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Von Bogenhausen ins Bahnhofsviertel: Die Villa Stuck zieht um

Das bekannte Künstlerhaus Villa Stuck – früher Atelier und Wohnsitz von Franz von Stuck (1863 – 1926) – wird ab April diesen Jahres renoviert. Derweil zieht der Betrieb des Museums Villa Stuck mit Wechselausstellungen und neuen Ideen in die Goethestraße 54 in eine leerstehende Gewerbeimmobilie. Museumsdirektor Michael Buhrs hat uns vor Ort schon etwas mehr verraten. 

Etwas über 125 Jahre ist es her, da erbaute der Münchner Malerfürst Franz von Stuck die Villa Stuck in München nach seinen Vorstellungen. Heute ist das Gebäude eine Sehenswürdigkeit, aber auch eines der wichtigsten Ausstellungshäuser für moderne und gegenwärtige Kunst der Stadt. Während dort gerade noch die Ausstellung „Kafka 1924“ bis zum 11. Februar läuft, wird das Gebäude bald schon in eine Art Schönheitsschlaf versetzt. Die Technik muss saniert werden und die Fassade bekommt ein Lifting, um sie dauerhaft zu erhalten. In dem Zug soll das treppenreiche Haus auch barrierefreier sowie der Brandschutz verbessert werden, heißt es.

Zwischen Kebab und Kino – Temporärer Umzug ins Bahnhofsviertel

Damit das Team um Museumsdirektor Michael Buhrs nicht zur Untätigkeit verdammt ist, hat man zusammen mit den Referaten der Stadt aber schon eine Ausweichmöglichkeit für den Betrieb gefunden. In der Goethestraße 54 – irgendwo zwischen Hauptbahnhof und Goetheplatz – wird gerade umgebaut für Ausstellungen sowie die Büroräume der Villa Stuck.

„Wir bespielen alle drei Etagen, die es im Gebäude gibt“, sagt Michael Buhrs, der uns ebendort empfängt. Gerade sitzt er noch alleine hier an einem provisorisch eingerichteten Schreibtisch. Nur gelegentlich huschen Handwerker vorbei, die daran arbeiten, dass der Raum bis zum 03. Mai fertig sein wird – für die Eröffnung der Zwischennutzung. Bis Ende 2023 war hier im Gebäude unter anderem ein Lehr- und Forschungsinstitut der Deutschen Akademie für Psychoanalyse untergebracht.

Open Space und (vielleicht) freier Eintritt

„Wir hoffen, dass wir hier keinen Eintritt verlangen müssen“, fährt Buhrs fort, dem eine Art offenes Haus vorschwebt. Wenn es finanziell mit seinem städtischen Budget darstellbar ist, will er das durchziehen. Überhaupt soll es nahbar zugehen: auf allen Etagen sind Mitarbeiter- und Arbeitsräume neben Ausstellungs- und Programmräumen. Letztere jeweils zur Straße hin. Auch kostenlose und offene Aufenthaltsflächen soll es geben – Co-Working im Kunsthaus quasi.

An die Immobilie seien sie über einen Kontakt des Fördervereins der Villa Stuck gekommen, sagt er. Der Eigentümer Legert 10 hält dort gerade die Füße still – Bau- und Zinskrise vielleicht – so war der Weg frei für die Zwischennutzung, die aber auch schon ein festes Enddatum hat. Bis April 2025 ist die Zwischennutzung in Betrieb. Dann heißt es wieder Adieu, Bahnhofsviertel.

Neue Nachbarschaft: „Wir wollen das Publikum hier im Viertel erreichen“

Vom noblen Bogenhausen ins lebendige Bahnhofsviertel, das klingt nach Tapetenwechsel. Auf Höhe der Hausnummer 54 ist die Imbiss-Meile und der Trubel des südlichen Bahnhofsviertel zwar nicht mehr unmittelbar präsent, aber zumindest in Reichweite. Ist das Team bereit für das neue Terrain?

„Wir wollen das Publikum im Viertel erreichen und ich glaube, wir haben hier nur eine Chance, wenn wir mit den Menschen vor Ort arbeiten und in Kontakt kommen“, sagt Buhrs. Beim Bezirksausschuss Ludwigvorstadt habe er sich schon vorgestellt und bald will er auch den Verein Südliches Bahnhofsviertel treffen, der für viele Menschen im Quartier ein Dreh- und Angelpunkt ist.

