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Bouldern an der Isar? Urban Climbing in München

Yannik Gschnell

Wir lieben München. Aber wie in jeder gesunden Beziehung muss auch diese Liebe Kritik nicht nur aushalten, sondern daran wachsen. Gerade die Nutzung des öffentlichen Raums muss verbessert werden. Wir erleben gerade den ersten Coronasommer und die ganze Stadt flüchtet nach draußen – doch wohin genau? Egal ob im Englischen Garten oder am Gärtnerplatz, überall sammeln sich die Massen auf der Suche nach Freiraum.

Alle wollen raus – doch wohin?

Einen solchen Freiraum suchen viele Sportler*innen teils vergebens in München und auch im kommerziellen Bereich sind Fitnessstudios oder Kletterhallen zwar wieder geöffnet, doch von Normalität kann noch nicht die Rede sein. Am Beispiel unserer neuen großen Liebe, den Schanigärten, sieht man wie ganze Straßenzüge aufblühen und Leben an aufgegeben geglaubte Orte zurückkehrt. Alles was man dazu braucht, ist den Mut, neu zu denken und sich an Städten zu orientieren, die diese Lücke schon früher erkannt und erfolgreich gefüllt haben.

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In Barcelona, Melbourne und Shanghai wurden bereits erfolgreich Boulder- und Kletterwände in das Stadtbild integriert und auch in München wächst der Wunsch nach urbanen Bouldermöglichkeiten. Zwar gibt es bereits Angebote, doch diese sind entweder kommerziell oder – wie am Innsbrucker Ring – für Kinder ausgelegt und zudem sanierungsbedürftig.

Boulderwände für die Stadt

Ein Gruppe Boulderer haben sich deshalb diesem Problem angenommen und mögliche Boulderstandorte in der Stadt identifiziert. Einer von ihnen ist Max Gemsjäger. Mit einem abgeschlossenen Architekturstudium und einer Leidenschaft fürs Bouldern läuft er mit anderen Augen durch die Stadt. Die Anforderungen an einen Boulderspot sind eigentlich gering – genug Platz, um beim gewollten oder ungewollten Abstieg nicht auf der Straße oder im Wasser zu landen und überdacht sollte ein solcher Ort im besten Falle sein.

Solche wetterunabhängigen Boulderspots könnten unter dem Nordbau der TUM, der Donnersbergerbrücke und der Hackerbrücke hochgezogen werden. Die Kommunikation mit der Stadt erweist sich dabei aber als eher schwierig, denn vom Brückenbau bis hin zum Sportreferat, fühlt sich niemand richtig zuständig. Lediglich am TUM-Standort gibt sich Max optimistisch, allerdings ist hier die Frage der Haftung bei Unfällen noch offen.

Konkreter wird es erst im Rahmen des Wiesn-Ersatz-Programms “Sommer in der Stadt”, so gibt es Pläne, eine Boulderwand auf der Theresienwiese aufzustellen, und sie nach den Festlichkeiten an anderer Stelle ins Stadtbild zu integrieren. Die Zulassung ist da, jetzt fehlt nur noch die Finanzierung, die Max und sein Team stemmen müssen. Deshalb suchen sie aktuell nach Sponsoringmöglichkeiten. Kontaktieren kannst du Max über Instagram.

Nachhaltig Bouldern

Während die Standortfragen noch zu klären sind, arbeitet das Team aus Ehrenamtlichen gleichzeitig an einer nachhaltigen Produktion. Bislang bestanden Boulderwände hauptsächlich aus Verbundsstoffen. Griffe und Wandelemente können also nicht recycelt werden.

Deshalb will Max in Kooperation mit Precious Plastic Klettergriffe aus Münchner Kunststoffabfällen herstellen. Dazu muss Müll gesammelt, gewaschen und geschreddert werden, um anschließend per Spritzguß in Griffform gebracht zu werden. Die Wand selbst soll aus Sperrholz gebaut werden, welches aus Restbeständen Münchner Handwerksbetriebe aufgekauft oder aus Spenden zusammengetragen werden soll.

Bis es soweit ist, müssen allerdings noch einige Finanzierungs- und Verwaltungsfragen geklärt werden. Doch bouldern kannst du trotzdem.

Building + Bouldern = Buildering

Gebouldert wird überall: in der Halle, in den Bergen, aber eben auch gerne an Gebäuden. Die Essenz des Boulderns ist ganz einfach: Ich will hoch. Doch den Weg nach oben muss man sich erarbeiten, indem man in der Struktur der Felsen oder den vorgegebenen Routen an der Kletterwand einen Weg nach oben findet. Manche Gebäude sind wie geschaffen, um sich Struktur für Struktur nach oben zu arbeiten.

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Ein Münchner Buildering Geheimtipp ist die Wittelsbacherbrücke. Wenn es dir also jetzt in den Fingern juckt, dann ab in Richtung Flaucher. Ein weiterer Tipp für Einsteiger*innen: probier es erst auf der Nordseite, da gibt es weniger Zuschauer!


Beitragsbild: © Henk Hommes

1Comment
  • Tim Jacobs
    Posted at 20:41h, 18 Juli

    Sehr schöne Idee! Wenn noch Unterstützung beim Bau oder baulichen Fragen besteht meldet euch gerne! Tim von Buildering-Spots. Vielleicht sind ja unsere „Kletterfassaden“ was für einen Spot. Grüsse

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