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Zwischen den Welten: Parra for Cuva im STROM
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Kommentare unter Videos mit Elektro zeugen immer von der rohen Kraft, die eine so minimalistische Musikrichtung ausströmen kann. Unter jedem anderen Musikvideo findet man Pöbler und Trolls, Nerds und Hater, bissige Schlagabtäusche und sinnlose Meinungsmache. Nicht hier; da sind nicht groß reflektierende oder analysierende Meinungen und fast nie Kritik: Die Kommentarspalten unter Elektro sind ein Ort absoluter Friedfertigkeit. Eine Oase der Chillness.
„Zwischen den Welten“ bedeutet der erste Teil des Künstlernamen Parra for Cuva, den DJ und Produzent Nicolas Demuth in einer schlaflosen Nacht zwischen fremdsprachig-exotischen Wörterbüchern wälzte – so hat es ihm zumindest später ein besoffener Spanier erklärt. Vielleicht, weil einen diese reduzierte Musik, die mit Beats wie Herzschlägen und fließenden Rhythmen organisch durch den Körper hämmert, auf einem dumpfen, ganz instinktiven Level anspricht. Weil man beim Hören ungeahnte Dinge auslotet und durch Orte reist, deren Pfade man sonst nur nach drei Joints entlang wandelt. Weil einen Elektro in fremde Welten und ihre Zwischenräume entrückt, wo man eine Art Halbexistenz ganz bei sich erkundet.
Bevor er zwischen die Welten sprang, wurde Nicolas Demuth in einer kaffigen Kleinstadt bei Göttingen geboren, ging auf die Waldorfschule und lernte Klavier. Erst klassisch, dann Jazz; bald komponierte er erste Lieder. Besonders mochte er „atmosphärische Stücke wie den Debussy-Kram“. Mit seiner Nachbarin Anna Klose, die etwas mondäner als Anna Naklab bekannt ist, veröffentlichte er unter dem Namen Nian erste Tracks. Später stürmten die beiden mit „Wicked Games“, einem Cover von Chris Isaaks ikonischem Hit, die Charts – mainstreamverträglicher Elektropop, der unsere Synapsen streichelt wie Spätsommerlicht am Baggersee. Nach dem Abi zog Nicolas, das musste kommen, in die weite Musiklandschaft Berlins, wo er gerade Audiodesign studiert und auf dem Weg zur Uni Samples für seine Stücke aufnimmt. Am Wochenende jagt er sie dann Tanzwütigen in Clubs und Festivals durch die Beine.
Nach seinem Debutalbum Majouré und mehreren EPs und Veröffentlichungen, unter anderem bei dem französischen Label Delicieuse Musique Records, tourt der 25-jährige nun zusammen mit Senoy durch Deutschland, um sein neues Album Darwis vorzustellen, das im Mai auf dem Berliner Imprint Project Mooncircle erscheinen wird. „Der darwīš ist ein asketischer Mönch, der seine eigene Armut gegenüber Gottes Reichtum erkennt“, heißt es dazu im Veranstaltungstext, „ihm ist der materielle Besitz gleichgültig“. Zur Vorbereitung reisten die beiden Musiker in einem Bus quer durch Europa bis an die heiße Küste Spaniens; in der Betonwüste Berlin gossen sie das Ganze dann in 14 tanzbare Tracks.
In Pop und Rap geht es oft um Geld, für Elektro braucht man nur: Geduld. Diese Musik ist nirgendwo Zuhause und verlangt nicht viel, doch sie will Zeit. Wer ihr Raum lässt und zulässt, zu fallen; wer nachlässt und loslässt, der landet vielleicht irgendwann zwischen den Welten: In einem utopischen Paralleluniversum, in dem Beats weniger kakaphonische Counterparts sind als vielmehr mehr die Verlängerung des eigenen Pulses und in Kommentarspalten statt Hass noch Harmonie und Hypnose regiert.
Und wer sich lieber real statt virtuell fallen und in Trance versetzen lassen will, kommt am 02. Oktober ins STROM:
In aller Kürze:
Parra for Cuva, live
Sonntag, 02. Oktober 2016 | Einlass: 20.30 Uhr | Beginn: 21.30 Uhr
STROM München
Präsentiert von GROOVE-Magazin, ByteFM, HEY, egoFM & MUCBOOK
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