Elena Schirnding de Almeida und Philipp von der Wippel
Aktuell, Stadt

Aus unserem Podcast: Elena Schirnding de Almeida (TU München) und Philipp von der Wippel (ProjectTogether) fordern Mut und Ideen

MUNICH NEXT LEVEL

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Stadtverwaltungen gelten nicht gerade als Hort des Pioniergeists. Im Reich der Akten und Vorschriften, so vermutet man, gelten steile Hierarchien und strenge Paragrafengläubigkeit. Auch wenn der liberale Zeitgeist allerorten Agilität von uns fordert, scheint zumindest die Beamt*innenwelt noch eine sehr geordnete und daher konservative. Soweit das Klischee.

Unser nächster Podcast-Gast, Architektin und Dozentin Elena Schirnding de Almeida (TU München), arbeitet dem entgegen, indem sie den Nachwuchsführungskräften aus den Ämtern und Ministerien überflüssige Verordnungen und Regeln erst mal aus dem Kopf jagt und mit Inspiration und Mut gegensteuert. Das passiert am Lehrstuhl Urban Design der TU München im sogenannten Public Planing Lab – ein Seminar, das viele Referendar*innen am Ende einer zweijährigen Zweit-Ausbildung (nach einem Erststudium und ein wenig Berufserfahrung in Referaten oder Ministerien) durchlaufen.

Nicht an der Uni, sondern vielmehr in einem selbst geschaffenen Rahmen arbeitet wiederum unser zweiter Gast Philipp von der Wippel als Sozialunternehmer, Gründer und Berater bei ProjectTogether daran, kommunale Innovationen in die Breite zu skalieren. Er bringt gute Lösungen von einem Ort an den nächsten und hilft bei der Vernetzung von Akteur*innen. Was in A wie Aachen funktioniert kann schließlich auch für Z wie Zwickau ganz praktikabel sein.

Beide zusammen stehen sie für ein positives und engagiertes Verständnis von Gesellschaftsentwicklung und sind somit wie gemacht für eine geteilte Podcast-Folge, die wir dieses Mal wieder im Pavillon des RISE City Labs vor Ort aufnahmen.

Ein mutiger Amtsleiter und ein zahlenfixierter Bürgermeister

Wie man mutig Entwicklungen in der Stadt voran treibt, das erläutert uns Schirnding de Almeida anhand von zwei Beispielen. Bis in die internationale Presse hat es der Berliner Amtsleiter Felix Weisbrich im März 2020 geschafft, als er in seinem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in einer Ad-Hoc-Maßnahme Fahrrad PopUp-Lanes in seinem Stadtteil quasi über Nacht schuf. Ohne monatelange Abstimmungsprozesse oder zähe Schriftwechsel, suchte der Stadtplaner mündlich den Kontakt zu seiner Bezirksbürgermeisterin sowie der örtlichen Polizei und dem Kreisverwaltungsreferat und sprach diese Maßnahme kurzerhand und entschlossen ab.

Die Pläne für die PopUp Lanes lagen zu dem Zeitpunkt zwar schon seit einigen Jahren in den Schubladen, aber erst das damals neue Pandemiegeschehen machte die schnelle Implementierung möglich oder gar nötig. (Man erinnert sich: der Autoverkehr auf den Straßen war wegen Home Office zurückgegangen und zugleich galt es, die öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu überfüllen aufgrund des Abstandgebots). Ein Erfolg, der schnell Schule machte und auch in anderen Städten rund um den Globus nachgemacht wurde. Die Aktion hat womöglich Infektionen verhindert und gilt seither als Blaupause für die Mobilitätswende in der Stadt. Möglich war das auch wegen der politischen Rückendeckung in dieser Situation, schätzt Schirnding de Almeida diese Situation ein und zeigt sich nachhaltig begeistert.

Noch eine größere Nummer hat seinerzeit der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg durchgezogen, als er den weltberühmten Times Square autofrei gestaltete und komplett für Füßgänger*innen öffnete. Trotz großer öffentlicher Debatten und viel Gegenwind, ließ sich Bloomberg nicht beirren und hielt an seinem Plan fest, für den er Verstärkung aus Kopenhagen (das renommierte Architektenbüro Gel) und der freien Wirtschaft (ein neuer Amtsleiter im zuständigen Referat) heran holte. Außerdem: Bloomberg war ein Zahlenfreak, der fast alles evaluierte und danach ausrichtete. Hätte sich der autoberuhigte Times Square also nicht allgemein bewährt, hätte man die Maßnahme wieder zurück gezogen. Darin zeigt sich zuletzt auch ein Vorteil von schnellen Interventionen und PopUp-Experimenten: sie lassen sich wieder rückgängig machen ohne großen Aufwand.

Somit kommen wir zur Krux und zum Plädoyer von Schirnding de Almeida, die sagt, anhand von Fakten liessen sich Maßnahmen besser beurteilen, als anhand von Vorbehalten. Subjektive Interessen würden schließlich immer von einer gewissen – nicht repräsentativen – Anzahl an Menschen in den klassischen Beteiligungsprozessen überproportional oft platziert. Oder anders gesagt: Mehr Mut zur Aktion!

Eine Art Unternehmensberatung für gute Dinge

Einen leicht anderen Blick auf Bürger*innenbeteiligung hat Phillipp von der Wippel, der für sich erkennt, dass partizipative Prozesse eher Frust hervorrufen, wenn die Ergebnisse von der Politik nicht berücksichtigt werden. Wer diese Erfahrung wiederholt macht, ist irgendwann raus. Wenn es nach ihm geht, würde er den politischen Prozess ohnehin mehr öffnen. So sollten nicht nur die gewählten Vertreter*innen im Rathaus für sich entscheiden, sondern in konkreten Fällen mehr auf Lösungen und Expert*innen aus der Bevölkerung geachtet werden.

Es geht um die Zukunft der Pflege in der Stadt? Dann hört doch mal auf den Pfleger aus der Praxis!, so sein Vorschlag. Damit gute Ideen Schule machen, verfolgt er mit ProjectTogether den Ansatz der Open Social Innovation. Das heißt, wenn jemand einen Impuls mit sozialer Tragweite hat, hilft Phillipp von der Wippel mit seinem Team den Menschen oder Initiativen dabei, ihn umzusetzen und bekannt zu machen. Dazu gehört auch die Vernetzung mit Verwaltung, Politik und anderen sozialen Akteur*innen. Man könnte also sagen, er macht eine Art Unternehmensberatung für gute Dinge. Und im besten Fall sollten diese Dinge über ihren lokalen Rahmen hinausstrahlen und zum Beispiel auch von anderen Kommunen adaptiert werden. Oder wie Philipp von der Wippel bedauert: „Für gute gesellschaftliche Lösungen gibt es keinen Vertrieb.“ Das will er in Zukunft ändern.

Mit „Update Deutschland“ wurde von ProjectTogether letztes Jahr außerdem ein Zukunftslab für soziale Ideen unter Schirmherrschaft des Bundeskanzleramts gestartet. Rund 330 Teams aus ganz Deutschland haben über vier Monate lang zusammen mit Partner:innen aus Bund, Ländern und Kommunen, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft Lösungsansätze entwickelt und in die Umsetzung gebracht. Dem voraus ging ein riesiger, digitaler Hackathon mit über 5.000 Beteiligten als Folge vom #WirvsVirus-Hackathon aus dem Jahr davor.

Mehr darüber und zu allen anderen genannten Themen hört ihr in der kompletten Folge. Viel Spaß dabei: