Haltestelle Prinzregentenplatz
Aktuell, Meine Halte

Meine Halte: Prinzregentenplatz – zwischen Pelzmänteln und Lederhosen

Marmor schmückt die Wände der U-Bahn-Station, während Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ durch die Lautsprecher des Schachts das Warten erträglicher machen soll. Das ist der Prinzregentenplatz rechts der Isar. Ich wohne schon seit 10 Jahren in dieser Gegend, die so viele Münchener Klischees erfüllt, wie sonst kein anderer Ort in dieser schönen Stadt.
Fangen wir also an, das ist meine Halte:

„Servus, ned drängln. Ois kemmat zua Wiesn. Die nächste U4 kimmt in 5 Minutn. Bittschön seids do so guad, nehmt’s die Nächste.“ 

Die schönste Jahreszeit in München, die Fünfte. Obwohl bei dem Gedanken an unser geliebtes Oktoberfest die Herzen der meisten Münchener einen kleinen Freudensprung machen, bleibt meins kurz stehen. An meiner Halte bedeutet “Wiesn” gleichzeitig überfüllte U-Bahnen und jeden Tag das Unmögliche schaffen: alleine in die U4 zu steigen und die – wortwörtlich – rotzvolle U-Bahn an einer anderen Station als der Theresienwiese wieder zu verlassen. Es ist unmöglich. Auch das nächtliche U-Bahn Fahren bis zu meiner Halte ist zu dieser Jahreszeit ein ganz besonderer Spaß für sich. 

„Schick-schick, Schick-schick, Schickeria“

Sobald man die U-Bahn verlässt und sich der Oberfläche des schönen Prinzregentenplatzes widmet, kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr hinaus – zumindest wenn man sich die Zeit nimmt, um die Kulisse mal (wirklich) wirken zu lassen. Die meisten Menschen rasen morgens in Hektik die Prinzregentenstraße hinunter, ohne auch nur einen Blick an die imposanten Jugendstilhauswände und das schöne Prinzregententheater rechts und links von der Hauptverkehrsader zu verlieren. Die Prinzregentenstraße, Hauptader der Münchner Verkehrs und für manche Anfahrt zum einst für seine Champagnerschlachten berüchtigten P1, durchschneidet den Prinzregentenplatz.

Noch bevor man vom Prinzregentenplatz das P1 erreicht, führt der Weg vorbei an einer ganz anderen Münchner Institution: dem 1400qm großen Feinkostladen Käfer. Diese Filiale alleine hat ein Angebot von 69 verschiedenen Mineralwassersorten – mit irgendwas muss man den Champagnerbrand ja löschen. Und nur echte Bogenhausener*innen brauchen dafür so eine riesige Auswahl an Wasser. Aber so ist sie eben, unsere liebe Schickeria. 

„Ich hab ein Haus, ein Äffchen und ein Pferd…“

Pipi Langstrumpf bekommt mit dem Lied auf jeden Fall Konkurrenz, die Leute an meiner Halte haben nämlich zusätzlich zu Häusern und einem Pferd noch mindestens 200 Pferdestärke vor der Tür stehen. Da kommt Pippi dann nicht mehr mit. Was die Anwohner um den Prinzregentenplatz dann wiederum ähnlich mit Pippi haben, sind die großen Gärten mit den noch größeren Anwesen. Ein Spaziergang hier im Villenviertel ist durchaus empfehlenswert. Wer will denn nicht gerne mal sehen, wo Franz Kafka, Thomas Mann, Boris Becker oder Jerome Boateng gewohnt haben? 

Allerdings war der Prinzregentenplatz auch Schauplatz für weniger Erfreuliches. Das heutige Polizeipräsidium am Prinzregentenplatz 16 war ab 1929 und dann zu seinem Tod das Münchner Domizil Hitlers. Seit 1949 fungiert das Gebäude als Polizeipräsidium, unter anderem, um Wiedervereinigungen von nationalsozialistischen Gruppen vorzubeugen und das Entstehen einer rechten Pilgerstätte hier zu verhindern.

Auf den zweiten Blick 

Der Prinzregentenplatz ist trotz Schickeria und einmal im Jahr vollgekotzten U-Bahnen auch so viel mehr als nur das: Auf den zweiten Blick ist die Gegend reich an Kultur und wunderschöner Architektur. Da gäbe es zum Beispiel die Villa Stuck, die Monacensia im Hildebrandhaus, die Theaterakademie und natürlich nicht zu vergessen, den wunderschönen goldenen Friedensengel, der über München wacht. Alleine die Linden, die den Prinzregentenplatz neben den dunkelbraunen Holzbänken umrahmen, schaffen eine einzigartige Atmosphäre. Zusätzlich verwandelt sich der Springbrunnen jeden Sommer zum Schauplatz für Wasserschlachten, die den ganzen Platz mit Kinderlachen füllen.

Wie so häufig, ist es die Mischung an meiner Halte, die sie ausmacht. Während die meisten hier das Klischee von München absolut bestätigt sehen, ist sie für mich einfach etwas ganz besonderes: Zusätzlich zu Pelzmänteln und Lederhosen gibt es hier so viel zu sehen und erleben. Dieser Mix verleiht dem Ort seinen ganz eigenen Flair. Das ist eben meine Halte: einzigartig und wahrscheinlich genau deshalb, so wunderschön.


Foto: © Malina Wiethaus

Malinas Weniger Bussibussi – Jutebeutel gibt es auf shop.mucbook.de