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Schere, Laim, Papier: Zwischen Landsbergerstraße und Stammstrecke entsteht ein neues Kreativhaus

In der Landsbergerstraße 212 in München wurden jahrzehntelang vor allem Papier- und Büroartikel verkauft. Von der alteingesessenen PAPIER-STEIN GmbH & Co. KG. Doch weil die inzwischen auf Onlinehandel und einen Firmensitz im Umland setzt, übernimmt jetzt die Kreativwirtschaft in Laim: Bahnwärter Thiel Betreiber Daniel Hahn hat das charismatische zweistöckige Haus fest angemietet und damit auch vor dem geplanten Abriss bewahrt. Stattdessen werden die Flächen nun untervermietet.

Bekannte Formate aus dem Bahnwärter Thiel soll es dort nicht geben, die Flächen werden an verschiedene Firmen aus der Kreativbranche sowie einen Kunstverein untervermietet, erfahren wir. Ins Gebäude ziehen der Second Hand-Verkauf VinoKilo, die ufo Filmgerät GmbH sowie DNS Audio (Verleiher der berühmten Funktion-One Boxen). Außerdem findet der Machwerk e.V. – eine offene Atelier- und Experimentierwerkstatt – für mindestens zehn Jahre eine neue Heimat.

Zumindest ein kleiner Knotenpunkt – eine kreative Hausgemeinschaft samt Innenhof und Second Hand Laden – entsteht also im Viertel. Auch wenn es kein übergeordnetes Betriebskonzept gibt, wie Daniel Hahn uns gegenüber klarstellt, und er nur als Vermittler und Vermieter auftritt.

Neues Zuhause für die Atelierwerkstatt Machwerk

Für den Machwerk e.V. kommt diese Möglichkeit gerade recht. Zum 30. April müssen sie ihre alten Räume am Rotkreuzplatz verlassen. Sie hatten händeringend nach Ersatz gesucht. Ohne den Anschlussmietvertrag hätte sich der Verein laut eigener Aussage wohl auflösen müssen. So geht es auf der anderen Seite der Stammstrecke, auf Höhe der Haltestelle Hirschgarten, jetzt also weiter. Für mindestens zehn Jahre – so sieht es der neue Mietvertrag vor.

„Unser Konzept ist das freie Tun“, erklärt Machwerk-Leiterin Katharina Müller. „Wir bieten Raum, Material, Werkzeuge und Maschinen, um Menschen in ihrem handwerklichen und künstlerischen Schaffen zu unterstützen.“ Der Verein richtet sich ausdrücklich an alle Altersgruppen, an Profis sowie Neugierige. Auf dem Programm stehen auch regelmäßige Abendveranstaltungen, Workshops und die Machwerk-Akademie. In Seminaren etwa lernen Erzieher*innen und Pädagog*innen, wie sie Werkstattarbeit in ihren Beruf integrieren können.

Am neuen Standort schätzt Müller die kreative Hausgemeinschaft und die Möglichkeit, laut zu sein, ohne Anwohner*innen zu stören – ringsherum ist kein Wohngebiet. „Wenn wir mal die Kreissäge anwerfen, beschwert sich nicht gleich jemand“, sagt sie. Da sei nicht überall so, weiß sie. „Die Räume eignen sich auch deshalb so gut, weil sie groß und hell sind.“ Derzeit suchen sie noch Mieter*innen für die Gemeinschaftsateliers und ehrenamtliche Unterstützer*innen beim Umzug und Einräumen sowie allgemein finanzielle Förderer.

Kreative Hausgemeinschaft, Second Hand und etwas Grün im Hof

Teil der kreativen Hausgemeinschaft wird auch ufo Filmgeräte sein. Sie verleihen Filmequipment und vermieten vor Ort ein lichtdurchflutetes Loftstudio an andere Interessierte, erzählt Gesellschafter Arne. Die großen Fenster machen den Raum sehr besonders, findet er. Er denkt dabei etwa an Vernissagen, Roadshows, Schulungen oder Plattenreleases – vieles ist möglich. Die Musik bei solchen Veranstaltungen könnte dann vielleicht aus einem Soundsystem von Funktion-One kommen. Denn der bekannte Boxenhersteller hat mit dem Büro von Tontechniker Dominik Schwarz von DNS Audio quasi eine Art Filiale im ersten Stock des Hauses. Als Verleiher stattet Schwarz Partys und viele Festivalbühnen in ganz Europa mit den beliebten Boxen aus und kümmert sich auch um Licht, Bühnenbild und Konzepte.

Vintage Liebhaber*innen dagegen dürften im Erdgeschoss hängen bleiben. Der Branchenprimus VinoKilo eröffnet hier eine seiner ersten stationären Filialen europaweit und verkauft gerettete Second Hand-Kleidung – mit einer Auswahl von Streetwear bis High End Fashion. Bisher gab es in München – so wie in vielen anderen Städten auch – nur eine Handvoll Pop-Up-Veranstaltungen von VinoKilo, keine feste Anlaufstelle. Hier zahlt man übrigens nicht pro Kleidungsstück, sondern nach Gewicht. Gerade für leichte Sommerkleidung aktuell vielleicht von Vorteil. Spezielle Events und Verkaufsaktionen darf man auch in der dauerhaften Filiale erwarten.

Und draußen? Der Innenhof soll unter anderem durch Hochbeete begrünt und verschönert werden, ein Food Truck bald die Kund*innen und die Hausgemeinschaft versorgen. Ein Kellerraum dagegen bleibt noch ungenutzt. Bahnwärter Thiel-eigene Projekte gibt es vorerst nicht vor Ort, bekräftigt Daniel Hahn. Mit der zugesagten Verlängerung des Betriebs für das Stammareal am Viehhof (bis 2027 wurde der Vertrag kürzlich von der Stadt verlängert) und für die Alte Utting hätte man dort vorerst wieder alle Hände voll zu tun.


Bilder: ©privat/machwerk

3 Comments
  • Herbert Gerhard Schön
    Posted at 01:51h, 15 April

    Harmloser Tipp-Fehler: Landsbergerstraße statt Landsberger Straße schreiben – was sich aber noch korrigieren lässt.

  • Wolfgang Ehle
    Posted at 09:54h, 11 Mai

    Für auswärtige Leser wäre es auch interessant zu wissen, in welchem Ort sich die Einrichtung befindet. Sicherlich in München – kann man aber nur vermuten…

  • Florian Kraus
    Posted at 11:11h, 12 Mai

    Danke für den Hinweis, haben wir ergänzt.
    Viele Grüße!

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