wohnen trotz muenchen
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Wohnen trotz München? Das müsst ihr mir erst beweisen!

Janna Lihl

Seit über drei Jahren wohne ich nun (wieder) in dieser schönen Stadt, in der die Gemütlichkeit angeblich so hoch angesehen wird und alle gerne gemeinsam im Biergarten oder an der Isar sitzen. Auch wenn ich es hier oft sehr liebe, gibt es doch eines was mich gerade überlegen lässt, einfach die Stadt zu verlassen: dieser absurde Wohnungsmarkt.

Lasset die Suche beginnen

Alles fing an, als ich nach meinem Studium, und einer halben Weltreise, und einem kleinen Abstecher nach Leipzig, dann doch wieder in München gelandet bin. Wieder bei den Eltern einziehen kam nicht mehr in Frage, also erstmal WG suchen. Ich habe dann auch gleich innerhalb von drei Tagen ein Zimmer zur Zwischenmiete für den Anfang gefunden. Aber nach den drei Monaten – in meiner wirklich netten WG – ging das Suchen wieder los. Und damit auch der Frust, denn ich zahle keine 800€ für 10 Quadratmeter in Pasing. Sorry Leute. Ja, ich weiß wie teuer es in München ist und auch wo ich nicht wohnen will, ich kenn mich hier aus. Und ich suche auch kein Zimmer mit “hochwertigen, sehr bequemen Boxspringbett und einem boConcept Multifunktions- bzw. Schlafsofa” in München (ähm Schäftlarn).

Funktional Wohnen? – Ein Traum

Aber irgendwas findet sich immer. Das war zu meinem Glück dann eine super tolle funktionale WG, mitten in München, mit zwei Balkonen, Altbau und bezahlbar. Der Traum wurde wahr, denn wer findet denn bitte so einfach ein alternatives Wohnkonzept in dieser Stadt, wo alle nur irgendwie Miete sparen wollen und deshalb Wohnraum teilen? Der Sommer war auch wirklich ein Traum und ich wähnte mich meines neuen Zuhauses sicher.

Tja und dann wurde ich einfach von einem Tag auf den anderen vor die Tür gesetzt. Die WG, bzw. ein Mitbewohner, hat beschlossen, nicht mehr funktional sein zu wollen. Also kein Teilen mehr von Wohnzimmer, Schlafzimmer und Arbeitszimmer, sondern einfach alle drei ein eigenes Zimmer. Und ich war dann eben Nummer vier. Laut ihnen eben irgendwie dumm gelaufen, aber “wir mögen uns ja noch immer”. Laut mir irgendwie scheiße, aber ok ich mag sie echt noch immer.

Also bin ich von einem Tag auf den anderen aufs Sofa einer Freundin und von da dann wiederum (man findet eben immer was über Freunde von Freunden) in die nächste WG gezogen. Die war dann auch tatsächlich in meinem absoluten Lieblingsviertel: Giesing! Nette WG, netter Mitbewohner, netter Sonnenbalkon und dann … Eigenbedarfskündigung und wieder raus. Und so ging es weiter. Nach drei Jahren in dieser Stadt suche ich nun schon wieder nach einer WG oder einer Wohnung. Ich habe immer mehr den Verdacht, dass es sich in München eben nicht wohnen lässt, sondern nur ausharren. Und das, obwohl ich das Glück habe, aus der Gegend zu kommen und Freund*innen habe, die immer irgendwen kennen, die/der im letzten Moment wen kennt…

… is halt teuer hier

München hat horrende Mietpreise. Und wäre das nicht schlimm genug, nutzt so manch ein*e Wohnungsgebende*r das noch aus und schlägt nochmal ein paar Euro drauf, um es den Zugezogenen dann mit dem hohen Mietspiegel zu erklären. “Da kann man nix machen, ist halt teuer hier.”

