Kultur, Live
Hader über Hader
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Am 26. und 27. Oktober war der Kabarettist Josef Hader mit seinem Programm Hader spielt Hader im Audimax in München zu Gast. Nach einem gelungenem „Suppenschüssel-Abend“ nahm sich der Österreicher Zeit für Autogramme, Gespräche mit den Zuschauern und ein Interview mit uns. Trotz sichtlicher Erschöpfung (zwischen seinen Antworten leerte er eine ganze Flasche Mineralwasser) saß uns der „echte Hader“, anders als in seinem Programm, überraschend fröhlich und motiviert gegenüber.
Josef, vor zehn Minuten erst von der Bühne. Wie war der Abend heute für dich?
Ich habe gestern und heute hier in München gespielt. Also Samstag und Sonntag. Und es ist immer so, man kann sich darauf verlassen, dass das sehr verschiedene Abende sind. Samstag-Publikum reagiert mehr, ist etwas lauter. Sonntag-Publikum ist ruhiger und hört mehr zu. Das ist schon fast ein Naturgesetz.
Merkst du denn auch einen Unterschied zwischen österreichischem und deutschem Publikum?
Ländermäßig nicht wirklich. Der stärkere Unterschied liegt eher darin, wo man spielt, also in welchem Raum. Ein Audimax in der Uni ist in Wien und München von der Reaktion ziemlich ähnlich. Ein Theater ist ein anderer Raum, da herrscht sofort eine andere Atmosphäre. In einem kleinen Kabarett-Lokal ist es wieder anders… Es hängt stärker vom Raum ab, als von der Stadt oder vom Land.
Wo spielst du dann am liebsten?
Eigentlich in der Uni, die ist immer super. Oder in schönen Theaterräumen, die mag ich auch besonders gerne. Räume die ansteigen, wo das Publikum wie in einer Suppenschüssel vor dir sitzt.
Es gibt ja neben dir nicht besonders viele österreichische Kabarettisten, die in Deutschland Erfolg haben. Hast du dafür ein Konzept entwickelt oder ist das Zufall?
Hauptsächlich ist es so – und das gilt auch für deutsche Kabarettisten… und Kabarettistinnen – dass die, die sich mit sehr stark tagespolitischen Ereignissen beschäftigen, immer Schwierigkeiten außerhalb ihres Landes haben werden. Das ist das Eine. Das Zweite ist die Sache mit der Sprache. Wenn man weiter hinauf will, als Bayern, muss man sich sprachlich etwas überlegen. Wenn man das will! Es reicht ja auch in Bayern zu spielen, Bayern hat, glaube ich, fast doppelt so viele Einwohner wie Österreich.
Warum wenige weiter hinauf gehen hat vielleicht auch damit zu tun, dass… (überlegt) siehst du jetzt sind wir an dem Punkt in meinen Programm, an dem ich eigentlich sagen müsste: „I woas net!“ Keine Ahnung warum das so ist. Vielleicht probieren es zu wenige. Vielleicht, sagen manche, wenn sie in Österreich gutes Publikum haben: „Jetzt hob i eh do mei Publikum, jetzt müsst i in Deutschland wieder alles neu aufbauen“. Vielleicht sind manche einfach zu bequem. Aber ich habe keine richtige Erklärung. Es gibt ja ein paar… Alfred Dorfer, Alf Poier, Stermann und Grissemann… Es kann schon funktionieren. Manche fahren vielleicht nicht so gerne herum. Du musst ja in Kauf nehmen, dass du einen wesentlichen Teil deines Lebens auf deutschen Autobahnen verbringst!
Kamst du irgendwann an einen Punkt, an dem du dich entschieden hast dein Glück auch in Deutschland zu versuchen, oder war das ein schleichender, unbewusster Prozess?
Das hat ganz normal begonnen, dass ich einmal eine Anfrage von München bekommen habe. Dann hatte ich hier meine Premiere und wurde total verrissen. Dann sagte ich mir: „jetzt will ich es wirklich wissen“ und habe mich mit meinem nächsten Programm viel besser vorbereitet. Das lief dann gut. Wenn man einmal in München spielen durfte, dann kann man auch dort und da in Bayern spielen, so pflanzt sich das langsam fort. Der erste Auftrittsort in Deutschland war aber München.
Was ist denn für dich der Reiz an dem Beruf. Auf der Bühne zu stehen und Menschen zum Lachen und Nachdenken zu bringen oder eher das Schreiben der Programme im Hintergrund, die Arbeit als Autor?
Vielleicht ist es einerseits die Abwechslung zwischen diesen zwei komplett unterschiedlichen Arbeiten. Und der zweite Punkt ist diese Direktheit, die der Beruf hat. Dir fällt in einem Moment etwas ein und kannst es sofort auf der Bühne machen. Als Romanautor brauchst du einen Verlag, als Schauspieler brauchst du das Theater, wenn du einen Film machst brauchst du noch mehr Geld… Als Kabarettist oder Comedian schreibst du etwas und am nächsten Tag kannst du schon auf die Bühne gehen und es machen. Es ist mit keinerlei Unkosten verbunden, es ist eine große Unabhängigkeit und Direktheit. Ich glaube das ist das Faszinierende, dass es im darstellenden Bereich kaum einen unabhängigeren Beruf gibt.
