Kultur, Live, Nach(t)kritik

Mit José im schwedischen Wohnzimmer

Alexander Maria Dhom
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Mit dem Namen „Junip“ kann man wohl nicht viele Leute ins Atomic Café locken. Es dürfte wohl eher die genauere Beschreibung „feat José Gonzalez“ auf dem Flyer gewesen sein, die den Laden dann doch voll gemacht hat.
Junip hatte einen langen Weg hinter sich, bevor endlich ihr Debütalbum „Fields“ in die Läden kam. Schon in Jugendzeiten in Göteborg musizierten sie zusammen. Im Jahr 2000 starteten sie dann den ersten Versuch ein Album aufzunehmen. “Das Ergebnis klang einfach nicht besonders gut“, sagen sie selbst. Anstatt weiter zu machen trennten sich vorerst ihre Wege. Der Drummer Elias Araya beginnt Kunst zu studieren, der Organist Tobias Winterkorn gründet eine Familie und wird Lehrer.

Und der Sänger José Gonzalez? Der macht Karriere. Sein Album „Veneer“ macht ihn 2003 nicht nur in Schweden zum Star. Mit seiner Coverversion des Knifes-Liedes „Heartbeats“ schafft er es sogar in die SonyBravia-Werbung.

Trotzdem glaubt José an das Potenzial von Junip. Also wird im Jahr 2005 ein neuer Versuch gestartet. Aus Zeit- und Songmangel wird daraus aber leider nur die EP „Black Refuge“. „Eine faule Band“, scherzt José Gonzalez über das Projekt.

Drei Jahre später war es dann endlich soweit und sie begeben sich mit komplett neuem Material auf den direkten Weg zum Debütalbum. Der 10.09.2010 ist dann endlich der historische Release-Tag. Nur 17 Tage später gastieren José, Tobias und Elias schon im Atomic Café.

Zur Überraschung vieler nahm José noch zwei weitere Musiker ins Boot. Einen weiteren Drummer, welcher öfter mal einer Blockflöte den Vorzug gab und einen Bassisten. Schon vor dem Konzert auffallend: Das liebevoll gestaltete Bühnenbild. Ein beleuchteter Globus, eine Kuckucksuhr und ein kleines palmenartiges Gewächs untermauern den Wohnzimmercharakter des Konzertes.

Minutenlang lässt Tobias Winterkorn seine Orgel-/Synthie-Akkorde stehen, während José Gonzalez mit seiner meditativen Stimme und seinem entspanntem Gitarrensound enorme Atmosphäre erzeugt. Der starke Hall auf seinem Mikrofon tut sein übriges dazu. Auffallend ist jedoch, dass nur wenige der klassischen Gonzalez-Elemente übernommen werden. So ist die Gitarre definitiv nicht mehr das hervorstechende Instrument.

Es ist nun mal JUNIP, und nicht „José Gonzalez + Band“. Die doppelt besetzten Drums (Schlagzeug+Congas) und die rhytmisch eingesetzten Blockflötentöne rechtfertigen die Aussagen, sie hätten sich an Musik aus Nigeria und Ghana orientiert, was den internationalen Charakter der schwedischen Band unterstreicht.

Nach knapp einer Stunde ist dann die Wohnzimmerrunde auch schon vorbei. Was bleibt ist ein sehr sympathischer Eindruck der Band, angenehme Musik und eine schöne Erinnerung, aber auch die Angst, dass Junip in die Monotonie abrutschen.
Hoffen wir, dass José Gonzalez seine fantastischen Ideen auch in seiner alten Band weiter umsetzen kann.

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