Luis Fürstenried West
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Meine Halte: „Fürstenried-West“ – Endhaltestelle, bitte alle aussteigen.

Luis Brubacher

Wer am Marienplatz in die U3 Richtung Fürstenried-West einsteigt, bemerkt, dass sich der „Münchner-Charme“ im Laufe der Fahrt schnell verflüchtigt. Nach 18 Minuten Fahrt heißt es dann: “Endhaltestelle, bitte alle aussteigen” und dann ist man am, von der AZ zu einem der hässlichsten Plätze Münchens gekürten, Schweizer Platz. Hier wird vergeblich nach Münchner “Schickimicki” gesucht. „Funktionell in Ordnung, aber optisch eine Katastrophe.“ Das trifft gut zu, denn der Platz kombiniert ein Einkaufszentrum, einen Busbahnhof und eine U-Bahn Endhaltestelle in einem. Das ist zwar praktisch, nur leider ist die Haltestelle sowie der Platz übertüncht mit Grautönen und Beton. Trotzdem glänzt er durch einen Hain mit Bänken und seine Weitläufigkeit. Diese ist noch ein Relikt von früher, denn bevor die U-Bahn in den frühen 90ern erweitert wurde, war hier der Wendepunkt der Tram Linie 8.

Kunstafficionados kommen hier auf ihre Kosten…

Sogar für Kunstkenner*innen hat Fürstenried-West etwas zu bieten. Nur drei Minuten Fußweg entfernt, am Vorplatz des Gymnasium Fürstenrieds, befindet sich eine Skulptur des Bildhauers Fritz Koenig. Dieser ist bekannt für seine Bronzeplastik „The Sphere“, die am Plaza des World Trade Centers stand und dessen Zusammensturz am 11. September 2001 überstand. Mittlerweile steht die Skulptur im „Liberty Park“ nahe dem ursprünglichen Standort und ist ein großer Tourismusmagnet. Koenig schuf außerdem das Denkmal für die Opfer des Olympiaattentats im Olympischen Dorf.

Auch das Gymnasium Fürstenried hat künstlerische Wurzeln. Es wurde von Peter Lanz entworfen, der unter anderem Architekt für einige Münchner Olympiabauten war. Im Geiste des architektonischen Avantgardismus der Olympiade 1972 und des rigorosen Modernismus der 70er Jahre ist die Schule als massiver Betonbau entworfen worden. Wer sich in der Aula des sogenannten „Bunkers“ befindet, fühlt sich so, als könne er den Doomsday überleben. Für dessen Innengestaltung war der Münchner Maler Rupprecht Geiger zuständig und kontrapunktierte die massive Architektur mit einem kühnen neon-farbigen Wandgestaltungskonzept.

Impromptu-Biergarten, zu jeder Jahreszeit…

Egal zu welcher Jahreszeit man den Schweizer Platz besucht, fast immer ist eine Gruppe von Personen anzutreffen, die die Bänke des Platzes in einen Impromptu-Öttinger-Biergarten verwandelt. Wer öfters hier ist, wird nach einiger Zeit in ihnen vertraute Gesichter erkennen. Dem Namen “Schweizer Platz” wird er insofern gerecht, weil als räumlicher Fixpunkt ein Brunnen der tschechischen Bildhauerin Magdalena Jetelová aus Schweizer Granit dient. Hier stürzt das Wasser auf Stufen zwischen zwei massiven Blöcken herab und soll an einen reißenden Gebirgsfluss in den Schweizer Alpen erinnern.

Auf den Spuren Napoleons und Döner mit alles und scharf…

Die Betonwüste Schweizer Platz kann mit den etlichen Bussen und MVG-Bikes aber auch schnell verlassen werden. Nur wenige Minuten sind es von hier aus bis zum Forstenrieder Park. Dort betrieben früher die Wittelsbacher ihre Hirschjagd. Sogar Napoleon Bonaparte soll im Jahre 1806 im Forstenrieder Park zur Hofjagd geladen worden sein, um die Ernennung Bayerns zum Königreich zu feiern. Auch das Würmtal ist leicht zu erreichen. Ein Ausflug an die Würm kann noch gekrönt werden, durch einen schmackhaften Döner vom Neurieder Kebaphaus, inklusive freche Scherzeleien des fast immer gut gelaunten Inhabers hinter der Theke.

Der fürstlichste Kiosk Münchens…

Wer abends hier die Rolltreppe runterfährt um in die Stadt zu kommen, kann sich auch, falls die Zeit es erlaubt, noch eine Weghoibe beim „Fürstenkiosk“ im Sperrgeschoss der Haltestelle kaufen. Wenigstens die ersten paar Schlücke können dann noch im schwummrigen gelben Licht, das die gesamte Station zu übermanteln scheint, genießen. Während man auf seine U-Bahn wartet, weil sie einem natürlich mal wieder vor der Nase weggefahren ist, kann der Flair der Halte noch verinnerlicht werden.


Bilder: ©Luis Brubacher

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