Fans experimenteller und moderner elektronischer Musik sollten sich das Ritournelle Festival dick im Kalender anstreichen. Auch dieses Jahr bringen die Macher*innen viele spannende Acts aus aller Welt nach München. Erstmals an zwei Standorten parallel. Mehr verriet uns Festival-Macher und Kurator Tobias Staab im Interview!

Neue und alte Träume – im Gespräch mit Tobias Staab

Hi Tobias, neben dem Blitz seid ihr diesmal auch im Zirka Space. Wie kam es zur Kollaboration und was erwartet ihr euch davon?

Der Wunsch war immer, Ritournelle an unterschiedlichen Orten der Stadt zu etablieren, um es auf diese Weise zu einem wirklichen Festival der Stadt München werden zu lassen. Das Zirka ist ein wunderbarer Ort, an dem gute Leute zusammenkommen und an dem echte ästhetische Experimente stattfinden. Im Rahmen von Ritournelle findet dort ein Doppel-Konzert-Abend statt, der sich in einem erweiterten Koordinatenfeld aus Jazz, Dub und experimenteller elektronischer Musik bewegt. Besonders stolz bin ich, dass wir das Moritz von Oswald Trio gewinnen konnten – das ist seit Jahren ein Traum, nicht nur von mir, sondern auch von den Blitz-Betreibern Branimir Peco und David Muallem.

Die Konstellation von Moritz von Oswald, Kevin Sholar und Christian Lillinger markiert zudem eine Weltpremiere, auf die wir alle gespannt sind. Dazu kommt Desire Marea, ein großartiger Künstler aus der queeren Szene in Johannesburg, Südafrika, mit dem ich schon einige Male zusammengearbeitet habe – meistens im Kontext seines Projekts FAKA (zusammen mit Fela Gucci). Mit dem letzten Solo-Album hat sich Desire Marea gewissermaßen neu erfunden und eine Band zusammengestellt, die Einflüsse von panafrikanischem Avantgarde-Jazz, Soul und noisiger Elektronik vereint.

„Wenn alle alles sofort gut finden, habe ich etwas falsch gemacht.“

Wie wurde die Ritournelle-Premiere im Blitz letztes Jahr angenommen vom Publikum?

Wir waren ehrlich gesagt alle überrascht, wie begeistert Ritournelle im Blitz aufgenommen wurde. Da war eine große Offenheit zu spüren. Also, ein paar Irritationen auf Seiten des Publikums gibt es natürlich immer und die sind durchaus auch einkalkuliert. Das Programm soll ja edgy sein. Wenn alle alles sofort gut finden, habe ich etwas falsch gemacht. Manche neuen Erfahrungen, die im ersten Moment eine Abwehrreaktion produzieren, regen ja oft zum Nachdenken an und erschließen sich dann doch – zumindest in einer idealen Welt – im Nachhinein. 

„Die Verbindung experimenteller Musikstile und unterschiedlicher Kunstformen sind immer zentrale Themen.“

Welchen Ansatz oder Fokus verfolgt die aktuelle Ausgabe von Ritournelle?

Wir kollaborieren erstmals mit Blitz Transgressive: Da geht es im wahrsten Sinne des Wortes um “grenzüberschreitende” Formate, die über Disziplingrenzen hinausdenken. Um das Ganze trotzdem übersichtlich zu gestalten, haben wir dieses Mal versucht, die Abende ein wenig thematisch zu gliedern. Der Freitag vereint mit Moonchild Sanelly, Lady Lykes und Schlachthofbronx einen globalen Bass-Sound, mit Elementen von HipHop, Grime, Dubstep und Drum&Bass.

Der Samstag-Abend beginnt im Zirka mit zwei futuristischen Jazz-Konzerten. der erste Teil der Blitz-Nacht konzentriert sich auf A/V-Shows, also audiovisuelle Konzerte, bei denen die Musiker*innen mit Visual Artists zusammengearbeitet haben. Dafür bauen wir den Clubraum um, schaffen eine Bühnensituation und errichten den größtmöglichen Screen, der im Blitz je stand. In diesem Rahmen finden auch die Deutschland-Premieren von Pyur’s und Stenny’s A/V Live Shows statt, für die es sich lohnt, früh im Blitz zu sein. Nicht zuletzt eröffnen wir im Blitz die Klang-Installation des Polyphonic Museum von Anton Kaun, Karin Zwack & aus, in dessen Kontext die Münchner Noise-Legende RUMPELN ein ganz besonderes Konzert zum Besten gibt. Diese Verbindung verschiedener experimenteller Musikstile und unterschiedlicher Kunstformen sind immer zentrale Themen bei Ritournelle.

Auf welche Acts freust du dich besonders?

Als erstes fällt mir Moonchild Sanelly aus Südafrika ein, die ich im Kontext des “Olympian Drums” Festivals letztes Jahr kennenlernen konnte. Sie hat bereits Kollaborationen mit Beyonce und den Gorillaz gemacht, und verbreitet eine positive Energie, wie ich es selten erlebt habe. Obwohl sie so ein Popstar ist, hatte sie Lust, in dem vergleichsweise kleinen Kontext von Ritournelle aufzutreten.

Als zweites muss ich natürlich an das Moritz von Oswald Trio denken, das für ein Stück Techno-Geschichte steht und zugleich Jazz, Dub und intelligente Elektronik vereint. Es gibt nicht viele Chancen, das zu erleben. Und schließlich denke ich noch an das Violent Magic Orchestra aus Japan. Das war definitiv das eindrücklichste Konzert, das ich seit langem gesehen habe. Ein wilder Mix aus Techno, Punk und Anime-Ästhetiken, die mich in ihrer Performance an die Hellraiser-Filme aus den 80ern erinnerten.

„Ein elementarer Aspekt ist, dass die Nacht in einen Rave kippt.“

Wie holt ihr die tanzfreudigen Besucher*innen ab?

Ein elementarer Aspekt des Konzepts ist, dass die Nacht an einem bestimmten Punkt immer in einen Rave kippt. Am Samstag wird dieser Punkt spätestens mit dem DJ-Set von Objekt eintreten, der seit Jahren nicht mehr in München aufgetreten ist und dessen letztes Album auf dem sagenhaften PAN-Label rauskam. Das Ende – wie spät das dann auch immer sein mag – spielt dann Batu, ein großartiger DJ aus Bristol, der einen ganz eigenen Style zwischen abstraktem Techno und UK-Bass etabliert hat.

Gewinnspiel: Wir verlosen 2×2 Karten für das Festival!

Wenn du jetzt neugierig geworden bist, haben wir gute Nachrichten! Wir verlosen zusammen mit Blitz Transgressive und Ritournelle 2×2 Karten für das ganze Festival. Einfach einen Kommentar unter dem Beitrag hinterlassen und mit etwas Glück bist du dabei. Ausgelost wird am Donnerstag, 20. Oktober.

In Aller Kürze:

Was? Blitz Transgressive presents: Ritournelle

Wann? 21./22.10.2023

Wo? Blitz Club und Zirka

Beitragsbild: ©Moonchild Sanelly/PR