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Einen Abend lang avinieren in der neuen Weinbar Avin

An jeder Ecke in München findet man neuerdings Weinbars. „Neuerdings“ – damit meine ich so seit gefühlt zwei Jahren – gehen Leute in meinem Alter (mich eingeschlossen) nämlich plötzlich in Weinbars, haben Bock auf Savoir-Vivre, geben easy mal mehr als 20 Euro für eine Flasche Wein aus oder machen selbst „hippe“ Weinläden in der Stadt auf. Werden wir einfach älter oder woher kommt der Hype?

Ich, heute mal Restaurantkritikerin und Weintesterin, gehe also mit einer Freundin in Glockenbachs neueste Weinbar Avin. Ob es auch die beste ist? Finden wir noch heraus.

Es ist Dienstag Abend, 18.30 Uhr, im Glockenbachviertel. Die Sonne scheint auf Avins Terrasse und spiegelt sich in den Weißwein Gläsern der Gäste. Einer dieser Tische wird zu unserem. „Was wir wollen?“ fragt uns Alex, der Inhaber. „Überrascht uns einfach!“.

Ich bin froh, dass wir die frechen Sprüche wie „Zu vino sag ich nie no“ oder „It’s Wine o’clock“ in 2012 gelassen haben. Zwar nicht alle von uns, es gibt ja schließlich immer noch diese Tinder Bios, bei denen neben Travel und Business auch ein Zitat über Wein steht. Avin ist jedenfalls wirklich hip.

Holztische, weinrote Stühle, minimalistisches Design – irgendwo zwischen schick und zwanglos

Wir starten mit Champagner (natürlich). Chicco, der Kellner mit Charme, bringt uns den ersten Gang: Tomaten Ceviche mit Koriander und Sesam. Dazu einen Grauburgunder. Meine Geschmacksknospen werden herausgefordert, die Synapsen tanzen, ich bin beeindruckt.

„Ladies, hier kommt Karamellisierte Aubergine mit Togarashi, Miso und Schnittlauch“ leitet Chicco den nächsten Gang ein. Hey, Sexy! (Ich meine das Essen.)

Wine and modern Tapas im Sharingstyle

Alex erzählt uns mehr zu dem Konzept von Avin: “Bei uns steht Vorspeisenküche, im Sharingstyle, also das Miteinander bestellen im Mittelpunkt. Dazu findet man zusammen ne Flasche, die man gerne mag. Durch das Teilen von Essen und Wein wird der Abend gemeinsam gestaltet und genossen.”

Es folgt: Chicorée mit Birne, Blauschimmelkäse und Orangensud, Garnelen-Gyoza und Wildbrokkoli mit Sesam. Wir probieren den Hauswein, einen Riesling. Genauso gut, wie der, den wir zuvor hatten und der, den wir danach bekommen werden.

Und unter uns: Die Jungs meinen es wirklich gut mit uns. Gerade bin ich bei meinem vierten Glas (glaube ich?). Lukas, Somelier und Inhaber Nummer zwei, erzählt uns die Hintergründe zu jedem Wein. Er steckt uns an mit seiner Leidenschaft und seinem Interesse, sodass wir immer mehr über die Gerichte und Weinsorten erfahren wollen. Wir nicken und riechen und probieren – und versuchen dabei noch möglichst nüchtern rüberzukommen. 

Und hier sind wir wieder: Mittzwanzigerinnen, die Champagner trinken und die Gläser schwenken, als hätten sie nie etwas anderes getan

Ich fühle mich ertappt, als ich an Sophie Passmann denke, die in in ihrem Buch „Komplett Gänsehaut“ schreibt: Wein wird jetzt zu einem „Hobby für dynamische Endzwanziger, die mit ihren Freunden auch gerne mal einen Fenchel in den Ofen schmeißen und dazu einen guten Vino trinken“. Ja, Wein ist jetzt Lifestyle. 

„Ladies“ unterbricht Chicco meinen Gedankengang und schenkt uns nach. Mittlerweile ist es dunkel, das Avin Logo leuchtet über uns, der Wein schmeckt (noch) besser als zu Beginn. 

Ich freue mich als ich das nächste „Ladies“ höre und Chicco das Dessert serviert: Kokoseis mit Pistazien und Bananenpüree. Dazu Espresso, wie es sich gehört.

