Gute Sache

#RefugeesWelcome: “Jeder, der hier war, wird das nicht vergessen“

Sharon Brehm

„Menschen sind glücklicher, wenn sie etwas im Magen haben.“ Das ist ein uneingeschränkt einfaches Konzept, um die Welt freundlicher zu gestalten, und die VoKü (=Volxküche) setzt es mit Gaskochern und veganen Gerichten genauso einfach und unkompliziert um. Mehr noch – Menschen, die eine neue Heimat suchen, könnte man wohl nicht schöner willkommen heißen als mit einer Tasse Tee und Humus.

Auf dem derzeitigen Standort der VoKü in der Richelstr. 7 höre ich von den vergangenen Tagen, von bewegenden Begegnungen zwischen Flüchtlingen und Helfern, und wie aus einem Hype vielleicht ein Paradigmenwechsel werden kann.

Nach etwas mehr als einer Woche sieht der Platz hinter der Donnersbergerbrücke aufgeräumt und entspannt aus, vielleicht ein wenig wie die Ruhe vor dem Sturm. Denn so recht weiß keiner, wann es das nächste Mal heißt „in 20 Minuten sind sie da“, oder wie viele Menschen, die auf der Suche nach Heimat sind, am Hauptbahnhof oder einer der anderen Ankunftsstationen landen. Aber im Moment ist die VoKü bestens vorbereitet: Das Gemüse ist geschnipselt, Reis mit Scheiß steht bereit, und Tee mit zu viel Zucker für meinen Geschmack, zu wenig für den der Ankommenden, ist aufgesetzt.

Alles wirkt ziemlich ungezwungen und spontan, aber gerade diese unbürokratische Schnelligkeit ist das, was die VoKü größeren Organisationen voraushat. Obendrein waren die ersten Tage eine gute Zeit um sich einen funktionierenden Ablauf zu erarbeiten, herauszubekommen, woher man Essensspenden bekommt, und um auch den Behörden zu beweisen, dass ihr Beitrag unerlässlich ist: „Auch wenn Leute nur auf der Durchreise seien sollten, nach 30 Stunden braucht jeder etwas zum Essen.“

So haben die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der VoKü am ersten Wochenende über 4000 Mahlzeiten ausgegeben und 100 Laib Brot belegt – und das mit einer Besetzung von maximal 30 Leuten. Das entspricht drei warmen Mahlzeiten am Tag für eine Person über mehr als drei Jahre hinweg.

Es klingt vielleicht ein wenig kitschig, aber auf dem Platz hinter den Gleisen ereignen sich gewissermaßen kleine, menschliche Wunder. Zum einen ist die Hilfsbereitschaft beeindruckend: unzählige Menschen spenden was sie können, Fremde kochen stundenlang bestgelaunt zusammen, und der sonst so anonyme Münchner bittet darum um jede Tag und Nachtzeit bei Not angerufen zu werden. Allein das – dass Menschen um des Helfens willens Helfen – ist ein schöner Gedanke. Doch manchmal erleben die Ortsansässigen Momente, die sich selbst ein Hollywood-Autor nicht hätte schöner ausdenken können. Es spielen Polizisten mit syrischen Kindern Fußball, Menschen verschenken ihre Mäntel und Familien finden sich nach 16 Jahren wieder.

VoKue3

Auf dem Platz helfen viele Menschen, die entweder frei oder freigeschaufelte Zeit haben, es wird massig gespendet, aber es gibt auch fragende, fast kritische Gedanken: Was, wenn das nur ein Hype ist und die mediale Flutwelle wieder versiegt? Für die Organisatoren der VoKü steht fest, dass man die Gunst der Stunde nutzen muss um auch an die Zukunft zu denken und vielleicht einen tatsächlichen Sinneswandel zu erreichen. Dazu gehört nicht nur die neu erfunden Gerichte in einem Rezeptbuch zu verewigen oder das Wissen über die Organisationsstruktur weiterzutragen.

Natürlich, auch die Migrationspolitik und Schlagworte wie die „Festung Europas“ müssen überdacht werden, aber es geht vor allem darum sich sein eigenes Bild zu machen. Jazz, die mir das Provisorium der VoKü zeigt, erzählt mir, wie emotional gerührt viele der Helferinnen und Helfer sind: „Jeder der hier war, wird das nicht vergessen“, und mit einem ermutigenden Augenzwinkern fügt sie hinzu: „Und viele der Ankommenden sprechen auch Englisch – man kann also ruhig vorbeikommen und einfach mit dem Menschen reden.

 

Mehr Infos:
VoKü München
Derzeitiger Standort: Richelstr. 7

 

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