Alternativer geht es garnicht

Der hohe Quadratmeterpreis und das, was manch ein*e Vermieter*in daraus macht, führt aber auch dazu, dass es in München an alternativen Lebenskonzepten eher mangelt. Und “alternativ” kann in München schon sehr viel heißen. Wer ab 30 nicht mit Partner*in oder alleine im “modern gestalteten 1200 € (Einzimmer-)Appartment” wohnt, wird hier gerne mal als alternativ gesehen. Oder man wohnt eben noch in einer WG, aber eben um Geld für später zu sparen, weil jetzt eben noch der Schwerpunkt auf “so günstig wie es geht wohnen” liegt. Ich bin also nach dieser Definition extrem alternativ und mein halber Freundeskreis dann wohl auch. Ich will doch nur in einer netten Gemeinschaft in München zu einem bezahlbaren Preis wohnen, alternativer geht wohl nicht mehr…

Die WG “Schnäpchen” und die weitere Suche

„Das gemütliche Zimmer liegt unter dem Galerie-Zimmer und hat leider keine Fenster, also kommt nur durch die Milchglasfront Licht in den Raum.“ Ähm das ist kein Zimmer, dass ist der Eingangsbereich und auch wenn das Harry-Potter Feeling bestimmt für manche toll ist, will ich nicht unter der Treppe für 400€ wohnen. Und auch das Zimmer in der Premium-WG 9 qm für 845 € hab ich dann wohl ausgeschlagen.

Langsam habe ich das Gefühl, dass diese Stadt oder zumindest der Teil der Hauptmieter*innen und Vermieter*innen, die ich kennen lerne, aus 90 % Egozentrikern besteht. Einen Satz wie: “Sorry ich weiß gerade ist eher schwer, weil Corona und so… aber du … zieh so schnell wie möglich aus”, hab ich da ja schon fast erwartet. Auch mein jetziger Mitbewohner will lieber mit wem anderen zusammen wohnen.

Gesucht wird eine Person, die unterhält, weil nur wohnen ja nicht ausreicht. Du musst seit neustem auch Alleinunterhalterin sein. Und wenn nicht immer alles zu 100% Sonnenschein ist, wirft man den Menschen, mit dem man zusammen wohnt, eben raus. Oder schaltet am besten gleich eine Anzeige folgender Art: “Es wäre toll, wenn du am Wochenende nach Hause fährst oder sogar nur zwischenzeitlich das Zimmer nutzt und wie oft willst du nochmal da sein?” Also zahl doch bitte einfach 500€ und sei einfach nie da.

Dann such ich wohl mal wieder eine Bleibe. Es wird ja auch gerade Sommer, also warum nicht einfach gleich Zelten. Ist ja auch total naturverbunden und so. Nur mit dem Homeoffice wird es dann schwer, mein Job verlangt eben eine funktionierende Internetverbindung, auf die ich auch Zugriff habe (auch nicht selbstverständlich wie ich gelernt habe in meiner WG) und Strom für den Laptop.

Aber irgendwie geht es eben doch

Anscheinend sind meine Ansprüche: nette Leute, die gerne zusammen wohnen und den gemeinsamen Wohnraum dann auch teilen und das alles auch noch unter 600€ einfach zu hoch für diese Stadt.

Da ich es aber noch immer nicht ganz aufgegeben habe und noch immer glaube, dass das besagte Herz dieser Stadt nicht nur ein Marketing-Gag ist, begebe ich mich weiter auf die Suche. Und werde dann auch wieder fündig.

Es gibt sie eben doch noch, die Wohngemeinschaften zum Wohlfühlen, zum Nach-Hause-Kommen, zum Zusammen-Leben oder auch einfach mal nur gemeinsam nebeneinander sitzen. Danke ihr Lieben und auf das ihr nicht aufgebt, trotz absurdem Wohnungsmarkt diese Stadt ein bisschen schöner und abwechslungsreicher zu machen.


Titelbild: Erda Estremera

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