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„KackaRosie“ is nich

Tini Kigle
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CocoRosie spielten am Sonntagabend ein Konzert in der Muffathalle. Ent-rückte  Erinnerungen an eine verrückte Welt: „KackaRosie“? Das seh’ ich nich so.

Meine Freundin nennt sie „KackaRosie“, seit sie total enttäuscht von einem Konzert zurück kam. Ich habe Sierra und Bianca Casady das erste Mal vor ein paar Jahren in Paris erlebt. Ich glaube, dass sie damals ihr neues Lied Rainbowarriors vorstellten. Im Pariser Norden, im klassisch afrikanisch besetzten Kiez, liegt die winzige Galerie von CocoRosie. An die Wände waren Poster mit Regenbogen geklebt, rosa glitzernde Herzluftballons segelten irgendwie selbstvergessen durch den kleinen Raum und mit Schaschlikstäbchen konnte man in der Zuckerwattemaschine spielen und sich einen klebrigsüßen weißen Bausch von Nichts zaubern. Die Bowle, an der ich genippt habe, war bunt und hat sich gut mit dem Geschmack dieser Zuckerwatte vertragen. Das war alles ein bisschen fantastisch und die hübsche Selbstvergessenheit war lustig. Und schön.

Am Sonntagabend habe ich CocoRosie gleich wieder erkannt. VJing holte die fliegenden Kettenkarussells, die weißen Pferde, die wehenden Bäume und fliehenden Wolken, psychedelische Muster und Jugendstilornamentik in riesengroßen knallbonbonbunten oder schwarz-weißen Bildern als Projektion auf die Bühne.  Es waren viele Leute da und ich glaube, uns und CocoRosie hat der Abend ziemlich viel Spaß gemacht. Im weißen wallenden Gespensterkleid, in Korsett oder mit  indianischem Federkopfschmuck kostümiert, spielten die beiden Schwestern ihr Konzert und mein Gaumen erinnerte sich an die Zuckerwatte.

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Der satanische Style der Muffathalle stand CocoRosie fabelhaft, genauso wie der Bass, den man im Bauch spüren konnte. Am schönsten waren die Lieder, zu denen das Tanzen wegen ihres treibenden Beats noch mehr Spaß machte, R.I.P. Burn Face vom neuen Album Grey Oceans zum Beispiel.

Von solchen Geschöpfen wie CocoRosie würde ich mich vielleicht sogar gerne beißen lassen, wenn die eineinhalb Stunden nicht solche Lust auf Bowle mit Cocktailkirschen gemacht hätten, in die man als Squaw verkleidet seinen Strohhalm steckt, umrührt, Kirschen aufspießt und sich währenddessen ein wenig selbstvergessen in den Hüften wiegt. Es war wieder ein wenig verträumt, einen halben Millimeter neben der Realität. So wie wenn man sich an die Schulter getippt fühlt, sich umdreht und … dann steht da niemand.

Meine Freundin und „KackaRosie“. Vielleicht fand sie das kitischig? Katzenjaulig und hundewinslig? Hat sie darin schlecht inszenierte Naivität und nervige Pseudo-Kindlichkeit gesehen? Ich weiß nicht. Ich glaube, die Welt von CocoRosie, die ist nur ein Augenblinzeln, eine kleine Prise Schlaf entfernt.

Fotos: Judith Adelmann

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