Corona. Virus und Bier.
Aktuell, Stadt

Feiern am Gärtnerplatz: Einmal Corona zum Mitnehmen bitte!

Barbara Manhart

Freitagnacht. Party am Gärtnerplatz. Plätze waren in Städten schon immer beliebte und belebte Orte. Märkte, Sightseeing, Cafébesuche, aber eben auch ein, zwei oder drei Absacker nach der Arbeit. Die ein oder andere Feier. Seit der Corona bedingten Schließung von Alternativ-Pilgerorten, wie Bars und Clubs, hat das Ausmaß der dort stattfindenden Partys jedoch enorm zugenommen.

Platzpartys: Zwiegespaltenheit der Protagonisten

Den Menschen bietet sich bei gutem Wetter und warmen Temperaturen eine attraktive Alternative zum Feiern in Lokalen und Clubs. Darüber freuen sich die Anwohner allerdings weniger, denn die Feiernden sind laut und es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen. Die Folge: Vermehrte Beschwerden der Anwohner und Einsätze der Polizei. Gleichzeitig werden die Coronabestimmungen nicht eingehalten, selbst wenn das theoretisch möglich wäre. Es macht schließlich wenig Spaß mit Maske und 1,5m Abstand zu feiern. Trinken und Rauchen ist dann auch schlecht möglich.

Steigende Zahlen: Anlass zur Sorge?

Wir befinden uns nun aber leider in einer Pandemie, welche gewisse Hygienemaßnahmen und -standards nötig macht. Während die letzten Monate mit den immer weiter sinkenden Fallzahlen einen Lichtblick am Ende des Tunnels andeuteten, entpuppte sich das Ganze nur als eine Laterne inmitten der Fahrt durch die Dunkelheit. Tatsächlich steigen die Zahlen der Neuinfektionen seit einigen Wochen wieder. So hoch wie momentan waren sie seit April nicht mehr. Schuld daran sind aber nicht nur die ausufernden Feiern. Unvorsichtige Urlaubrückkehrer, die Partys trotz nicht vorliegendem Testergebnis besuchen, sorgen mit einem anschließend positiven Testergebnis dafür, dass hunderte Leute in Quarantäne müssen.

Maßnahmenergreifung: Beschlüsse der Stadt

All diese Themen werden im Stadtrat eifrig diskutiert: Corona, der Ärger der Anwohner, die Feierlaune der Anderen. Und jede Partei möchte damit anders umgehen. Die CSU plädierte bereits vor zwei Monaten dafür ein Alkoholverbot sowie eine Sperrstunde zu erlassen. Gegenstimmen wurden laut, das Problem würde damit nur ausgelagert, da sich die Menschen einfach in umliegende Gassen und auf anderen Plätzen verteilen würden. Kein abwegiger Gedanke. Immerhin haben sich die Feiern erst von drinnen nach draußen verlagert.

Der Vorschlag der CSU scheiterte. Zunächst. Anfang der Woche lenkte Oberbürgermeister Reiter (SPD) schließlich ein. Er könne sich nun doch ein Alkoholverbot vorstellen, da es so einfach nicht weitergehen könne. An einem runden Tisch wurde dieses dann gestern zusammen mit weiteren Maßnahmen beschlossen. Diese schließen ein Verkaufsverbot von Alkohol ab 21 Uhr und ein Konsumverbot ab 23 Uhr auf allen Plätzen in München ein. So soll auch verhindert werden, dass die Feiernden sich einfach an einem anderen Ort niederlassen. Diese Regelung tritt in Kraft, wenn innerhalb von sieben Tagen mehr als 35 Infektionen auf 100000 Einwohner eines Landkreises erfasst werden. Im Moment befindet sich diese Zahl bei 29,3. Es bleibt abzuwarten, ob der kritische Wert erreicht wird.

Wer nicht hören will, muss fühlen

Es ist gut, dass eine Entscheidung getroffen wurde. Dennoch wurde so wieder einmal verhindert, dass die Politik Menschen vermeintlich auf die Füße steigt. Wäre keine Entscheidung gefallen, hätten die Politiker die Wut der Anwohner weiter ertragen müssen. Hätten sie sofortige Verbote eingeführt, wären sie dafür von den Partywütigen verurteilt worden. So überlassen sie die Entscheidung einem Virus, das logischerweise nicht bewusst handeln kann. Handeln können nur einzelne Bürger*innen. Und je nachdem wie sie handeln, ist das eine Entscheidung für steigende Infektionszahlen, verschärfte Regeln, einen erneuten Lockdown oder eben dagegen. Die Politik setzt also darauf, dass die angedrohten Maßnahmen die Leute zum Umdenken bringt. Und wenn nicht, dann können sie danach in die Aufregung rufen: „Wir haben es ja gesagt!“ Unwahrscheinlich ist es auf jeden Fall nicht, dass die Maßnahmen geltend gemacht werden.

Corona ähnelt einer Kollektivstrafe

Das aktuelle und gefährdende Verhalten von den Bürger*innen hat eine Anwohnerin am Gärtnerplatz in einem Interview als „Corona-Amnesie“ bezeichnet. Blöd nur, dass Corona nichts ist, was man einfach aus seinem Kopf verdrängen kann. Corona ist allgegenwärtig und überall. Corona wird uns noch lange beschäftigen. Die Leidtragenden in dieser Geschichte sind jedoch nicht (nur) diejenigen, die mit ihrem asozialen Verhalten sich selbst gefährden. Sie gefährden auch die Menschen um sich herum. Menschen, die sich an die vorgegeben Regeln halten und dann aber trotzdem von strengeren Maßnahmen getroffen werden. Ein erneuter Lockdown würde die so oder so schon Überlasteten am Härtesten treffen. Besitzer von kleinen Läden und Lokalen, Eltern die Arbeit und Homeschooling unter einen Hut bringen sollen, Schüler, Studenten, Senioren. Vielleicht wäre es also sinnvoll, die Grenzen nicht immer bis zum Letzten geht-nicht-mehr auszureizen, sondern den gesunden Menschenverstand und Moral walten zu lassen. Auch wenn das bedeutet etwas zurückstecken zu müssen. Denn Corona kann nur dann eingedämmt werden, wenn alle an einem Strang ziehen.


Beitragsbild: © Photo by Filip Mishevski on Unsplash

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons