Kultur, Was machen wir heute?

“Jetzt.de ist der Club an der Ecke”

Laura Höss
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Vor genau 10 Jahren ging die Seite Jetzt.de online. Diesen runden Geburtstag feiert die Mutter aller Internetmedien am Samstag mit einem großen Fest im ImportExport. mucbook gratuliert und hat zum Jubiläum Dirk von Gehlen, Redaktionsleiter und Online-Journalist der ersten Stunde zur Jetzt.de-Historie befragt.

Wie sah die Seite ganz am Anfang aus? Sie ging ja online kurz bevor das Jetzt-Magazin eingestampft wurde, 2001, einer Zeit als das Wort „Social Media“ noch nicht existierte. Gab es schon die Community des Jetzt.de-Kosmos  mit seiner Interaktivität, den Kommentarfunktionen, konnten User Texte posten?

Ja, die Community besteht seit dem Launch von Jetzt.de in der heutigen Form. Diese Interaktivität war von Anfang an Teil des Konzepts. Eigene Texte einstellen, Feedback zu Artikeln der Redaktion geben, die Diskussionen, die wir auch oft wieder als Anregung nehmen – Wir glauben, dass sich niemand besser mit dem Leben unserer Leser auskennt als der Leser selbst. Und diese Idee gab es schon beim „Papier-Jetzt“, das ebenfalls eine Homepage hatte. Die war aber im Grunde nur eine eindimensionale Abspielfläche für Magazintexte.

Was war der Beweggrund so ein Netzwerk ins Leben zu rufen?

Wir planten die Plattform wie einen netten Club, wo man sich mit der Redaktion treffen kann – virtuell. Wir dachten uns: da muss noch mehr drin sein, es muss noch mehr geben was die Leute verbindet. Es ist schön wenn es einen Ort gibt, an dem sie dies teilen können und vor allem Feedback bekommen. Denn jeder kann im Internet Texte veröffentlichen. Allerdings erreicht man auf Jetzt.de mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Menschen, die genauso an dem Thema interessiert sind wie Du.

Als wir am Anfang ständig mit StudiVZ verglichen wurden, habe ich immer gesagt: StudiVZ ist der Kunstpark Ost, Jetzt.de der Club an der Ecke, wo man seine Freunde trifft.

Du bist seit 2001, seit dem Beginn, Teil der Redaktion. Was hat sich in den letzten Jahren gewandelt, inhaltlich und auch konzeptionell?

Es gab ein paar große Änderungen, wobei das Grundprinzip, wir auf Augenhöhe mit den Lesern, geblieben ist. Aber wir mussten lernen, dass jeder Club einen Türsteher braucht, um mal bei der Metapher zu bleiben. Und dann hatten wir 2005 einen Relaunch, der bei den Usern nicht sehr gut ankam. Viele fühlten sich überrumpelt, als sei ihr Zimmer im Studentenwohnheim über die Semesterferien umgeräumt worden. Daraus schlossen wir, dass wir die Leser noch mehr mit einbeziehen müssen. Andererseits war dieser Aufschrei auch ein sehr großes Kompliment. Es hat gezeigt, wie wohl sich die Community in ihrem virtuellen Raum fühlte, dass das Konzept aufging. Wir sind nun mal kein Kanal, der nur liefert.

Inhaltlich haben wir unser Profil als Internetmagazin stärker definiert. Digitales Leben und die politische Frage danach, wie ich diesen Raum gestalten kann, ist ein großes Thema. Ein Beispiel: Den ersten Artikel über die Piratenpartei als neue soziale Bewegung hatten wir 2006 – sechs Wochen bevor die Piratenpartei Deutschland gegründet wurde.

Glaubst Du, ihr wart wegweisend damit? Viele Printmedien, wie z.B. die Neon, haben das Konzept der Community aufgegriffen.

Wir haben Jetzt.de nicht aus diesem Anspruch heraus gegründet, ein neues Genre zu schaffen, oder so. Wir wollten mehr etwas konzipieren, das wir selbst gerne lesen würden. Und ich glaube so ging es den Machern bei Neon oder dem Freitag auch.

Wie schnell ist die Community gewachsen, wie gut wurde sie angenommen?

Es gab ein stetiges Wachstum. Es hat jedoch gedauert bis die Community in dieser Form existierte. Allerdings kam dem Internet auch erst über die Jahre diese Art von Bedeutung zu, die es heute hat. Derzeit haben wir angemeldete 170 000 Nutzer und 1 Mio Leser pro Monat.

Wie wird die Zukunft von Jetzt.de aussehen? Entwickelt ihr euch vielleicht wieder mehr in Richtung Print? Mit den vierteljährigen Beilagen in der SZ habt ihr ja schon den ersten Schritt getan.

Das stimmt, die Beilagen „Uni&Job“ bzw. „Schule&Job“ sind ein Schritt zurück, wieder näher an die SZ. Jetzt.de ist und bleibt im Kern ein Internetprodukt, mit Internetthemen auf einer Internetplattform.

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