Um noch kurz auch auf deine schauspielerische Arbeit zu sprechen zu kommen. Viele deiner Rollen haben doch irgendwo viele ähnliche Charakterzüge. Sind es diese bestimmten Rollen, die du dir selbst gerne aussuchst?
Ich glaube ich habe nicht so eine breite Bandbreite. Es gibt eine gewisse Bandbreite, die ich spielen kann, sei es ein eher introvertierter Charakter oder einer, der gerne aus sich herausbricht – so etwas kann ich machen… Ich habe eine gewisse schmale Bandbreite und eben nicht so eine breite, wie andere Schauspieler.
Also glaubst du, dass dir gewisse Rollen einfach besser liegen? Oder spielst du diese Charaktere auch lieber?
Eigentlich ist es schon angenehm ein bisschen abwechselnd zu spielen. Ich habe mich zum Beispiel sehr gefreut, dass ich ab und zu Angebote bekommen habe, für Filme, die keine Komödien waren und ich auch in richtig tragischen Filmen spiele. Es ist schön so eine Abwechslung zu haben, manchmal etwas härtere Typen zu spielen und manchmal wieder weichere. Es gibt eine gewisse Bandbreite, die mir auch viel Spaß macht aber über die hinaus tue ich mir schwer, das gebe ich offen zu.
In der Rolle des Brenner bist du ja fast schon so etwas wie eine Kultfigur. War der Charakter, der Typ Brenner, so wie du ihn darstellst komplett von Wolf Haas vorgegeben oder warst du beteiligt an der Charakterisierung?
Das ist schon eine starke Zusammenarbeit. Alle diese Filme sind eine Zusammenarbeit zwischen dem Autor Wolf Haas, dem Regisseur Wolfgang Murnberger und mir. Wir wollen miteinander etwas neues machen, das nicht eins zu eins das Buch übersetzt, sondern ein Stück weit weg gehen darf.
Wir haben heute Abend das Programm „Hader spielt Hader“ gesehen, wo du dich natürlich nicht zur Gänze einfach selbst spielst. Was würdest du sagen, ist der größte Unterschied zwischen dem Hader auf der Bühne und dir privat?
Naja hoffentlich ist er spannender…
Der Kabarettist auf der Bühne?
Ja. (lacht)
Hältst du dich für langweilig?
Ja, nein… Natürlich nicht, aber der Hader auf der Bühne ist eine konzentrierte Figur, die konzentriert einiges in sich: Eigenschaften, die ich habe, aber auch Eigenschaften, die ich gerne hätte. Sie ist vielleicht ein bisschen mutiger… (lacht), ist spannender, hat nicht so viele Durchhänger, versucht es nicht allen Recht zu machen – was ich manchmal privat zu sehr versuche. Also es gibt schon einige Unterschiede.
Du bist ja nur teilweise politisch, aber glaubst du, die NSA hört auch dich ab?
Nein! Da bin ich überzeugt! Obwohl im Grunde… nachdem sie alle Mails nach Schlüsselbegriffen durchschaut… Also wenn man was falsches schreibt… Ich kann sozusagen jederzeit herbeiführen, dass sie mich abhören. (lacht) Ich muss nur irgendetwas reinschreiben wie Al Kaida, Al-Akbar oder so… (lacht)
Aber generell glaubst du zu wenig Einfluss zu haben und sie dich nicht für relevant halten?
Ja… Ich glaube, dass generell die Künstler in unserer Gesellschaft einerseits große Freiheit genießen, dafür nehmen sie in Kauf, dass sie nicht so sehr ernst genommen werden.
Wie gehts bei dir weiter, stehen irgendwelche neuen Projekte an?
Wir möchten im Frühjahr einen neuen Wolf Haas Roman verfilmen, nämlich „Das ewige Leben“ und dazu sind wir gerade in Vorbereitung. Wir schreiben… und schaun mal, ob‘s was wird.
Das wird schon was werden, oder?
Ja mal schaun. (lacht) Ja, wir sind bereits bei der sechsten Drehbuchfassung und machen auch schon Castings, überlegen wer was spielen könnte… Es ist schon recht konkret, immerhin sollen im März die Dreharbeiten beginnen.
Wer auf den Geschmack gekommen ist und am vergangenen Wochenende nicht dabei sein konnte, darf sich den 23. und 24. November schon einmal rot im Kalender markieren, an diesem Wochenende wird Josef Hader mit demselben Programm „Hader spielt Hader“ ein weiteres Mal in den Audimax München kommen.
Foto: © Udo Leitner