Kinogucken

Der Größte

Thomas Empl

Wir schreiben das Jahr 2011. Es ist fünf Uhr morgens, die Vögel beginnen bereits zu zwitschern. Tausende Deutsche sitzen vor ihren PCs und streamen in teils miesester Qualität ein Basketballspiel zwischen den Dallas Mavericks und den Miami Heat. Und das alles nur wegen eines Mannes: Dirk Nowitzki.

Wohl kaum ein anderer deutscher Sportler hätte Menschen, die sich für einen Sport sonst wenig oder gar nicht interessieren, zu dieser Stunde zusammenbringen können. Und das sagt schon viel aus über den 2,13 Meter-Riesen, dem man mit Der perfekte Wurf nun eine Kinodokumentation gewidmet hat.

Nowitzki

Kein Nowitzki-Artikel, kein Interview kommt ohne seinen Mentor Holger Geschwindner aus. Und so richtet auch Der perfekte Wurf – zunächst – seinen Fokus auf das Training der beiden und das Streben nach demselben. Noch heute arbeitet Geschwindner jeden Sommer mit Nowitzki in der Turnhalle mit ungewöhnlichsten Trainingsmethoden und analysiert den Sport bis ins kleinste Detail am Computer. Ex-Teamkollege Michael Finley beschreibt das Duo als „mad scientist and his Frankenstein“.

Gepaart wird das mit ein paar Archivaufnahmen aus der Karriere, Jugendbasketball, zweite Bundesliga, die Ankunft in Amerika, der Aufstieg zum Star. Dazwischen Dirk ein bisschen privat, beim Yoga, Bowling oder auf der Autobahn. Netter Kerl, wirklich so bescheiden wie alle sagen. Womit wir beim Problem dieses Films wären: Ja, verdammt, Dirk Nowitzki ist klasse! Ein großartiger Typ, fantastischer Sportler, verzichtet auf Gehalt, Wohltäter. Man kann ihm das natürlich nicht vorwerfen. Aber für wirklich spannenden Filmstoff ist er einfach zu nett.

Dirk lacht

Es gibt nur ein, zwei negative Momente in dieser Geschichte – und Regisseur Sebastian Dehnhart (hat auch die Klitschko-Doku gemacht) hat auch noch keinerlei Interesse daran, näher auf sie einzugehen. Zur Festnahme von Nowitzkis damaliger Verlobter, der Betrügerin Crystal Taylor, gibt es etwa nur einen kurzen Mitschnitt einer alten Pressekonferenz. Die unangemeldete Abreise in die USA vor einem Aufstiegsspiel mit Würzburg wird mit vielleicht zwei Sätzen kommentiert. So, jetzt bitte wieder gute Laune. Wussten Sie, dass Dirk auch noch richtig gut Tennis spielt?

Vielleicht wollte Nowitzki über diese Dinge nicht reden, was sein gutes Recht ist – doch passt sein Schweigen zum wenig ambitionierten Vorgehen seines Regisseurs. Vom anfänglichen Geschwindner-Fokus kommt der nämlich mit der Zeit immer mehr ab. Stattdessen dürfen nacheinander Ex-Gegner (u.a. Kobe Bryant), -Teamkollegen (Jason Kidd) oder Nowitzkis Frau aufzählen, was am Dirk doch alles so toll ist. Das hebt sich dann leider so gar nicht mehr von gewöhnlichen Sportstudio-Einspielern ab. Dass man dem Perfekten Wurf aber dennoch ganz gerne zusieht, liegt vor allem an seinem wirklich sympathischen Protagonisten. Er ist es wohl einfach: Der Größte.

Der Kaiser

(Kinostart ist der 18.09.14.)

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