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Ein Jahr ohne Clubs – Interview mit HDSN

Seit einem Jahr sind die Clubs in München inzwischen geschlossen und abgesehen von Live-Streams aus den üblichen Etablissements ist es ziemlich still um die Münchner Club-Szene geworden. Statt Ausgehen verbringen wir die Abende in Selbstisolation im eigenen Wohnzimmer, hören Musik nur, wenn wir sie selbst anmachen. Tanzen gehen, neue Leute an der Bar kennenlernen und alles was ansonsten zu so einem Abend am Wochenende dazugehört hat, bleiben fürs erste aus.

Michael Bihler aka HDSN hat mit seinem digitalen Release “Isolated Love” eine Liebeserklärung ans Nachtleben geschaffen und im Video bei diversen Münchner Bars und Clubs vorbeigeschaut. Wenn schon nicht live vor Ort, dann wenigstens auf dem Bildschirm.

Seit einem Jahr sind die Clubs inzwischen geschlossen, was fehlt dir aktuell am meisten?

Am meisten vermisse ich es definitiv Musik, für Leute zu spielen und die Menschen und mich selbst aus ihrem Alltagsstress zu befreien. Im Gegensatz zu meinen Nachbarn, vermisse ich es auch sehr laute Musik zu hören wie zum Beispiel auf der Blitz Anlage. Es fehlt mir auch, mich im Geschehen der Nacht treiben zu lassen, da fühle ich mich am meisten mit der Gegenwart verbunden und spüre das Leben. Dann lebe ich im Moment, was man heutzutage durch den hektischen Alltag kaum noch kann. 

Wie hast du das letzte Jahr über die Münchner Clubszene wahrgenommen?

Naja, viel passiert ist ja nicht, weil auch nicht viel möglich war durch die ganze Pandemie. Trotzdem war es schön zu sehen, dass man sich versucht hat, neu zu erfinden, wie zum Beispiel durch die zahlreichen Live Streams und auch unter den strengen Auflagen versucht, ein Angebot zu liefern. Es wurde jede Möglichkeit ausgenutzt, die man eben hatte, sei es durch kleinere Events in Off Locations oder zum Beispiel bei Ausstellungen/Vernissagen. Man hat versucht, der Problematik zu trotzen und das fand ich ziemlich stark. 

Lockdown und Social Distancing sind inzwischen zum Alltag für uns alle geworden, womit beschäftigst du dich aktuell?

Um ehrlich zu sein, hat sich mein Leben nicht sehr viel verändert arbeitstechnisch, da ich von zu Hause arbeite, wo ich mein Studio habe und auch die ganze Arbeit für mein Label erledige. Ich versuche daher einfach, die Zeit zu nutzen und so produktiv wie möglich zu sein, an neuer Musik und Projekten für dieses Jahr zu arbeiten und mir Zeit zu nehmen, um Energie zu tanken. So negativ die aktuelle Situation auch sein mag, so hat sie auch ihre guten Seiten, da man die Möglichkeit hat mal kurz inne zu halten im ganzen Trubel des modernen Lebens. Außerdem denke ich, es macht keinen Sinn den Kopf in den Sand zu stecken, deshalb versuche ich positiv zu bleiben und genauso weiter zu machen wie immer. Gibt ja genug Menschen, die wirklich schwere Schicksalsschläge erlitten haben und um ihre Existenz bangen müssen momentan, davon kann ich mich zum Glück ausnehmen.

Erzähl uns doch ein bisschen was zu deinem Track, im Video schaust du ja auch bei diversen Münchner Clubs und Bars vorbei, welche Message möchtest du damit senden?

Die ganze Idee zu dem Track ist eigentlich ziemlich zufällig entstanden, nachdem eine Freundin von mir ein Bild aus einem vergangen Urlaub mit der Überschrift “Isolated Love” gepostet hatte. Natürlich ist die ganze Isolation für mich trotz allem auch belastend. Ich fühl mich momentan wie bei “50 erste Dates” und erlebe jeden Tag genau gleich seit Lockdown Beginn. Ich stehe auf, arbeite bis mittags, dann hole ich mir meinen Smoothie, was mein Highlight des Tages ist, arbeite weiter bis abends, geh ne Runde laufen, verbringe ein paar Stunden in meinem Jacuzzi (aka meiner Badewanne), esse zu Abend und arbeite nochmal ein bisschen bis ich ins Bett falle. Der Unmut wächst also auch bei mir, wie schon gesagt, ich vermisse es sehr, für Leute Musik zu spielen und sehne mich wie jede*r andere nach sozialem Leben. Gerade weil ich von Zuhause aus arbeite, war für mich das Leben am Wochenende ein wichtiger Ausgleich, der nun komplett wegfällt. Dazu kommt noch diese nie aufhörende Flut an negativen Nachrichten, die einem ein schlechtes Gefühl vermittelt. Mit “Isolated Love” wollte ich einfach mal die ganze Negativität brechen und etwas Positives in den Köpfen der Menschen implementieren, etwas, das ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert in der ganzen Krise, aber auch vermittelt, dass wir aktuell alle dasselbe durchmachen und nicht alleine sind mit unseren Sorgen. Ich denke viele Leute finden sich in genau der selben Lage wieder momentan, vermissen es auszugehen, auf ein paar gute Drinks in Bars wie das Trisoux oder das Zephyr oder im Blitz oder dem Harry Klein durch die Nacht zu tanzen, deshalb fand ich die Idee schön das in einem Track festzuhalten und zu visualisieren. Ich wollte aber auch aufmerksam darauf machen, wie wichtig Clubkultur ist und das sie maßgeblich eine Rolle im Leben der Menschen spielt. Man sammelt ja im Club Erfahrungen, die sich bis in den Alltag ziehen und diesen durch das Soziale und die gute Zeit positiv beeinflussen. Ohne ein blühendes Leben wird die Seele einfach regelrecht eingeklemmt. 

Was machst du als erstes, wenn die Clubs wieder öffnen?

Am liebsten für 24 Stunden am Stück für die Leute Musik spielen und meine Dancemoves ausgelassen auf die Probe stellen. 


Beitragsbild: © NBAST

Sophia Hösi
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