Kultur, Nach(t)kritik

Das doppelte Füchslein

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fuechslein_gpt1Die tschechische Oper Das schlaue Füchslein von Leoš Janáček gehört nicht gerade zum Standardrepertoire der Opernhäuser in Deutschland, dennoch ist es dieser Tage in zwei verschiedenen Fassungen in München zu sehen, beide unter Beteiligung von Nachwuchssängern.

Sowohl das Opernstudio der Bayerischen Staatsoper als auch das Staatstheater am Gärtnerplatz in Kooperation mit der Theaterakademie August Everding und der Musikhochschule München zeigten diesen Monat eine neue Inszenierung des letzten Werkes des tschechischen Komponisten. Unterschiedlicher hätten sie nicht ausfallen können.

Der Förster fängt im Wald eine junge Füchsin und nimmt sie mit nach Hause. Das gefällt seiner Frau gar nicht, bringt so ein Fuchs doch nur Ungeziefer und Unruhe ins Haus. Prompt fällt sie über die Hühner her und beißt den Sohn. Sie kann sich befreien und findet im Wald ein neues ZuHause, nachdem sie den Dachs aus seinem Bau vertrieben hat. Ein Fuchs wirbt um sie und sie werden ein Paar und bekommen viele kleine Füchse. der Förster trifft sich unterdessen mit seinen zwei alten Saufkumpanen, dem Pfarrer und dem Schulmeister. Der Schulmeister möchte gerne die schöne Terynka heiraten, aber die nimmt lieber den Wilderer Haraschta,der kann ihr nämlich einen Muff zur Hochzeit schenken. Er hat nämlich mittlerweile die Füchsin erschossen. Der Schulmeister resigniert, der Pfarrer lässt sich versetzen und den Förster zieht es wieder in den Wald. Dort sieht er eine junge Füchsin, ein Kind von Füchslein Schlaukopf. So schließt sich der Kreislauf der Natur.fuechslein_opernstudio1Janáček wollte mit diesem Werk weg vom brutalen Realismus einer Jenufa oder Kata Kabanova hin zu einer poetischen Darstellung des ewigen Kreislaufs der Natur. David Bösch, der das Stück für das Opernstudio inszeniert hat, ignoriert das völlig. Da wird munter vergewaltigt, kastriert und gemordet, sein Wald ist abgefackelt und seine Tiere im besten Fall überdreht. Kuscheltiere sind mit Ketten an die Bäume gefesselt, die Hühner sind offensichtlich die Sexsklavinnen des Hahns. Letzteres fand ich besonders unmöglich, da die Hennen vom Kinderchor dargestellt wurden. Lediglich die Szene, in der der Fuchs um Füchslein Schlaukopf wirbt, war sehr berührend und gut gelungen.

fuechslein_opernstudio2Die Sänger des Opernstudios waren durch die Bank sehr gut, wenn auch manchmal ein wenig schlecht zu verstehen. Die Stars des Abends war unbestritten Iulia Maria Dan als Füchslein Schlaukopf und Golda Schultz als Fuchs, ihr Spiel war sehr natürlich und sie sangen wunderbar. Ebenfalls beeindruckend waren Peter Mazalán als Förster, Silvia Hauer als Försterin, Dean Power als Schulmeister, Tareq Nazmi als Pfarrer, Tim Kuypers als Háraschta und Andrew Owens als Hahn. Da war unglaublich viel Talent auf der Bühne, von diesen begabten Sängern wird man sicherlich noch hören. Der Kinderchor der Bayerischen Staatsoper übernahm teilweise bravourös auch solistische Aufgaben und das Orchester und Christopher Ward traf genau den Janáček-Ton, obwohl nur in Kammerbesetzung.

Rosamund Gilmore, die am Gärtnerplatztheater bereits erfolgreich Die Schöne und das Biest und Die Zauberflöte in Szene gesetzt hatte, ging das Stück mehr in Janáčeks Sinne an. Das Ganze spielt in einem Klassenzimmer, das sich allmählich in einen Wald verwandelt. Zu Beginn ist mir das wie immer glänzend agierende Extraballett etwas zu hektisch choreographiert, aber bald ist man mitten in den Episoden von Füchslein Schlaukopfs Leben. Ähnlich wie im Opernstudio sind die Tiere von den äußeren Attributen nicht immer als solche zu erkennen, allerdings sind hier die charakteristischen Bewegungen der jeweiligen Gattung sehr genau umgesetzt, so dass letztlich die Tiere sehr genau zugeordnet werden können. Rosamund Gilmore gelingt ein poetischer Abend, der auch ohne Schockeffekte berührt und nachdenklich macht.

fuechslein_gpt2Das Gärtnerplatztheater mischte die Solisten des Hauses mit den Nachwuchssängern der Theaterakademie, eine Mischung, die leider nicht immer aufging. Maria Celeng und Soomin Yu vertraten die Theaterakademie bei der Premiere gut, aber Elaine Ortiz Arandes und Thérèse Wincent als Füchslein Schlaukopf und Fuchs gelangen in der sogenannten Premiere 2 die berührenderen Rollenporträits. Derrick Ballard beeindruckte als Förster, seine Alternativbesetzung Günter Papendell machte am nächsten Abend ebenfalls eine gute Figur. Rita Kapfhammer und Eun-Kyong Lim erfüllten die Frau des Försters auf unterschiedliche Weise mit Leben. Cornel Frey alterniert mit Christoph Späth als Schulmeister, beide sind auf ihre Weise großartig. Sebastian Campione wechselt sich mit Mario Sarantidis als Dachs und Pfarrer ab und sowohl Holger Ohlmann als auch Ludwig Mittelhammer hinterließen als Háraschta einen bleibenden Eindruck. Carolin Neukamm zeigte als Dackel und Gastwirtin nochmal ihre ganze Bandbreite, Florence Losseau zeigte ebenfalls viel Talent. Die weiteren Rollen werden alternierend von Chorsolisten und Nachwuchssängern gesungen. Chor (Inna Batyuk) und Kinderchor (Verena Sarré) waren wie immer extrem gut einstudiert und das Orchester unter Andreas Kowalewitz spielte ganz ausgezeichnet.

Zwei sehr unterschiedliche Produktionen. Im Prinzregententheater gibt es noch drei weitere Vorstellungenvom 28. – 30.06., KiJu am 29. Karten an allen bekannte Vorverkaufsstellen.

Foto 1 und 4: A.T. Schaefer (Gärtnerplatztheater)
Foto 2 und 3: Wilfried (Opernstudio)

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