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Olympia 2018: Wir sind eine große, glückliche Familie

Sarah-Janine Fischer
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Olympia 2018 - Streitobjekt GAP

Zumindest suggeriert uns das das die Bewerbungsgesellschaft, welche sich händeringend um die Zusage des IOCs bemüht. Wirklich? Nein.

Es ist vergleichsweise ruhig geworden um den Zankapfel Garmisch-Partenkirchen. Während man in München kaum etwas vom olympischen Flair verspürt, das die Bewerbungsgesellschaft auszustrahlen versucht, gingen die Grundstückbesitzer in Garmisch bereits auf die Barrikaden und ließen ganz Deutschland wissen: So nicht!

Und heute? Wir lesen in der Zeitung, dass unser Mitstreiter Pyeongchang aufgrund seiner umstrittenen Sponsorenverträgen vom IOC verwarnt wurde. – Jacques Rogge is not amused! Monaco di Baviera hingegen punktet mit sächsischem Witt’schen Charme. Vom Unmut der Garmischer ist nichts mehr zu hören. Wir sind uns alle einig, es ist alles geklärt, wir sind eine große glückliche Familie!

Doch wir wissen es alle: Gerade hinter dem Idyll der perfekten Vorzeigefamilien hängt der Haussegen schief. Im Grunde genommen ist sich Garmisch-Partenkirchen noch immer nicht einig, ob die freundlichen Spiele wirklich zu ihnen nach Hause kommen sollen. Dabei liegt es nicht nur an den kritischen Bauern, die ihre Flächen aus nachvollziehbaren Gründen nicht zur Verfügung stellen möchten. Von Organisatorischer Seite wurde einiges versäumt. Zu viele Entscheidungen über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden. („Wenn wir nicht in die Breite bauen können, bauen wir eben in die Höhe!“ – 10 Stockwerke hoch…)

Was aber noch um einiges schwerwiegender ist, ist wie offensichtlich der Markt die Menschen um den Finger zu wickeln versucht. So schreibt die Bewerbungsgesellschaft in einem offiziellen PDF des Garmisch-Partenkirchner Internetauftritts:


Welche neuen Sportstätten muss Garmisch-Partenkirchen errichten, sollten die Olympischen Winterspiele und Paralympics zu uns kommen?

Unser Ort punktet mit einem für die die Alpinen Skiweltmeisterschaften 2011 top ausgebauten Skigebiet und einer neuen K125-Schanze – es ist daher verständlich, dass hier keine weiteren Investitionen notwendig sind. Der Markt muss nur eine neue K90-Schanze (als Ersatz für die bestehende mittlere K80) errichten, was den Löwenanteil der Kosten ausmacht (…)

Halten wir das fest. Der Markt muss „nur“ eine kleinere Schanze bauen. Richtig, der Markt ist ja mit der neuen großen K125 Schanze noch überhaupt nicht überfordert gewesen. Um ein Haar wäre sie nämlich nicht zur Vier-Schanzen-Tournee fertig gewesen. Mit dem neuen Aushängeschild haben sie sich bereits mit einem 15 Millionen verschuldet (geplant waren anfangs 9,9 Millionen). Kein gerade geringer Betrag. Besonders nicht, wenn man im Hinterkopf behält , dass der Ort mit über 60 Millionen Euro verschuldet ist. Eine kleine Schanze wird wohl nur ein Minimum weniger kosten.

Abgesehen davon, dass ein großer Ort es scheinbar noch nicht einmal auf die Reihe bekommt, einen vernünftigen Vertrag so mit dem Architekten der Schanze abzuschließen, dass er auch sein Geld bekommt.
Aber halten wir uns nicht mit der Sprungschanze auf. Auch die Infrastruktur will berücksichtigt werden. Bei einer stündlichen Bahnverbindung nach München und einem dürftigen Busnetz sollte man für ein solches Großereignis planen!
Die Infrastruktur wird durch diverse Straßenerweiterungen und Tunnel erweitert. Auch die Anbindung an München durch die Bahn wird verbessert. Garmisch-Partenkirchen zahlt hier aber keinen Cent drauf, denn all dies wäre auch ohne Olympia geplant. Und alle Kosten, die für die Entrichtung der olympischen Spiele anfallen, trägt das noch zu gründende Organisationskomitee. – Sicherlich. Warten wir es ab. Bis es darauf ankommt, werden die Kosten vermutlich zu einem minimalen Teil vom noch nicht einmal bestehenden Organisationskomitee getragen werden.
Auch wenn man in den Medien nicht mehr so viel von den Protesten des Orts hört, Missmut ist nach wie vor genügend vorhanden. Da hilft auch die Beschwichtigung von “oben” (Horst Seehofer) nichts mehr. Ob die ortsansässigen Sportler (Christian Neureuther, Maria Riesch) zur Klärung beitragen können ist ebenfalls fraglich. Den Vergleich zu Oberammergau, welches ja gar nicht so weit entfernt liegt, kann man kaum wagen. Die Passion 2010 war ein Ereignis, welches den Ort weit über seine Landesgrenzen bekannt gemacht hat. Nicht umsonst ist O’gau der demokratischste Ort Deutschlands. Wenn dort ein derartiges Großereignis stattfindet, arbeitet der ganze Ort zusammen. Und es wird abgestimmt.

Für Garmisch wäre die Olympiade eine wirklich große Chance, sich als (Winter-)Sportort noch weiter in der Touristik zu etablieren. Der Ort würde modernisiert. Bürger, Touristen und besonders junge Menschen, die oftmals ihren Heimatort verlassen müssen, weil sie dort keine beruflichen Perspektiven haben, profitierten davon. Und auch die 80 Prozent der Einwohner, die vom Tourismus leben, hätten ein paar Sorgen weniger. Aber unter den aktuellen Umständen möchten viele Bürger einfach nicht all diese Kosten und Veränderungen in Kauf nehmen. Leider hat es der Ort (einmal wieder) versäumt, zusammen mit den Menschen eine solche Chance wahrzunehmen.

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