Ihr dachtet schon der Abend ist vorbei? Nein, wir bekommen jetzt nämlich Yuzu (ein japanischer Likör und meines Erachtens vergleichbar mit Limoncello) von Alex. „Und geht noch ein Glas Wein?“ – „Klar.“

Das Resümee

Wein, Essen und Service bekommen – und das sage ich jetzt mit aller Ernsthaftigkeit – eine glatte Eins. Das merkt man auch daran, dass wir nach 23 Uhr, als alle anderen Gäste schon nicht mehr da sind, immer noch nicht gehen wollen. Es folgt ein allerletztes Glas Wein, eine herzliche Verabschiedung und ein „Bis nächste Woche!“.

Chicco, kannst du schon mal den Champagner kaltstellen?

Und damit auch ihr andere mit Fachjargon beeindrucken könnt und endlich wisst, welchen Wein man bei beim ersten Date trinken sollte, klären euch Alex und Lukas, die beiden Inhaber von Avin, auf.

Inhaber der Weinbar Avin, Alex (links) und Lukas (rechts)

Was unterscheidet euch von den anderen Weinbars in München?

Alex: Wir wollten irgendwo gutes Essen mit gutem Wein zusammenbringen. Wir waren aber bisschen genervt von den typischen Weinbars hier in München mit Fladenbrot, Flammkuchen und Käseplatte. Bei uns steht das Kochkonzept im Sharing-Style mit Modern Tapas, das Miteinander bestellen im Mittelpunkt. Dazu findet man zusammen ne Flasche, die man gerne mag. Das passt gut zusammen und ist ne Mischung, die es so noch nicht gab in München.

Was bedeutet Avin, der Name eurer Weinbar? 

Alex: Das ist die Kurzform von „avinieren“. Das ist ein Fachausdruck im Wein-Vokabular und bedeutet „das Glas vorher befeuchten mit einem Schluck Wein, den man durchschwenkt.“ So kann der Wein sich schon mal entfalten im Glas. Wenn du dann den ersten richtigen Schluck nimmst, hast du dadurch ein total intensives Geruchs- und Geschmackserlebnis.

Woher kommt der Hype um Weinbars?

Alex: Es gibt immer mehr jüngeres Publikum, das für Wein zu begeistern ist. Schon die ganzen Winzer sprechen eine jüngere Zielgruppe mit ihren Etiketten und dem Marketing an. Das macht es irgendwie zugänglich für alle.

Lukas: Ganz ehrlich, ich glaube das es zum einen was mit Geld zu tun hat. Die Leute haben wohl gemerkt, dass man mit Wein ohne viel Aufwand betreiben zu müssen, verhältnismäßig zu einer Cocktailbar, relativ leicht Geld verdient. Der andere Grund ist, dass die Gesellschaft sich immer mehr mit dem Thema Wein auseinandersetzt und es immer viel interessanter wird. Die Leute reden viel mehr über Wein. Ich glaube, das merkt der Gastronom natürlich auch. Und diese Nachfrage musst du bedienen. 

Welchen Wein würdet ihr für ein erstes Date empfehlen?

Alex: Also grundsätzlich empfehle ich immer unseren Hauswein, den Riesling Avin aus der Pfalz. Super easy drinking, ist total angenehm, ganz leicht, schöne Säure.

Lukas: Ich würde als erstes immer Champagner empfehlen. Das lockert gut auf. Und im Anschluss würde ich immer frische, leichte Weine empfehlen, weil schwere Weine immer etwas träge oder müde machen. Da wäre dann zum Beispiel unser eigener Riesling Avin.

Verratet mir mal ein bisschen Wissen, mit dem ich andere beeindrucken kann

Lukas: Am Besten du merkst dir Schlagwörter, mit denen man oft um sich schlägt. Das sind so Sachen wie Karaffieren, Dekantieren, Avinieren. Also du sagst: „Ich würde den Wein avinieren, bevor man ihn trinkt. Anschließend würde ich ihn dekantieren (Rotwein ganz langsam umfüllen, vor allem bei älteren Jahrgängen, damit Weinstein sich absetzen kann) oder karaffieren (schnell in eine Karaffe umfüllen, vor allem Weißwein), damit er nochmal mehr Luft bekommt und sich schneller entfaltet im Glas.“

In aller Kürze:

Avin, Am Glockenbach 8, Montag bis Freitag 17-23 Uhr, Samstag-23 Uhr

1Comment
  • Khoa Nguyen
    Posted at 12:08h, 26 Mai

    Danke für den Artikel und Empfehlung. An vielen Ecken sieht man Wienbars und ich als Anhänger des Hopfens werde demnächst mal auch einen Blick in so eine Bar mal werfen. Die Empfehlung hört sich auf jeden Fall interessant an.

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