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Meinung: Die Selbstgerechten – Die CSU und der CSD
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Die Münchner CSU regt sich auf, weil sie keinen Wagen auf der CSD-Parade bekommen soll. Das ist selbstgerecht, findet unser Redakteur.
Die CSU soll auch dieses Jahr keinen Wagen auf der Münchner CSD-Parade bekommen, so berichtet es die Abendzeitung. Und die Partei empört sich: “Wer Vielfalt zelebriert und dabei andere demokratische Gruppen ausschließt, macht sich unglaubwürdig”, polterte etwa CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. Die CSU unterstütze regelmäßig die Interessen der LGBTQI-Community. Natürlich gebe es zu manchen Fragen unterschiedliche Sichtweisen, aber das sei doch der Kern von Dialog und Demokratie, findet Pretzl. Wirklich?
Klar, die CSU in München gehört zu den liberalsten Ortsverbänden der Partei. Trotzdem ist der Ausschluss verständlich. Wer im eigenen Grundsatzprogramm “Gendersprache und Wokeness” als “illiberales Spießertum” bezeichnet und darin “Sprechverbote, moralische Bevormundung und Umerziehungsfantasien” wähnt – ein Vorwurf, der von einer christlichen Partei kommend, besonders zynisch wirkt –, ist eben keine selbstverständliche Verbündete der LGBTQI-Szene
Auch bei der Drag-Lesung in München spielte die CSU lieber die Kulturkampf-Tröte, als sich nach ihrem eigenen Motto “Leben und leben lassen” mit den Veranstaltenden zu solidarisieren. Damit trug sie mit zur Gefährdung der Veranstaltung bei. Das Gendern und das Selbstbestimmungsgesetz nutzten einige Parteivertreter*innen, um für Wahlstimmen Ressentiments in Bierzelten zu schüren. Das ist etwas Schwerwiegenderes, als “unterschiedliche Sichtweisen” im demokratischen Diskurs, wie Pretzl es formuliert.
Diskurs ja, schmollen nein danke
Das heißt nicht, dass der CSD die CSU ausschließen muss. Wenn konservative oder liberale Mitglieder der LGBTQI-Community sich jetzt für die CSU einsetzen, ist das nachvollziehbar und trägt bei zu einem Diskurs, der die Vielfalt der Community widerspiegelt. Diesen Diskurs gilt es zu führen.
Doch wie die CSU jetzt schmollt und auf ihr Recht pocht, am CSD teilzunehmen, das ist selbstgerecht. Denn man muss die CSU-München nicht dafür belohnen, dass sie offener für queere Lebensrealitäten ist als die Gesamtpartei. Es ist das Mindeste. Das Bemühen um Dialog muss von der CSU ausgehen, nicht vom CSD. Denn sonst muss sie sich vorwerfen lassen, queere Anliegen auszunutzen: Einerseits, um sich beim CSD den Städter*innen als offen zu zeigen und andererseits, um im Wahlkampf auf Kosten der LGBTQI-Community Kulturkampf zu betreiben.
Der CSD sollte keine dankbare Bühne für Konservative sein, um sich einem progressiv-liberalen Publikum anzubiedern. Ein Bekenntnis zum CSD erfordert auch Solidarität im restlichen Jahr.
Beitragsbild: Bethel Fath, CSD München