Aktuell, Stadt
Nie wieder anstehen im KVR? – Hanna Sammüller-Gradl (Kreisverwaltungsreferentin) im Mucbook Podcast
Kontakte mit dem Kreisverwaltungsreferat gehören oft nicht unbedingt zu den erfreulichsten. Führerschein weg, weil zu schnell gefahren. Stundenlang Warten für den Termin auf dem Amt. Oder Stress beim Anmelden von Veranstaltungen. Vielleicht ist der Ruf des KVRs aber schlechter als die Realität. Hanna Sammüller-Gradl ist 2022 als Kreisverwaltungsreferentin angetreten, um vieles einfacher und besser zu machen. Im Gespräch mit Mucbook-Herausgeber Marco Eisenack verrät Sammüller-Gradl, wie sie das schaffen will und warum die Arbeit im KVR sie so zufrieden macht.
Zugegeben, die Bewertung auf Google könnte eine bessere sein. Mit 2,6 Sternen rangiert das KVR irgendwo zwischen Baureferat (3,3 Sterne) und dem Referat für Bildung und Sport (2,1 Sterne). Nur das Mobilitätsreferat scheint noch unbeliebter zu sein (1,8 Sterne). Nun gut, eine Bewertung für Behörden lässt man vielleicht eher in einem Moment des Ärgers ab. Und es gibt auch schöne Rückmeldungen. Zum Beispiel diese:

„Alles schnell, digital, und freundliche Mitarbeiter. Vielen Dank liebes KVR für die tolle Entwicklung.“
Digital ist besser: Wartenummer ziehen adé?
Hier klingt schon eine wesentliche Veränderung im KVR an: Fast 200 Services sind inzwischen digitalisiert! An- oder Ummeldungen oder Kfz-Zulassungen können zum Beispiel inzwischen komplett online erfolgen, erfahren wir von Sammüller-Gradl im MUCBOOK-Podcast Munich Next Level. Der wichtige Aufkleber für den Ausweis kommt dann auch tatsächlich per Post. Langes Warten auf den Fluren im KVR gehört somit der Vergangenheit an. Möglich macht das eine Gesetzesänderung auf Bundesebene, erklärt Sammüller-Gradl. Das verweist auch darauf, dass sich Behörden oft zwischen ganz engen Grenzen im Recht bewegen und nicht frei sind, alles selbst zu gestalten. In diesem Fall ermöglicht die Rechtsnovelle den praktischen Bürger*innenservice. In einem nächsten Schritt können bald wahrscheinlich auch neue Pässe und Ausweise direkt nach Hause geschickt werden.
„Wie ein Fisch im Wasser“ – von der Politik in die Verwaltung
Als Lokalpolitikerin weht einem viel kalter Wind entgegen. Diese Erfahrung musste auch Sammüller-Gradl machen. Seit 2000 ist sie Mitglied der Grünen, 2008 und 2014 war sie Mitglied des Bezirksausschusses München-Sendling, von 2010 bis 2011 Vorsitzende des Münchner Parteivorstands.
„Als ich ausschließlich Politikerin war, habe ich gemerkt: Ich schaffe es nicht, meine Wünsche und Werte so umzusetzen, dass es mich glücklich macht. Das hat mir viel Energie geraubt.“ Die Verwaltung liege ihr besser, glaubt sie. „Vielleicht steckt da doch eine kleine Spießerin in mir“, sagt sie. „Im KVR fühl ich mich wie ein Fisch im Wasser. Ich weiß, wer was macht und wie ich was einsteuern muss.“ In der Politik dagegen seien Zuständigkeiten manchmal unklar und wolkig.
Eins will sie aber betonen: Feste Zuständigkeiten bedeuten keinesfalls Stillstand. Vielmehr ermöglichen sie, an Prozessen zu arbeiten. Ein ganz entscheidendes Tool sind für sie daher Feedbacks – sei es von den Mitarbeiter*innen oder von den Bürger*innen. Als ihre Mitarbeiter*innen merkten, dass ihr Feedback wirklich umgesetzt wird, hätte das nur noch mehr gute Vorschläge hervorgebracht, sagt sie.
