Kultur, Was machen wir heute?

Bilder in der Box

Marco Eisenack

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Die Kunsthalle WhiteBox wird zur Fotobox. Von Freitag, 26. Februar an zeigen sechs Fotografen ihre Perspektiven der modernen Fotografie in der Kultfabrik-Kulturhalle. Am Donnerstag ist Vernissage mit DJ Flo Keller. Wir zeigen vorab ein paar Bilder.

Die Firma „Fotoalben Discount“, Spezialist “für alben, rahmen und gästebücher”, behauptet in ihrem Internetauftritt, Fotoboxen seien eine saubere und schnelle Möglichkeit der Fotoarchivierung. Sauber und schnell ist immer gut. Andererseits, geht man von der Box aus, kommt man drauf, alles ist Box. Die Box, das moderne Gefäß, der Behälter, Kasten, Kanister, Schrank, Tonne, Garage, Haus, Halle – alles ist Box. Living in a Box. Weiter geht‘s in der Sargbox.

Die whiteBOX jedenfalls erinnerte Klaus von Gaffron an eine überdimensionale Aufbewahrungsschachtel für Fotos, eine
Fotobox für riesige Fotos, Riesenportraits eines Riesenateliers, nicht unweit vielleicht. Die Welt und die Box, das ist in der Tat ein Riesengefummel. Und die Höhle ist die erste Lochkamera. An der Rückwand entstanden die ersten Entwürfe von Wirklichkeit. Aus Dunkelkammern strahlt das Licht der Welt, wie aus den Edelsteinen, die in den Augenhöhlen der griechischen Köpfe, der griechischen Statuen aus Stein und Marmor gesessen hatten. Bilder werden in Hohlkörpern gefertigt, Abbild und Trugbild, wie im Begriff vom Simulacrum. Beides wird wieder in die Welt zurückgestrahlt, das ist der menschliche Blick auf die Dinge.

Hohlkörper selbst war schon der keramische Adam, das Hauchobjekt Gottes. Adam, das Hauchbild Mensch. Bei den Boxen sind immer zwei im Spiel. In den Boxen. Continuum und Contentum, der Inhalt und das Enthaltende – am Boxenstop der großen Raumboliden Ewigkeit und Unendlichkeit. Schachterldeifi. Beam uns runter, Scotty. Zurück aus den Weiten des Alls in die whiteBOX.

Dort werden also am 25. Februar 2010 sechs Fotografen zeitgenössische Positionen beziehen.
Joss Bachhofer, Verena Frensch, Klaus von gaffron, Bettinagorn, Christoph rehm und Yukara Shimizu.

Zum klinischen Rigor des „sauber und schnell“ sei gesagt, derlei Kategorien waren nicht Gegenstand der Arbeiten, auch nicht verwandte Notationen wie sozial, dokumentarisch, politisch oder Anderes ideologischer Provenienz. Nein, es geht mehr um Hohlraumselbständigkeiten,
Vorrangiges. Autopoiesis. Selbstzeugung im Fotokessel. Aus Erfahrung weiß man, ahnt man, dass in der Versuchsanordnung Höhle-Wirklichkeit-Box von selbst jede Menge von Prozessen ablaufen, die nicht eines idealistischen Impulses bedürfen. Schärfe-Unschärfe, Innen-Außen, Verschmelzungen, Verschwinden, Auftauchen, Täuschungen, Illusionen.

Text: Michael Wüst
Dr. Patrizia Drück schreibt über die Teilnehmer:

Joss Bachhofer bezeichnet seine Arbeiten als „hybride Fotografie“. Er verwendet eine Mischtechnik, die die Wechselbeziehungen von Fotografie und Malerei eruiert. Die konkrete Bedeutung des Einzelbildes, oft Vorlagen aus dem Internet, tritt in den Hintergrund und regt neue Interpretationsräume an.

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Zwischen der künstlerischen Suche nach der idealen Landschaft oder der Thematisierung des verlorenen Paradieses bewegen sich die Arbeiten von Verena Frensch. Ihre meist digital nachbearbeiteten Bildräume sind metaphysischer Art. Überirdische Wolkenformationen mit dramatischer Lichtregie, üppige paradiesische Landschaften oder trostlose Industriebrachen stehen als surreale Szenerien gleichnishaft als Sinnbilder für einen neuen Weltentwurf.

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Klaus von Gaffron fotografiert analog und digital, bearbeitet seine Fotobilder jedoch nicht mehr nach. Seine „Fotobilder“ zeichnen sich durch ein Wechselspiel von Licht und Farbe aus und abstrahieren gleichsam als fotografische Malerei das fotografierte Objekt. Die Bilder verschwimmen in der Unschärfe des Momentes und erzählen gleichzeitig von Erscheinungen, welche vertraut und doch fremd wirken.

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In den Fotoarbeiten von Bettina Gorn rückt der menschliche Körper ins Blickfeld und wird in seiner Verletzlichkeit und Bewegtheit momenthaft festgehalten. Die äußere Hülle des Materiellen scheint aufgelöst, schafft neuen Raum für die Energie des Wesenhaften.

Christof Rehm fotografiert mit dem Handy aus einem fahrenden Zug. Es sind Landschaftsaufnahmen, die Ausschnitte von Waldlichtungen in der Dämmerung, romantisch und geheimnisvoll durch Nebel und Unschärfen verklären. Digital nachbearbeitet entstehen letztlich autonome Bildwirklichkeiten, die vergrößert und auf Alu-Dipond aufgezogen eine ganz eigene ästhetische und fast poetische Bildwirkung entfalten.

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Yukara Shimizu konzentriert sich ebenfalls hauptsächlich auf vorgefundene Naturausschnitte. Die menschenleeren Szenerien im nächtlichen Wald werden von bläulichem Licht nur minimal beleuchtet. Durch die magische Dunkelheit verwandelt die Künstlerin das Alltägliche und Vertraute in ein unbekanntes Mysterium. Die Unschärfe und das Dämmerlicht verinnerlichen das augenblickliche, romantische Naturerleben.

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Ausstellung “Fotobox”; 26.2. bis 28.3.2010
Vernissage: 25.2.; 19 Uhr

White-Box
Grafinger Straße 6
Do/Fr: 17-21 Uhr
Sa/So: 15-21 Uhr

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