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Münchner Gesichter mit Martin Tietz

„make beer – not war“ ist das Motto von Deutschlands aktuell bestem Hobby-Bierbrauer, Martin Tietz aus Sendling-Westpark. In den letzten fünf Jahren hat Martin in seinem Keller schon über zwanzig verschiedene Biersorten gebraut. Mit seinem Irish Red Ale hat er im vergangenen September die deutsche Meisterschaft der Hobbybrauer in Stralsund gewonnen.

Angefangen hat alles 2015, als Martin von seiner Schwester ein Hobby-Brauset zu Weihnachten bekam. Schon Anfang Januar 2016 braute er sein erstes Bier, vier Liter, die nach fünf Wochen fertig waren. Trotzdem sei „die Kostprobe so lecker“ gewesen, dass Martin direkt weitermachte und sich bald noch ein zweites Brauset dazukaufte. Acht Liter Bier für insgesamt acht Stunden stressiges Brauen im Keller und danach wochenlange Reifung waren allerdings immer noch viel Arbeit für wenig Ertrag. Zum 50. Geburtstag schenkte Martin sich deshalb eine „Braueule“. Damit stieg er sozusagen von einem Fiat zum Rolls-Royce um, erst allerdings nachdem er, um bei den Autos zu bleiben, einen Braueulen-“Führerschein” gemacht und sich von der Maschine überzeugt hatte.

2017 meldete Martin seinen „Tieden-Bräu“ dann offiziell beim Patent- und Markenamt an, auch ein Logo hat die kleine Brauerei. „Tieden“ ist plattdeutsch und heißt „Zeiten“, Martin kommt selbst ursprünglich aus Hamburg und „Zeit spielt beim Brauen eine wesentliche Rolle“, sagt er.

Wer Martin an einem Nachmittag in seinem Vorgarten trifft, und die Chancen stehen bei schönem Wetter gut, ihn dort zu treffen, bekommt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Bier angeboten. Eine „Sturmflut“ zum Beispiel, sein Indian Pale Ale, oder eine „Talabfahrt“, ein obergäriges Weißbier. Natürlich hat Martin auch das klassische Helle im Angebot, „Blonder Hans“ heißt das, nach dem Hamburger Schauspieler Hans Albers.

Seine Freunde und Nachbarn konnte Martin mit seinen Bierkreationen schnell überzeugen und als er 2019 zum ersten Mal bei der deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer in Stralsund, ausgerichtet von der Störtebeker-Brauerei, teilnahm, schaffte er es mit seinem Brut-IPA ins erste Viertel. Im vergangenen Jahr dann der ganz große Wurf: Mit seinem Irish Red Ale wird Martin im September als bester Hobbybrauer Deutschlands ausgezeichnet.

Als Deutscher Meister durfte Martin sein Gewinnerbier im vergangenen Dezember dann in der Störtebeker Brauerei in Stralsund einbrauen. Ab Mitte Februar wird sein Bier im offiziellen Handel zu kaufen sein, mit seinem Namen auf dem Etikett.

Wir haben Martin die wirklich wichtigen Fragen gestellt:

Was bedeutet Dir das „Bier“?

Bier ist für mich mehr als ein Getränk. Es ist demokratisch und bringt Menschen zusammen! Es inkludiert und grenzt niemanden aus. Zudem ist es in unserer Geschichte, in den Religionen und unserer Kultur tief verwurzelt. Viele Regionen auf der Welt haben aufgrund von verschiedenen Rohstoffen auch viele verschiedene Biere hervorgebracht. Die Kombination aus diesen letztendlich nur vier Zutaten, führt zu unzähligen Möglichkeiten ein Bier zu kreieren. Das ist faszinierend.

Was macht ein gutes Bier aus?

Es sollte mit dem Fokus auf Qualität bzgl. Rohstoffen und dem Brauverfahren gebraut sein und nicht nach Ertrags- und Massengeschmacksgesichtspunkten.

Woran arbeitest du gerade?

An einem „West-Coast-IPA“ für den nächsten Wettbewerb von Hobbybrauern im Juni bei Maisel`s in Bayreuth und bereits an der Titelverteidigung im Oktober, die hoffentlich im Rahmen der Drinktec Messe hier in München stattfinden wird.

Worüber fluchst du am häufigsten in München?

Über die „liebevolle“ Unhöflichkeit und das „Mia San Mia“.

Und was läuft doch irgendwie ganz gut?

München hat eine hohe Lebensqualität und schöne Multi-Kulti-Mischung. Beides schätze ich sehr.

Dein bayerisches Lieblingssprichwort?

Darfs auch Hamburger Platt sein ? „Dat löpt sick allens torecht”

Das macht dich zum Münchner:…

Meine beiden in München geborenen Töchter und die Zuneigung zur bayerischen Kultur.

Dein Lieblingsbier?

Jeder Bierstil hat irgendwie seinen Platz. Ich liebe die Vielseitigkeit und spannende Interpretationen von traditionellen Bieren. Sehr gern mag ich auch hopfige Biere mit schönen Fruchtnoten. Aber auch ein gutes Helles vom Nockherberg oder Weissbier aus Franken geht immer… und natürlich mein „Irish Red Ale“ mit dem ich Deutscher Meister geworden bin.

Was denkst du über das Reinheitsgebot?

Ich finde es geschichtlich interessant und auch gut, dass es dieses gibt. Es hilft dem Verbraucher bei der Orientierung auf dem Biermarkt – aber außerhalb des RHG darf es auch gern mal sein.

Geht immer: …

Ein gutes Gespräch mit fremden Menschen im Biergarten oder am Tresen in der Wirtschaft.

Dein Lieblings- Insta- oder Twitteraccount?

Stadt München und der HSV.

Was war deine wildeste Partynacht?

Vor über dreißig Jahre mit Freunden auf St. Pauli mit direkt anschließendem Besuch auf dem Hamburger Fischmarkt.

Wo findet man dich?

Zu Hause in der Brauerei, am Nockherberg für eine Brauerei-Führung, beim Biertasting mit Gästen oder im Vorgarten mit meinen Nachbarn bei einem frischen Selbstgebrauten.


Fotos: © Martin Tietz

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