Freundschaft und WG mit Katha Schulze
Auch Diskriminierung ist ein Thema, das sie leider selbst erlebt. „Ich finde es unfair, dass man als Frau so krass andere Kommentare bekommt. Wenn zum Beispiel Dr. Laura Dornheim (IT-Referentin – Anm. d. Red.) und ich gemeinsam ein Statement zum Thema Digitalisierung machen, dann bekommen wir viele „Frauen und Technik“-Sprüche.“
Die vielen negativen Kommentare bei oft ausbleibendem Lob sind es, die auch das Politiker*innen-Dasein – gerade auf lokaler Ebene – oft undankbar machen. Viele Rücktritte belegen das. „Es ist unglaublich fordernd und man bekommt nur ganz wenig positive Rückmeldungen. Das ist die Killer-Kombi“, sagt Sammüller-Gradl dazu.
Ist ihre frühere Mitbewohnerin und Landtagsabgeordnete Katharina Schulze da ein Vorbild in Sachen Resilienz und Kampfgeist? Die beiden teilten sich zu Studentenzeiten eine Wohngemeinschaft. „Katha ist für ganz viele Sachen ein Role Model. Aber man sollte sich nicht vormachen, dass man werden kann wie Katha, denn sie ist eine Naturgewalt“, sagt Sammüller-Gradl dazu. Besser sei es, auf die eigenen Stärken zu setzen.
„Ich dachte anfangs ich muss mir nur ein dickeres Fell zulegen und dann wird das alles besser. Aber das kann ich nicht – dazu bin ich nicht der Typ. Ich habe kein Pokerface.“ Sie ist jedenfalls versöhnt damit, dass sie in der Politik kürzer getreten ist und jetzt in der Verwaltung wirkt.
Nachts sicher nach Hause mit dem Taxi: Das Frauen-Nacht-Taxi
Vielleicht ist es auch nicht die schlechteste Idee, bei einer Behörde, die sich auch ums Thema Sicherheit kümmert, mal auf eine Frau zu setzen (sie ist tatsächlich historisch die erste weibliche Person in der Amtsfolge).
„Es freut mich, dass der Stadtrat auch in finanziell schwierigen Zeiten vom sogenannten „Frauen-Nacht-Taxi“ zu überzeugen war“, sagt sie. Seit 2024 bezuschusst die Stadt München Taxifahrten von Frauen zwischen 22 und 6 Uhr mit zehn Euro pro Fahrt (nur an Wohnadressen). Vorher waren es fünf Euro. Sicher heimkommen wird so also ein Stück günstiger.
In allen Münchner Stadtbibliotheken (außer in der Juristischen Bibliothek im Rathaus) liegen die Gutscheine für Frauen bereit. Diese werden bei Taxifahrer*innen beim Bezahlen einer Fahrt als städtischer Zuschuss für den sicheren Weg nach Hause eingesetzt, der Fahrpreis verringert sich um 10 Euro. Auch auf der Wiesn gibt es die Gutscheine. Bis zu drei Stück kann man sich auf einen Schlag als Frau mitnehmen.
Aktenzeichen KVR: Hier die ganze Folge hören!
Bereit für mehr Flurfunk und Amtsgeschichten? Für unsere neue Podcast-Episode brauchst du natürlich weder Wartenummer noch Pokerface, sondern kommst hier direkt mit einem Klick an die Reihe. Viel Vergnügen:
Weitere Links:
Die Folge anhören auf Spotify.
Die Folge anhören auf Deezer.
Die Folge auf Apple Podcasts.
Auf Podigee könnt ihr die Folgen auch direkt streamen oder herunterladen.
Mehr Munich Next Level:
Wie Münchens Zukunft auf vier Rädern (oder weniger) aussehen könnte – mit Oliver May-Beckmannn (MCube)
Hoch hinaus am Bahnwärter Thiel bis 2040 – mit Daniel Hahn (Bahnwärter Thiel)
Was kann Münchens Digitaler Zwilling? – mit Markus Mohl
- „Improvisation ist wie ein musikalisches Kennenlernen“ – Studiobesuch bei Drummer und Produzent Simon Popp - 30. Oktober 2025
- Kunst, Kritik, Kopfnicken: Journal Rappé rappen live zur Ausstellung „Sell La Vie“ (Eintritt frei!) - 9. Mai 2025
- Grüße aus den wilden 70ern: Iggy Pop und Patti Smith kehren 2025 zurück aufs Tollwood – es gibt noch Karten! - 27. März 2025