Kinogucken

Nur die Künstler verderben die Kunst

Thomas Empl

Die Gruppe geistig behinderter Menschen, um die es in der schwedischen Tragikomödie Die Kunst sich die Schuhe zu binden geht, gibt es wirklich. Sie wird von einer Schauspieltruppe dargestellt, die es in Schweden zu großer Bekanntheit gebracht und deren Stück ELVIS es sogar an den New Yorker Broadway geschafft hat. Das kann man nur bewundern. Dem Spielfilm gegenüber, der lose auf ihrer Entstehungsgeschichte basiert, ähnliche Begeisterung aufzubringen, fällt allerdings deutlich schwerer.

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In dessen Mittelpunkt steht der “liebenswerte Loser” Alex. Alex ist ein hoffnungsloser Fall, findet keinen Beruf, kommt zu allem zu spät und wird schließlich auch noch von seiner Freundin aus der gemeinsamen Wohnung geworfen. Sein neuestes Jobangebot führt ihn in ein Heim für geistig Behinderte, denen er als eine Art Aufseher zur Seite stehen soll. Irritiert davon, dass die nur den immer gleichen, stumpfsinnigen Tätigkeiten (Holzhacken, Schuhebinden) nachgehen sollen, bringt er den sympathischen Haufen zum Singen und meldet sie bei einer Art “Schweden sucht den Superstar” an.

Wirklich jeder, der diese Zusammenfassung gerade gelesen oder die ersten 20 Minuten von Die Kunst sich die Schuhe zu binden gesehen hat, weiß jetzt mit Sicherheit, was in den nächsten 80 passieren wird. Der Loser hilft den Behinderten, die ihm dafür wiederum helfen, “ein besserer Mensch zu werden”. Währenddessen wirft er auch noch mit Kalendersprüchen wie “Jeder hat eine Begabung” und “Ein Versprechen ist ein Versprechen” um sich. Es geht kaum vorhersehbarer.

Die Kunst sich die Schuhe zu binden ist einer dieser manipulativen Filme, die denken, sie wären höchst emotional, bewegend oder amüsant. Nahaufnahmen auf traurige, verheulte Gesichter, unterlegt mit traurigem Gesang (der den Figuren auch noch eindeutig aus dem Studio in die Münder gelegt wurde)… Man will den Zuschauer mit dem Holzhammer dazu bringen, gefälligst im richtigen Moment das gerade Richtige zu fühlen. Klappt nicht. Die wenigen echten Augenblicke sind die, in denen jemand aus der Schauspielgruppe etwas Unvorhergesehenes, wohl nicht Geplantes tut. Denn die wahre Geschichte dieser Gemeinschaft von Benachteiligten ist mit Sicherheit interessanter als diese naive, langweilig inszenierte Spielfilmfassung.

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(Wer sich in der Kunst, “Die Kunst sich die Schuhe zu binden” anzuschauen, versuchen will, kann das ab dem 20.09.2012 tun)

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