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“Es muss diese Fronten nicht geben.”

Adrian Renner
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Stefan Liebl von der Studentenvertretung München war dabei beim Treffen  mit Minister Heubisch. Ein Gespräch über Ministergespräche, Ergebnisse und die Besetzung – und die Zwei-Mützen-Taktik.

Stefan Liebl ist 25 Jahre alt und studiert Politikwissenschaft . Seit einem Jahr ist er hochschulpolitischer Referent der Studentenvertretung der LMU. Wir treffen uns direkt nach dem Gespräch mit Minister Heubisch  in der Studentenvertretung in der Giselastraße – in den Gängen liegen noch Schlafsäcke und Transparente der Audimax-Besetzer.

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Stefan, Studentenvertreter aus ganz Bayern haben sich am Mittwoch mit Wissenschaftsminister Heubisch getroffen. Wie kam es zu dem Gespräch?

Das Gespräch hatte uns Heubisch zugesagt, als er im Audimax war. Er trifft sich eigentlich einmal im Semester mit Studentenvertretern, aber die Sitzung ist auf unseren Druck entstanden.

Wie tritt Heubisch euch inzwischen entgegen?

Auf Augenhöhe, das war nicht immer so, keine Phrasen, keine Floskeln wie in der Öffentlichkeit. Das Gespräch war sehr konstruktiv, wir sind geschlossen aufgetreten und waren sehr gut vorbereitet. Ich weiß nicht, ob sich Heubisch sicher ist, ob er das gut oder schlecht finden soll.

Ihr habt euch auf zwei Forderungen konzentriert: nach einer verfassten Studierendenschaft und mehr studentische Mitbestimmung. Zu beiden wurde jetzt eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Bist du zufrieden mit dem Ergebnis?

Ja, ich bin zufrieden. Unser Ziel war es, mit mehr als einer Absichtserklärung aus dem Gespräch zu gehen. In der Arbeitsgruppe sind die Studenten genauso stark vertreten wie Ministeriums- und Hochschulleute, die Studenten haben das Vorschlagsrecht für den Vorsitz der Gruppe. Und wir haben festegelegt, dass die Arbeitsgruppe bis zum Sommersemester Ergebnisse liefern soll.

Was wird mit den anderen Forderungen des Bildungsprotestes, der nach Abschaffung der Studiengebühren zum Beispiel?

Wir versuchen, uns mit der jeweiligen Forderung an den jeweiligen Ansprechpartner zu richten. Der Staat kann nicht alle Probleme an den Unis lösen, er muss aber die Möglichkeiten schaffen, dass die Unis diese selbst in Ordnung bringen können. Wir wollen so den Teufelskreis unterbrechen, dass Politik und Hochschulen sich gegenseitig die Verantwortung in die Schuhe schieben. Die Studiengebühren können von den Hochschulen auf 300 Euro gesenkt werden, das versuchen wir zunächst auf Uni-Ebene durchzusetzen, und dann die gesamte Abschaffung der Studiengebühren landesweit.

Und die Überarbeitung der Bachelor- und Masterstudiengänge?

Am 5. Februar findet ein Kongress an der FH München zur Bologna-Reform statt, danach wird es ebenfalls eine Arbeitsgruppe geben

Wie sieht denn die Zusammenarbeit mit LMU-Präsident Huber nach der Räumung des Audimax aus?

Seit der Räumung haben wir keinen direkten Kontakt mehr zu ihm, er ist während und nach der Besetzung nicht für uns erreichbar gewesen. Ich finde das bedauerlich. Es muss diese Fronten nicht geben, wir können Seite an Seite für eine bessere Bildung eintreten.

Wie wichtig war die Besetzung für den Bildungsprotest?

Die Besetzung war ein riesiger Erfolg für die Studenten. Es ist im Grunde schade, dass es überhaupt zu einer Besetzung kommen musste, aber ausgehend von den Studiengebühren-Demonstrationen hat das alles zu einer immensen Politisierung der Studenten geführt. Die Besetzung war wichtig, und wir von der Studentenvertretung sind immer hinter den Besetzern gestanden. Wir bedauern die polizeiliche Räumung, aber es war klar, dass die Besetzung nicht ewig dauern konnte, auch wenn dieses Ende nicht hätte sein müssen. Letztlich waren aber immer zu wenig Forderungen erfüllt zum freiwillig gehen.

LMU-Präsident Huber hatte den Besetzern Anfang Dezember ein Kompromissangebot gemacht, das in einer sehr kontroversen Plenumssitzung abgelehnt wurde. Hätte man das Angebot annehmen sollen?

Ehrlich gesagt: ich weiß es nicht. Hubers Angebot war formal nicht richtig, es war an die Studentenvertretung und nicht an die Besetzer gerichtet, was zeigt, dass er den Protest einfach nicht verstanden hat. Es war ein positiver Ansatz, aber ein unglaublicher Fehler, das Angebot mit einem Ultimatum zu verbinden. Das hat es alles sehr schwer gemacht.

Manche Besetzer nennen den Tag auch den schwarzen Donnerstag.

In gewisser Weise hat dieser Donnerstag auch das Plenum und die Bewegung gespalten. Aber es ging um sehr viel, und alle waren zu diesem Zeitpunkt physisch extrem ausgelaugt. Und jetzt wird natürlich ein gewisser Mythos gebildet um diese Zeit. Das war eine wahnsinnig intensive Zeit für sehr viele Studenten, auch sozial, in der sehr viele Leute aus allen möglichen Fächern sich kennengelernt und zusammengearbeitet haben.

War es schwer für dich, deine persönliche Meinung als Student und deine Meinung als Referent der Studentenvertretung zu trennen?

Meistens waren die Positionen der Studentenvertretung auch meine persönlichen. Ich hatte zwei Mützen, eine hatte ich auf, wenn ich als Mitglied der Studentenvertretung, die andere, wenn ich als Besetzer gesprochen habe. Das hat es, auch für die anderen, einfacher gemacht.

Was hat das letzte Jahr insgesamt für dich verändert?

Erstmal zahle ich keine Studiengebühren mehr, als zweites Kind einer Familie, das in Bayern studiert – ein Ergebnis der  Bildungsstreiks im Sommer. Ich habe wahnsinnig viel über Demokratie und Vorteile und Nachteile verschiedener Demokratieformen gelernt, und wahnsinnig viel Erfahrung im Umgang mit Politik, Politikern und anderen Menschen allgemein gesammelt. Und ich habe eine Hausarbeit über den Bildungsprotest geschrieben. Mein Dozent fand sie allerdings nicht neutral genug.


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