„Mein Traum wäre, dass wir die Restaurants und Imbisse hierher einladen. Im schönsten Fall gäbe es alle zwei Wochen mal eine kleine Aktion hier. Tee und Baklava zum Beispiel“, so schwebt es ihm vor. Ein eigenes Café oder eine Bar wird es in der Zwischennutzung indes nicht geben: Gäbe es ja schon genug im Viertel, meint Buhrs. Dafür kann bei schönen Temperaturen der Innenhof aktiviert werden, wo auch ein kleines Nebengebäude steht, das unter anderem für barrierefreie Programme genutzt wird. Aufzüge fehlen im Hauptgebäude nämlich leider.

Ein „leeres Blatt“

Gerade erschließt das Team zusammen mit Künstler*innen den Ort: „Wenn man mehrere Jahre am gleichen Ort arbeitet dann kennt man die Räume und weiß, was wann und wo funktionieren kann. Dann sucht man nicht mehr nach der neuen Lösung, sondern macht es sich vielleicht manchmal etwas bequem“, überlegt er.  „Ich glaube, dass sich die Arbeitsbedingungen grundsätzlich für uns ändern – in der Herangehensweise an Ausstellungen und in der Zusammenarbeit mit den Künstler*innen.“ Hier hätten sie jetzt also sowas wie ein „leeres Blatt Papier“. „Im Museum ist das Blatt Papier nicht ganz leer. Da sind Linien vorgezeichnet.“

Die Räume geben in der Tat wenig vor und sind recht clean. Kein Prunk, kein Stuck, wenig Schnörkel. Zur Straße hin wurde eine große Wand auf drei Stockwerken herausgerissen, durch deren Lücke im Boden man momentan den Blick durch die Stockwerke richten kann. Von außen ist das Gebäude im Kontext der Straße eher unauffällig. Da will sich Buhrs zusammen mit dem Grafikbüro von Mirko Borsche noch etwas überlegen, damit man ins Auge fällt, angezogen wird. Einen neuen Namen für die Interimsnutzung hat man indes schon gefunden. Aus Villa Stuck wird schlicht VS. 

Was erwartet uns inhaltlich? Konkret nennen will Buhrs bisher nur eine Zusammenarbeit. Anfang Februar kommt Tanja Bruguera aus Kuba nach München, um die Räume zu inspizieren (Kubas „bekannteste zeitgenössische Künstlerin“, so das Kunstmagazin Monopol) und eine Arbeit für den Sommer vorzubereiten. Bruguera war zum Beispiel auf der Documenta 2022 in Kassel mit einer Installation vertreten. Der Rest des Programms: noch nicht spruchreif und in the making.

Abschied mit Party (Toy Tonics) und einem Musikwochenende (Acher Brüder)

Während die Umbauten in der Goethestraße voranschreiten, heißt es sehr bald Abschied nehmen aus der Prinzregentenstraße. Seit einem längeren Umbau zwischen 1999 und 2004 ist es die erste größere Sanierungsmaßnahme der Villa Stuck. Am 11. Februar, mit dem Ende der Ausstellung „Kafka 2024“, schließt das Museum seinen regulären Betrieb. Für mindestens anderthalb Jahre, wenn bei der Renovierung alles glatt läuft.

Ein paar Events unter dem Motto „Last Exit Villa Stuck“ folgen noch bis Anfang März. Am 23. Februar etwa kommt das Münchner House- und Disco-Label Toy Tonics (u.a. Kapote, COEO) für ein Gastspiel mit einer Labelnight (u.a. ist Lars Eidinger als DJ gebucht). Musikalisch weiter geht es am 01. und 02. März bei einem Wochenende, das Markus und Micha Acher (The Notwist) kuratieren. Es ist die Fortsetzung einer Konzertreihe namens „I hear an new world“, die es 2022 schon einmal vor Ort gab. Buhrs dazu: „Wir laden internationale Musiker*innen ein, die verrückte Instrumente mitbringen, installativ arbeiten und über zwei Tage Musik spielen.“

Einen Schlusspunkt setzt dann am 03. März Sammlungsleiterin Margot Brandlhuber zusammen mit Teresa Retzer (Haus der Kunst), die in einem großen Spaziergang durch die Villa Stuck und die aktuelle Ausstellung im Haus der Kunst führen, Thema “Franz von Stuck und Meredith Monk. Künstleraltäre und Schreine”. Am gleichen Tag spielt auch noch die Hochzeitskapelle „und schmeißt uns raus“, sagt Buhrs schmunzelnd. Mindestens anderthalb Jahre werden die Renovierungsarbeiten dauern. Die große hauseigene Sammlung der Werke Franz von Stucks geht derweil in Teilen international auf Reisen oder wird deponiert.

Beitragsbild: © Fentriss; Bilder: © Mucbook

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