Leben

Köche statt Künstler

Adrian Renner
Letzte Artikel von Adrian Renner (Alle anzeigen)

Vom Club zum Biergarten РDavid B. Walker, ehemals Registratur-Chef hat im Westend ein Wirtshaus, eine Bar und einen Biergarten er̦ffnet.

KongressHalle3

***

Früher, sagt David, war die Sonne der Feind. Wenn die Sonne kam, gingen die Leute. Heute braucht er sie, dass die Leute kommen. Früher, das war sechs Jahre die Registratur, DJs aus Detroit, Berlin, London, Partys bis in den Morgen hinein. Ein Club, an dem es nicht zu einem geringen Teil lag, dass München auf einmal wieder ein Nachtleben hatte. Nun hat David Blade Walker, 44 Jahre alt, Architekt aus South Dakota, das Kongressgelände gemietet. Ein großer Biergarten, innen noch mal 400 Plätze, dazu die riesige Kongresshalle, ein paar hundert Meter neben der Theresienwiese beim Deutschen Verkehrsmuseum und dem Bavariapark. Statt Ellen Allien und Carl Craig begrüßt er hier die Blaskapelle.

Vielleicht musste es so kommen, sagt er. Man kommt aus New York nach München wegen der Arbeit, macht irgendwann einen Club auf, und wenn er wieder schließen muss, sucht man sich einen Biergarten. Die Münchner lieben solche Geschichten, von den zugroasten Amerikanern, Japanern oder Franzosen, die hier bleiben und Bayern werden. Nur, David hat etwas vor mit seinem Biergarten. Es soll anders werden, er soll zu ihm passen, zum Westend, zu seinem München. Es soll cool werden, aber nicht zu cool, sagt er. Immer noch ein Biergarten, aber mit Flair, einem anderen Flair. Bevor die Blaskapelle kommtlegt ein DJ erst einmal Hank Williams auf.

David Walker hat in Kansas Architektur studiert, dann mehrere Jahre in New York gearbeitet, von wo aus ihn vor 13 Jahren für ein Projekt nach München verschlug – ins Westend. Als Ausländer zieht man als erstes ins Westend, sagt er. Er war einer. Er arbeitete ein bisschen als Architekt, hatte Lust auf etwas Neues, gründete ein Plattenlabel für Country-Rock, das sich wieder auflöste, und dann die Registratur. Bis diese letzten Herbst schließen musst – das Gebäude in der Blumenstraße war nur zur Zwischennutzung vergeben.

Jetzt läuft er eilig mit einem über das Gelände, draußen der Biergarten, drinnen die Bierhalle, daneben die neu eröffnete Kongress-Bar, daneben die riesige Kongresshalle – zu groß für einen Club. Er weiß, was er machen muss, dass Gebäude gut wirken, und jetzt zeigt er, was anders werden soll. Eigentlich soll alles anders werden. Alte Sofas statt Bänken, eine Holzterrasse statt Biergarten, ein Konzertsaal statt Trinkhalle. Wilco oder die Flaming Lips, sagt er, die würden gut passen. Die Kongress-Bar, eine Bar mit riesiger Cocktail-Karte mit Ludwig-Erhard-Bild an der Wand, hat er direkt daneben schon eröffnet.

Als er die Registratur aufmachte, hat er ein Manifest geschrieben, was dieser Club sein sollte. Inhalte, nicht Massen-Party-Abfertigung. Letzten Dezember hat er wieder eines geschrieben, für das Kongressgelände. Oberste Devisen: Gutes Essen, freundlicher Service. Und Lesungen, Konzerte, gute Musik – die Inhalte wieder. Für das Essen arbeitet er mit Landwirten aus der Umgebung zusammen. Alle Soßen sind selbst gemacht, im Winter wird es keine Tomaten auf der Karte geben. Keine Lebensmittelgroßhändler, so steht es auf seinem Manifest. Jetzt hat er Köche statt Künstler, sagt er, und grinst ein bisschen. Gastronomie hat er noch nie in seinem Leben gemacht. Aber er will etwas im Westend, wo er selbst gern hingeht zum Essen. Er hat zudem noch die Schwalbe übernommen, ein Wirtshaus mit Kegelbahn in der Schwanthalerstraße , ein paar hundert Meter weg vom Kongressgelände und drei Minuten von seiner Wohnung. Auch hier: gutes Essen und die wahrscheinlich die netteste Wirtsfrau Münchens, die Eva.

Manchmal, sagt David, geht er mit seinem Hund im Bavariapark spazieren, und wenn er auf das Kongressgelände schaut, denkt er sich, wie absurd das eigentlich sei. Die riesige Halle, ein ganzer Biergarten, eine Cocktail-Bar, eine Trinkhalle. Er läuft jeden Tag von früh bis in die Nacht hinein, mit einer seitenlangen To-Do-Liste über das Gelände. Seine Arbeit gerade beschreibt er als Surfen auf einer Chaos-Lawine. Aber ich musste es einfach machen, sagt er, so ein Gelände bekommt man nur einmal im Leben.

kongress1

Biergarten und Kongress-Bar beim Bavariapark

kongress3

Der Biergarten, und auf einmal braucht ein Club-Betreiber die Sonne.

KongressHalle5

Früher DJs, heute Blasmusik. David B. Walker mit Entourage.

kongress2

Die Kongressbar: Cocktails und Heinz Erhard.


Fotos: Sebastian Gabriel

3 Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons