Corona-Soforthilfen der Landesregierung beantragen, wobei die Beiträge für November und Dezember erst jetzt ausgezahlt wurden.

Was das verwaiste Café für die felligen Vierbeiner bedeutet: dazu später mehr.

Kaffee, Kuchen, Herzhaftes – und Katzen: ein Erfolgsmodell

Seit 2013 bietet das Café Katzentempel in der Türkenstraße eine umfangreiche vegetarisch-vegane Speisekarte – etwa Latte Macchiato und Buttercremetorte, aber auch Herzhaftes wie pflanzliche Burger, Seitan-Sandwiches oder Kichererbsencurry. Die Besonderheit: Das Café wird von sechs adoptierten Katzen bewohnt, die darin herumtollen, schlafen oder mit den Gästen spielen. Das Modell ist ein großer Erfolg, heute gibt es Katzentempel-Ableger in Hamburg, Leipzig, Nürnberg und anderen deutschen Städten.

Nun muss das Café seit mehreren Monaten geschlossen bleiben, stattdessen werden Sandwiches, Kuchen und Waffeln zum Mitnehmen angeboten. Außerdem können am Wochenende Brunchboxen bestellt werden, deren Inhalt jedes Mal variiert, von Süßkartoffel-Lauchquiche bis hin zu Pfirsich-Kokos-Chiakuchen. Für besondere Anlässe, wie zum Beispiel dem Muttertag, werden sogar ganze Menüs vorbereitet, die sich im Vorfeld individuell anpassen lassen.

Jede Katze erlebt den Lockdown anders

Auch für die vierbeinigen Bewohner des Cafés stellt das Ausbleiben von Besucher*innen eine Umstellung dar. “Die Katzen vermissen die Menschen natürlich”, erklärt Sattler. Sie werden deshalb jeden Tag von den Mitarbeiter*innen des Cafés versorgt und gestreichelt. Dabei reagieren die Tiere ganz unterschiedlich auf die aktuelle Situation: Während sich Ayla und Saphira geradezu auf jeden Neuankömmling stürzen, döst Jack weiterhin entspannt in seiner gepolsterten Holzkiste.

Ayla zeigt Euch heute wie man so richtig entspannt 😉 Schritt 1: Einen ruhigen Ort suchen Schritt 2: Mit dem Kissen…

Gepostet von Katzentempel München am Montag, 26. April 2021

Insgesamt ist es Sophie Sattler wichtig, das Café als Gastronomiebetrieb zu begreifen. “Wir sind kein Katzencafé oder ein Zoo, sondern ein veganes Restaurant, in dem Katzen wohnen.” Auch während des Lockdowns sei deutlich geworden, dass die Gäste das Café nicht nur wegen der Tempelkatzen besuchen, sondern vor allem wegen des Essens. So kommen täglich Take-Away-Bestellungen, insbesondere die Brunchboxen sind enorm beliebt.

Das Café will nicht als Zoo verstanden werden

Trotz aller Schwierigkeiten konnte das Café Katzentempel das letzte Jahr nutzen, um das Angebot weiterzuentwickeln und neue Standorte vorzubereiten. Jetzt hofft das Team darauf, so bald wie möglich wieder Gäste empfangen zu können, sei es nur im Außenbereich. Wie alle Gastronomiebetriebe ist das Café natürlich abhängig von der weiteren Entwicklung der Pandemie und den verhängten Maßnahmen, erklärt Sophie Sattler. Man halte sich in jedem Fall bereit, demnächst zu öffnen. “Wir sitzen quasi in den Startlöchern.”

Auch die tierischen Bewohner des Cafés warten geduldig darauf, bald wieder besucht, gestreichelt und unterhalten zu werden. Und so streckt sich der Kater Jack noch einmal in seiner Kiste und gähnt, als ich an ihm vorbei zur Tür gehe.

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