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Die Münchner Mindestlohninitiative: Warum der Arbeitslohn auch in München zum Leben reichen muss!
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Gastbeitrag von Christian Köning, Stadtrat und Vorsitzender der Münchner SPD.
Die Folgen des russischen Angriffskriegs belasten die Menschen. Die Energiekrise lässt Kosten für Energie steigen, die Inflation verteuert das Leben. Wohnen wird für Münchens Mieterinnen und Mieter auf dem privaten Markt ebenfalls immer teurer und günstige WG-Zimmer sind kaum noch zu finden. Gerade Menschen mit mittleren und geringen Einkommen sind von der Situation besonders betroffen.
Der bundesweite Mindestlohn ist für München zu wenig
Aktuell liegt der deutschlandweite Mindestlohn bei 12 € – umgesetzt von der SPD, gegen die Stimmen von CDU/CSU. Ab Januar 2024 soll er laut dem Ergebnis der Mindestlohnkommission, auf 12,41 € steigen – durchgesetzt haben sich hier die Arbeitgeber. Das ist bundesweit schon angesichts der Inflation zu wenig. Für eine attraktive, aber auch teure Stadt wie München gilt das umso mehr. Viele Münchnerinnen und Münchner haben das Gefühl immer mehr zu arbeiten, sich aber trotzdem immer weniger leisten zu können. Deshalb ist es eine der wichtigsten Aufgaben aller politischen Ebenen, dafür zu sorgen, dass alle Menschen weiterhin in unserer Stadt leben können, insbesondere auch diejenigen, die für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens dringend notwendig sind – von Putzkräften, über Sicherheitsdienste oder Beschäftigten in der Gastro. München muss lebenswert und bezahlbar sein. Sollte dies nicht gelingen, entsteht auf lange Sicht eine Gefahr für den sozialen Zusammenhalt, für die Demokratie und auch den Wohlstand der gesamten Stadt. Deshalb habe ich mich für die Münchner Mindestlohninitiative eingesetzt – einem Mindestlohn, der die tatsächlichen Lebenshaltungskosten in München berücksichtigt. Im Juli wurde auf Initiative von Oberbürgermeister Dieter Reiter und meiner Stadtratsfraktion ein eigener kommunaler Mindestlohn beschlossen.
Vorbild London
Wir haben uns umgeschaut und als Vorbild eine Stadt gefunden, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat: Auch in der britischen Hauptstadt London steigen Lebenshaltungs- und Wohnkosten immer weiter an und liegen bereits weit über dem landesweiten Durchschnitt. Der von der britischen Regierung festgelegte Mindestlohn ist für die Verhältnisse in London zu gering, um sich ein gutes Leben leisten zu können. Londons Probleme sind weitaus größer als in München, normale Beschäftigte können sich ein Leben in der Innenstadt kaum noch finanzieren. Deshalb hat die Stadt schon vor Jahren einen freiwilligen Mindestlohn festgelegt, der sich an den tatsächlichen Lebenshaltungskosten in London orientiert und damit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in London ein existenzsicherndes Einkommen zusichert. Die Stadt und ihre Unternehmen sind als Vorbild vorangegangen und über eine starke Kampagne haben sich der Initiative viele private Unternehmen angeschlossen. Sowohl sehr große als auch kleine Betriebe, bis hin zu Bars und Kneipen. Seitdem der damalige Londoner Oberbürgermeister Ken Livingstone die Initiative 2003 gestartet hat, haben sich bereits über 3.400 Unternehmen zum London Living Wage verpflichtet und es werden kontinuierlich mehr.
Daraufhin haben wir auch in München ausrechnen lassen, wie viel man verdienen müsste, um von der Arbeit gut leben zu können und nicht auf weitere staatliche Hilfen angewiesen zu sein. Dabei ist das Referat für Arbeit und Wirtschaft auf 16€ pro Stunde gekommen. Also haben wir diesen Wert für einen Münchner Mindestlohn festgelegt und gleichzeitig beschlossen, dass die Stadt diesen in allen Arbeitsverhältnissen gewährleistet. Jetzt wollen wir nach und nach auch die städtischen Unternehmen und Beteiligungen wie beispielsweise den Tierpark, die Stadtwerke, die MVG, oder den Olympiapark in die Mindestlohninitiative einschließen. Die noch größere Herausforderung wird sein, sicherzustellen, dass der Mindestlohn auch bei der Vergabe von städtischen Projekten und Dienstleistungen eingehalten wird. Während es nämlich in fast allen Bundesländern Vorgaben für Tariftreue oder Vergabemindestlöhne gibt, hinkt Bayern hier hinterher. Zudem erschweren europarechtliche Vorgaben die kommunalen Handlungsspielräume. Trotzdem ist es uns bereits gelungen den Münchner Mindestlohn für zwei erste Bereiche, das Reinigungs- und Sicherheitsgewerbe, als Zuschlagskriterium festzuschreiben. Ähnlich zum Londoner Mindestlohn wollen wir auch in München eine Kampagne mit Qualitätssigel aufsetzen für Unternehmen im Niedriglohnsektor, die sich selbst zum Münchner Mindestlohn verpflichten.
Profitieren würden davon viele Münchnerinnen und Münchner, auch Studierende in Minijobs. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass sich alle das Leben in unserer schönen und lebenswerten Stadt leisten können. Damit auch trotz hoher Mieten und Lebenshaltungskosten noch für alle genug überbleibt, um das vielfältige kulturelle, kulinarische und gesellschaftliche Angebot hier in München wahrzunehmen.
Mir ist klar, dass der Münchner Mindestlohn nur ein Schritt für eine bezahlbare Stadt ist. Für Familien, Rentnerinnen und Rentner, Mieterinnen und Mieter wird die Situation immer schwieriger. Die Folgen der Pandemie und des Krieges verlangen unserer Gesellschaft viel ab – und noch ist es nicht gelungen, die Superreichen mehr zu belasten. Daran werden wir weiter politisch arbeiten müssen. Die Stadt muss viel leisten und viel verbessern, die Herausforderungen sind groß: Wir investieren bereits in Schulen, brauchen noch bessere und kostenlose Bildungsangebote und Kinderbetreuung, eine Stärkung des ÖPNV, mehr bezahlbaren Wohnraum und Mieterschutz – insbesondere für Studierende und Azubis.
Dennoch zeigt die Mindestlohninitiative, dass auch auf kommunaler Ebene etwas getan werden kann. Wir brauchen eine Zusammenarbeit von Stadt, Gewerkschaften, Unternehmen, Verbänden und auch eine Akzeptanz und Partizipation der Bevölkerung. Weil Armut trotz Arbeit auch in einer reichen Stadt wie München Vergangenheit werden muss.
Beitragsbild: © SPD München