Kammerspiele Lilienthal Matthias
Aktuell, Stadt

#ausgehetzt: Das ZPS ruft für Mittwochabend zur Demo vor der CSU-Zentrale auf

+++Update 18.7. 12.45+++

Das Zentrum für Politische Schönheit ruft  zur Demo gegen die CSU auf: Mittwochabend, 19 Uhr vor der CSU-Parteizentrale:

+++Update 15.30+++

Auch das Resi zeigt sich solidarisch mit den beiden Stadttheatern:

https://twitter.com/residenztheater/status/1019549417936949249

+++Update 19.7.+++ Solidaritätserklärung vom Jüdischen Museum München

 

Was ihre Rhetorik angeht, hat die CSU in den letzten Monaten (oder Jahren…) nicht wirklich mit gutem Geschmack gepunktet. Wir erinnern uns an Seehofers Freude anlässlich seines 69. Geburtstags und der 69 nach Afghanistan abgeschobenen Menschen (für mehr davon HIER entlang). Unter dem Motto #ausgehetzt wird diesen Sonntag, 22.7., gegen die Hetzrhetorik der von Seehofer, Söder und Co. demonstriert. Unter den Erstunterzeichnern befinden sich eine ganze Reihe großer Münchner Organisationen – unter anderem auch die Münchner Kammerspiele.

Ein Maulkorb für die Kammerspiele?

Darin sieht die örtliche CSU ein Problem, den Kammerspielen soll drum ein Maulkorb verpasst werden. Als städtische Einrichtung hätten sie keine parteipolitischen Aussagen zu treffen. In einem Antrag an Oberbürgermeister Dieter Reiter fordert Stadtrat Manuel Pretzl nun, dass die Kammerspiele in ihre Schranken gewiesen werden sollen. Die Beteiligung an der Demonstration solle deswegen untersagt werden. Weiter sollten Maßnahmen gegen die Verantwortlichen eingeleitet werden, da sie zur Neutralität verpflichtet seien. 

#ausgehetzt-Demo ein parteipolitisches Statement?

Indendant Matthias Lilienthal zeigt sich wenig einsichtig. Er hatte aufgrund seiner Intendanz an den Kammerspielen schon öfter mit der hiesigen CSU zu kämpfen. Anfang des Jahres verkündete er seine Kapitulation und wird seinen Vertrag nach Ablauf im Jahr 2020 nicht verlängern. Nun hat die CSU ihn erneut auf dem Kieker. Nach Aussagen Lilienthals habe beides allerdings nichts miteinander zu tun.

Lilienthal vergleicht in der SZ die aktuelle Politik der CSU mit der Viktor Orbáns, mit dem die CSU in regem Austausch steht. Der Stil des ungarischen Ministerpräsidenten zeichnet sich durch null Toleranz gegenüber Flüchtlingen und antisemitische Statements aus. Genau dagegen möchte sich Lilienthal (und sein Haus) stellen: er wünscht sich eine Kultur der politischen Debatte und möchte nicht eines Morgens in einer Orbánschen Republik aufwachen. Grund genug sieht er in der aktuellen Rhetorik der CSU, sich dagegen einzusetzen. Dass eine städtische Einrichtung zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet sei, streitet er auch nicht ab. Dennoch sieht er Theater immer als etwas Politisches. Er verstehe nicht, warum er und die Kammerspiele als einzige Teilnehmer der Demonstration Aufmerksamkeit seitens der CSU bekommen. 

SPD steht hinter Lilienthal

Auch die Münchner SPD steht hinter Lilienthal und den Kammerspielen. OB Reiters Reaktion auf den Antrag fiel denkbar trocken aus – er sieht die Meinungsfreiheit und Freiheit der Kultur als wertvolles und schützenswertes Gut. Auch die Münchner SPD-Chefin Claudia Tausend stellt sich gegen die Aussagen der CSU: Die Kammerspiele haben schon in der Vergangenheit regelmäßig an Demonstrationen für Menschlichkeit, Solidarität und Demokratie teilgenommen, diese weitere Demonstration füge sich nur in diese Reihe ein.

Unter den #ausgehetzt-Erstunterzeichnenden befinden sich neben den Kammerspielen übrigens eine ganze Reihe weiterer städtischer Einrichtungen, gegen die die CSU bislang nicht vorgehen wollte, zum Beispiel das Volkstheater. 

+++Update: Statements von Parteivertretern+++

Heute wurde der Vertrag des Intendanten des Volkstheaters, Christian Stückl, bis Ende der Spielzeit 2024/25 verlängert. Im Zuge dessen hat sich der Kulturreferent der Landeshauptstadt München, Dr. Hans-Georg Küppers (SPD), zum verlangten Demo-Verbot geäussert:

“Christian Stückl, Matthias Lilienthal und andere Kulturschaffende setzen sich aktiv ein für Humanität, die Wahrung der Menschenrechte, die Werte unseres Grundgesetzes und das gute Miteinander aller Menschen hier in München. Ich halte das in einer demokratischen Gesellschaft nicht nur für legitim, sondern auch für geboten – vor allem angesichts des Verfalls der politischen Streitkultur, der verbalen Verrohung in der öffentlichen Diskussion und der populistischen Meinungsmache. Position zu beziehen war und ist Teil unseres kulturellen Auftrags. Und wir werden uns all denen – auch Politikern – entgegenstellen, die sich in munterer Kaltblütigkeit, mit populistischer Stimmungsmache und voll eitler Selbstgerechtigkeit von demokratischen, kulturellen und moralischen Grundwerten unserer Gesellschaft verabschieden.”

Dr. Florian Roth von den Grünen:

“Dies ist nicht die erste Kundgebung dieser Art – und auch nicht die erste, bei der die Kunst ihre Stimme gegen eine Politik der Angst, der Ausgrenzung und gegen eine subtile bis rohe Stimmungsmache gegen Minderheiten erhebt. Dass da inzwischen nicht nur Pegida und AfD im Fokus stehen, sondern auch Politiker der CSU, die sich eines ähnlichen Vokabulars bedienen, liegt nicht an der Radikalisierung der Demonstrierenden, sondern an einer Radikalisierung von CSU-Politikern, die von ‚Asyltourismus‘ (Söder) und ‚Anti-Abschiebe-Industrie‘ (Dobrindt) sprechen – oder grinsende Scherze über die Zahl der Abschiebungen am eigenen Geburtstag reißen (Seehofer). Wenn die Münchner CSU tatsächlich ‚liberal‘ sein will, muss sie auch Kritik aushalten können, ohne gleich in autoritätsfixierte Verhaltensmuster der Ära Strauß zurückzufallen.“

CSU München:

“Die CSU München steht für Kunst- und Meinungsfreiheit. Die Form der Ankündigung dieser Veranstaltung in Verbindung mit dem Wort „Hetze“ und der steckbriefartigen Darstellung dreier CSU-Politiker diskreditiert diese Veranstaltung. Vor diesem Hintergrund sind die Verantwortlichen öffentlicher Kultureinrichtungen wie Theatern zur Wahrnehmung von Verantwortung und Toleranz in jeder Richtung aufgefordert.”

CSU-Stadtrat Richard Quaas:

 


In aller Kürze:

Was? DEMO: #ausgehetzt – Gemeinsam gegen die Politik der Angst

Wann? Sonntag, 22.7., 13:00

Wo? Auftakt am Goetheplatz


Beitragsbild: © Tien Nguyen The

Sophia Hösi
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