Kultur

Das erste Mal

Markus Michalek

markusmichalek

Eintrag Nr. 9: Das erste Mal.

Einmal ist immer das erste Mal, was wie eine platte Weisheit klingt…

In meinem Fall geschah es an einem Donnerstagabend im Frühmärz, gegen 00:25h vielleicht, als am anderen Ende der Telefonleitung ein geduldiger Mitbewohner meine Emails durchforstete.

Lies schneller, sagte ich.

Da sind keine neuen Mails.

Doch, sie müssen da sein!

Sie war da. Sie war da. Sie war da. Mit ihr, das Bangen um ihren Inhalt. Ein Moment, der bis zum zerreißen angespannt jene Intensität in sich trägt, nach der zumindest ich mich so sehr sehne: Leben, in seiner reinen (und manchmal grausamen) Form.

Dieses Gefühl, gleicht in etwa dem Moment nach meinem ersten Zug an einer Zigarette.

Hinweis zu möglichen Nebenwirkungen:

Sollten diese Zeilen gerade von jemand gelesen werden, der entweder minderjährig, militanter Nichtraucher, im öffentlichen Gesundheitswesen tätig oder anderweitig Widerwillen verspürt, empfiehlt der Autor nun den Abbruch der Rezeption.

Zuerst passierte gar nichts, dann kam der Husten, danach, mit hochrotem Kopf, aber stolz, stand man unter der Brücke, ein oberbayerischer, längst begradigter, gezähmter Fluss zog ruhig seine Bahnen und die Welt hatte sich nicht im Geringsten verändert. Könnte so  gewesen sein, stimmte aber nicht. Ich hatte mich verändert, fühlte mich zum Mann geworden. (Eine Illusion, aber dieser Glaube versetzte Berge und vermochte auch aus einem ehemals pickeligen, schlaksigen und sicherlich nicht welterfahrenen Jungen für einen Moment lang unvermittelt einen nach Kalifornien strebenden Beatnik zu machen. Wie das Mann-Werden dann tatsächlich geschah, ist eine andere Sache und dass ich nie nach Kalifornien ging, auch.)

Was damals eine Illusion war, ist es heute nicht.

Klar habe ich nicht gehustet, habe mir die Mail wortwörtlich etwa viereinhalb Mal vorlesen lassen – aber nach der ersten Schocksekunde, dem in millionenfacher Geschwindigkeit wiederholtem Gedanken daskanndochgarnichtwahrsein, einem Todd Andersonschen Ur-Schrei, der durch die nächtliche Münchner Damenstiftstraße hallte, ein Türsteher blickte besorgt, belustigt, verärgert zu mir herüber, stellte sich nur eins ein: ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit.

Dass da etwas in mir geschehen war, worauf ich gehofft hatte, dass dieses Geschehnis nun lange Nächte, zerraufte Haare und ein fast neurotisches Verhalten, als es darum ging, den richtigen Schluss für eine Geschichte zu finden, rechtfertigt.

Zu einem Literaturwettbewerb eingeladen zu werden, vor allem, wenn es ein Wettlesen ist, (nicht zu verwechseln mit dem neudeutschen Poetry-Slammen, obwohl gewisse Ähnlichkeiten bestehen dürften) heißt noch lange nicht, gewonnen zu haben. Das steht auf einem Papier. Aber Momente wie dieser sind ein weiterer Schritt die richtige Straße entlang, in ihr warten noch viele Sachen darauf, entdeckt zu werden. Es ist das erste Mal – man vergisst es im Leben nicht …

Nachtrag I: Es war eine Camel ohne, dies soll der Vollständigkeit halber erwähnt sein.

Nachtrag II: Infos zu diesem Abend?

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