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Meine Halte: Universität

Meine Halte. Erst habe ich sie nicht gefunden. Zwischen einer Kirche, Fachbibliotheken und Fakultäten liegt an der Ludwigstraße eine weitere Institution Münchens versteckt: die U-Bahn-Haltestelle Universität. Versteckt, denn die Bögen, die die Nordeingänge umrahmen, lassen eher einen mittelalterlichen Tanzsaal vermuten als eine U-Bahn.

Hochmütig?

Zwischen ,,Universität” und Universität werden die Erwartungen nicht enttäuscht: Avocadotoast und Chai Latte, Ateliers und Porsches – sehr viele Porsches. Aber ein Viertel macht vielleicht nicht das aus, was es zu kaufen gibt oder was man auf den ersten Blick sieht. Auf fränkisch sagt dazu ein Freund von mir, das Viertel bestehe aus M&Ms: Möchtegerns und Machos. Wenn man für eine längere Zeit hier lebt, merkt man, dass dieses Stereotyp nur ein Stereotyp ist. So wie die kleine, aber feine U-Bahn selbst, sind die Leute versteckt, die Leben in das Viertel bringen.

Tritt man zum ersten mal, zum fünften mal, zum zehten mal aus den Nordeingängen, fällt es nicht auf. Wenn es aber regnet, oder man vergisst die Maske abzunehmen, vermisst man plötzlich etwas. Denn an den beiden sich gegenüberliegenden Eingängen sind zwei Obstverkäufer. Beide sind immer am lachen und verpassen der Umgebung einen Duft von Erdbeeren. Oft winken sie sich über die Straße zu und verbreiten gute Stimmung.

Mag man den vanilligen Duft von alten Büchern, geht man zu Barbara Goldschmit’s Words’ Worth Booksellers. Dort kann man über seine Lieblingscharaktere, seine Lieblingswitze und die schrullige Englische Kultur reden. Manchmal gibt es hier zu viele Bücher, manchmal ist es hier zu gemütlich, und ein Buch fällt einem auf den Kopf.
Für einen bayrischeren Eindruck von München geht man zur Bäckerei Huber, die sich auf Brezen spezialisiert. Morgens riecht es nach frischer Hefe und geröstetem Sesam. Ab zwölf Uhr lohnt es sich, wiederzukommen, denn dann gibt es frische Kümmelbrezen.

Kaffee und Katzen

Letztlich wird das Viertel vor allem von einer Gruppe gestaltet: Die Studierenden kommen aus China, Japan, Jamaika, Portugal, Spanien, oder eben aus der Umgebung. Wenn es sonnig ist, lässt die Bewohnerschaft der Türkenstraße die Füße aus dem Fenster baumeln. Sie schalten eine Boombox ein und spielen Backstreet Boys, oder Helene Fischer. Bitte nicht.

Vor den Cafés und Bubble Tea-Shops der Türkenstraße sitzen meist Studierende die auf Englisch, Deutsch oder Denglisch plaudern. In den Cafés schrubben Studierende die Tische, um sich auch mal eine Kümmelbreze zu leisten. Ja, die meisten sind unter Stress. Aber lächeln tun sie immer noch. Denn sie wissen, dass ohne sie hier nichts laufen würde. Und wenn man einmal zu viel Stress hat, geht man ins Katzencafé Katzentempel. Der vierpfotige Chef Gizmo sorgt für Ordnung, Ayla für Aktion und Balou schläft meistens.

Auf dem Boden geblieben

Mit einer Pizza von Lo Studente kann man dann à la Saturday Night Fever in fünf Minuten den Englischen Garten erreichen. Hier tanken die im Schatten der Bücherregale lebenden Studierenden ihre tägliche Dosis Vitamin D auf. Falls die Sehnsucht nach eduroam, dem beliebten Internetzugang der Universität, zu groß wird, geht es dann wieder zurück zum Nordeingang der U-Bahn. Links geht es zur ,,Universität” herunter und rechts geht es die Treppen herauf zu der etwas hochmütigeren Universität.

Heute sage ich einmal tschüss und biege links ab.

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