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Warum Milbertshofen Münchens neues In-Viertel ist

Iris Schultze-Naumburg
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Vorbei ist die Zeit, in der man „nördlich von Schwabing“ wohnte. Jetzt wohnt man in Milbertshofen. Auf den ersten Blick kann es der Stadtteil vielleicht nicht mit Nymphenburg-Neuhausen, oder der Au aufnehmen, die Frage ist jedoch, ob er das überhaupt muss? In Zeiten der Gentrifizierung, in der so manches Münchner Viertel für den Durchschnittsverdiener unbezahl- und damit unbewohnbar wird, bietet Milbertshofen genau die richtige Mischung aus Ursprünglichkeit und Heterogenität.

Bodenständig war das Viertel schon immer

Im 19. Jahrhundert wuchs Milbertshofen im Zuge der Industrialisierung so rasant, dass es 1910 den Status Stadt verliehen bekam, bevor es 1913 nach München eingemeindet wurde. Wie stark Wohnen, Gewerbe und Industrie sich dabei vermischte, zeigt das Stadtteilbild bis heute. Alte Bauernhäuser fielen dem Frankfurter Ring zum Opfer. Jetzt verkaufen dort namhafte Firmen ihre Zwei- und Vierräder, Hotels für Businessleute, Supermärkte und Tankstellen prägen das Straßenbild. Zwischen dem Frankfurter Ring und Mittlerem Ring entstand bis in die 1970er Jahre Straßenzug um Straßenzug mehrstöckige Arbeiterhäusern.

Zusammen mit dem Stadtteil Am Hart, nördlich von Milbertshofen, arbeiten hier im Münchner Vergleich die meisten Menschen im produzierenden Gewerbe. Es wundert einen nicht, dass das Viertel auch leise BMW-Town genannt wird. Sei es aufgrund der hohen Dichte an Erlkönigen, der vielen Angestellten, die tagtäglich ins Werk und in die Büros strömen oder wegen des Vierzylinders und der BMW-Welt, die neben dem Olympiaturm zwei unverkennbare Landmarken des Stadtteils geworden sind.

Romantische Hinterhof-Restaurants, Secondhand-Shops und Urban Gardening – Milbertshofen macht sich:

Die Stadt hat vieles dazu getan, das Viertel aufzuwerten. Mit dem Bau des Petueltunnels wurde der südliche Teil verkehrsberuhigt. Nun kann man in Ruhe durch den Petuelpark schlendern, im Generationengarten in der Erde buddeln, Kunst begutachten und ein Helles mit Blick auf den Olympiaturm genießen. Es gibt romantische Hinterhof-Restaurants, Secondhand-Shops und das ganze Jahr lang bietet der Olympiapark ein vielfältiges Angebot an Sport, Musik und kulturellen Events, wie das Tollwood oder das Sommerfestival impark. Fans von Bauernmärkten können sich jeden Freitag am Curt-Metzger-Platz mit frischen regionalen Produkten eindecken und im Kulturhaus Sport- und Freizeitangebote wahrnehmen.

 

Der Generationengarten im Petuelpark bietet Milbertshofenern Platz zum Gärtnern

Der Generationengarten im Petuelpark bietet Milbertshofenern Platz zum Gärtnern

Kulturelle und kulinarische Vielfalt + bezahlbaren Wohnraum = Milbertshofen

Neben dem vielfältigen Freizeit- und Kulturangeboten, zeigen sich auch die Milbertshofener selbst als multikulturell: Zusammen mit Am Hart verzeichnet Milbertshofen in München den höchsten Ausländeranteil. Im Jahr 2000 kamen rund 33 Prozent der Milbertshofener aus dem Ausland, 2016 waren es bereits über 41 Prozent. Die nichtdeutschen Mitbürger prägen das Leben im Stadtteil, nicht zuletzt durch die große Auswahl an internationalen Lebensmittelgeschäften und Restaurants.

Von Halal-Fleisch über getrocknete Shrimps und Balkanspezialitäten bis hin zum Party-Griechen – alles ist im Umkreis weniger Kilometer zu finden. Und wer mal Lust auf Würstl und Bayrisch hat, geht zum Kultbrettl oder in den Biergarten. Auch das Feldcafé 5vor12, ein Café basierend auf soziales Engagement, hat hier seine ersten festen Räume bezogen.

Doch nicht nur aus dem Ausland, auch aus dem Inland und dem Münchner Stadtgebiet zieht es Menschen nach Milbertshofen. Allein in den letzten 10 Jahren stieg die Einwohnerzahl von knapp 68 000 auf rund 76 000 Bewohner an. Neubaugebiete locken und der kontinuierliche Ausbau von alten Speichern zu schicken neuen Dachgeschosswohnungen schafft neuen Wohnraum – vor allem für die Mittelschicht. Wie vor einigen Jahren in Giesing sind die Besserverdiener in Milbertshofen angekommen.

Doch die Grenzen zu Schwabing verwischen…

Die Lebensqualität steigt und mit ihr die Mieten. Noch gibt es die verwilderten Hinterhofgärten, in denen Imker ihre Bienenvölker fliegen lassen. Noch können sich junge Familien das Leben im Schatten des Vierzylinders leisten. Die Frage ist, wie lange Milbertshofen sich seine Ursprünglichkeit bewahren kann, wie lange die Vielfalt dem Münchner Preisboom standhält.

Kommt und genießt es, solange ihr könnt!

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