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Veränderungen im Univiertel: gut oder schlecht? Das sagen Anwohner*innen und Ladeninhaber*innen
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Unser geliebtes Univiertel: Eine der lebendigsten und beliebtesten Ecken Münchens. Hier ist die Gastro vielfältig, hier schlägt das Herz der Münchner Wissenschaft und der Kulturszene. Die Popularität des Viertels hat allerdings auch ihre Kehrseiten. Welche das sind und inwiefern es die Anwohner*innen und Arbeitenden dort betrifft, erfährst du hier.
Welche Veränderungen gab es in den letzten 20 bis 30 Jahren? Wie wirkt sich die Entwicklung für die Geschäfte und die Menschen dort aus? Wir sind durch die Straßen des Univiertels gezogen und haben die Menschen selbst gefragt:
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„Es sind viiieeel mehr Studenten!“, hören wir oft. Der Zuwachs der Studierenden ist im Wesentlichen der größte Unterschied, der den Bewohner*innen auffällt. Was für diesen Ort als Knotenpunkt für Bildung und Forschung natürlich Sinn macht. Schlecht finden die befragten Einwohner das allerdings nicht per se.
Ein Wandel mit vielen Downs
Eine deutlich sichtbare Veränderung sind die neuen Cafés, Buchläden und Technologie-Start-Ups, die von der dynamischen Atmosphäre und der jungen Bevölkerung des Viertels angezogen werden. Natürlich trägt diese Entwicklung zu einem lebendigen Straßenbild bei und fördert die Kultur der Kreativität und Innovation. Aber was bedeutet das für all die Geschäfte, die zum Teil seit mehr als 100 Jahren dort ansässig sind? Wir haben uns in den angestammten Geschäften umgehört:
- „Die Geschäfte hier haben sich geändert. Es gibt sehr viel mehr Cafés und Bars und Klamottenläden. Früher war das gemischter. Ich finde es nicht so positiv, weil es mir zu einseitig ist. Es ist nichtmehr bunt.“ – Besitzerin eines Antiquitätenladens
- „Nebenan hat letzte Woche ein Laden aufgemacht – sie haben Luftballons rausgeklappt. Die Leute schauen aber gar nicht hin, die schauen nur aufs Handy. Die interessiert das alle gar nicht. Die bestellen zu 90 Prozent online. Auch wenn sie es zurückschicken müssen, das ist ihnen wurscht. Man sieht fast keine Leute mehr in den Schuhläden. Die jungen Leute rennen hier rum, essen und trinken und ansonsten gehen sie online. Aber ich bin deshalb nicht traurig, weil ich sag mir, das ist halt eine andere Generation. Wir waren ja auch mal 20. Da war das halt anders.“ – Kassiererin in einem Modegeschäft
- „Es werden immer weniger Geschäfte hier – das trifft auch die Buchhändler – wegen der Mieten. Heute sind wir noch drei Buchhändler, früher waren wir mal acht.” – Buchhändlerin in der Amalienstraße
Wir haben es selbst gehört: Dass die Mietpreise aufgrund der hohen Nachfrage steigen, ist für einige Geschäfte wie Antiquitätenhändler, Buchhandlungen und auch Modeläden ein großer Albtraum, der leider für viele gerade Realität wird.
Der Rückgang der Laufkundschaft
Die fortschreitende Digitalisierung hat unser Einkaufsverhalten grundlegend verändert: Während kaum jemand der Bequemlichkeit des Einkaufs von zu Hause aus widerstehen kann, fehlt den kleinen Geschäften im Univiertel die Kundschaft.
Viele Student*innen und Anwohner*innen, die traditionell die Hauptkunden der lokalen Geschäfte waren, wenden sich zunehmend Online-Plattformen zu, um alles von Büchern über Kleidung bis hin zu Elektronik und Lebensmitteln zu bestellen. Die Bequemlichkeit und oft auch die günstigeren Preise des Online-Handels können von den lokalen Läden nur schwer übertroffen werden. Das Resultat: Die Läden machen dicht.
Diese Entwicklung ist nicht nur für die Ladenbesitzer*innen selbst, sondern auch für die kulturelle Vielfalt und das soziale Leben im Viertel eine schlechte Nachricht. Dies bestätigt sich auch durch die Passanten der Türkenstraße, die wir folgende Frage gestellt haben: „Was hat sich am meisten im Univiertel verändert?“
- „Als ich in die Türkenstraße gezogen bin, war das Angebot an Geschäften sehr viel vielfältiger. Das waren zum Teil wirklich sehr schöne Geschäfte, die es woanders nicht gab. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat halt die Gastronomie wahnsinnig zugenommen. Wenn ich in der Früh einkaufen gehe, staune ich, wie viele Studenten es sich doch leisten können, schon außer Haus zu frühstücken. Es ist sehr homogen jetzt vom Angebot her. Nur noch Gastronomie und so Edelboutiquen. Ich finde es jetzt auch nicht ausgesprochen negativ, weil ich ja jetzt nicht darunter leide, aber es ist einfach schade. Weil früher war die Türkenstraße was Besonderes. Heute ist das nicht mehr so.“ – Passantin Türkenstraße
- „Was sich verändert hat? Die Struktur der Läden, der Gastronomie und der Verlust an vielen alteingesessenen Geschäften. Ich finde das eher negativ. Bei uns im Haus zum Beispiel war eine Buchbinderei seit 68 Jahren, die letzten Monat geschlossen hat, weil es keinen Nachfolger gibt, weil niemand mehr gebundene Bücher braucht oder das wertschätzt und dafür Geld ausgibt.“ –Passant Englischer Garten
Was tun? Versuche der Anpassung:
Einige lokale Geschäftsinhaber*innen versuchen sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, indem sie ihre Präsenz online stärken. Zusätzlich finden immer mehr Aktionen in den Läden statt, die Kund*innen nicht im Internet finden können. Beispielsweise organisieren Buchhandlungen Lesungen und Diskussionsrunden, Cafés bieten spezielle Workshops an und Kleidungsgeschäfte veranstalten Modenschauen.
Obwohl die Entwicklungen im Universitätsviertel viele positive Aspekte mit sich bringen, stehen die Stadtverwaltung und die Universitätsleitung vor Herausforderungen. Dazu gehört, wie man ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Modernisierung und Bewahrung des charakteristischen Stils des Viertels finden kann. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Universität für alle zugänglich bleibt und nicht nur für diejenigen, die sich hohe Lebenshaltungskosten leisten können.
Wie wir helfen können:
Eins ist klar: Die lokalen Einzelhändler brauchen unseren Support. Wer helfen möchte, könnte vielleicht auf die ein oder andere Online-Bestellung verzichten und die lokalen Läden unterstützen und die Menschen im Umfeld darauf aufmerksam machen. Denn die Zukunft dieser Geschäfte hängt auch davon ab, wie stark die Münchner*innen sie unterstützten.
Beitragsbild: Thomas Oswald / LMU