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Meine Halte – Folge 9: Rosenheimer Platz

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Ich liebe meine Haltestelle tief und innig, und jetzt kommt kein Aber, sondern ein Weil. Der Rosenheimer Platz ist ein Hybrid, er ist ein Nebeneinander an High Class-Kulturveranstaltungen und klotziger Architektur, exotischen Delikatessen und Straßenlärm – fein justiertes Chaos auf der anderen Seite der Isar. Das Leben ist eben viel öfters Schmusehaufen als nach Farben sortiertes Federmäppchen.

Eine Frage des Ausgangs

Vielleicht liegt das an den vielen verschiedenen Ausgängen? Wer oben am Berg aussteigt, könnte links nach Haidhausen abbiegen, dem französischen Viertel, dem Ort, an dem Hipsterkinder besser angezogen sind als, naja, die meisten Sterblichen. Zum Beispiel um den supergemütlichen Weihnachtsmarkt auf dem Weißenburger Platz zu besuchen auf dem man sich nach drei, mehr Glühwein verkreiseln kann. Außerdem gibt es ein paar feine Liebhaberbars, perfekt fürs zweite Date, wenn das Gegenüber sich nicht ganz so dämlich angestellt hat wie befürchtet.

Oder er wählt Rechts, die Au, gemütliches Leben, Ruhe, ein Frühstück im White Rabbit. Ein Moment Pause in weiß-rosanen Mädchenträumen.

Das untere Ende der S-Bahn-Haltestelle ist für all diejenigen, die nicht nur Wohnen, sondern vor allem Leben wollen. Kulturjunkies sollten dann den rechten Aufgang nehmen. Klassische Musik und Arthouse Filme im Gasteig, Poetry Slam in der Muffathalle, Eintauchen in römischen Quellen im Müllerschen Volksbad.

Und die andere Seite? Ich glaube, ich bräuchte nicht mehr zum glücklich sein. Lieblingseisladen True & 12, die knusprigsten Pizzastücke bei Pizzesco, Liebhaberkino Museum Lichtspiele, zwanzig Meter zur Isar, asiatische Lebensmittelgeschäfte, Thai-Plastikstuhl-Charme im Manam.

Auf der anderen Seite

Natürlich ist der Rosenheimer Platz kein Märchenland. Die Straße ist zu breit und laut, Ampeln sind Mangelware, Altbauschluchten findet man erst nach ein paar Gehminuten. Und es ist wohl nicht jedermanns Sache, die verschiedenen Ausgänge zusammen zu denken. Aber so ist das nun mal mit Hybridität, es geht darum die einzelnen Elemente und die Ästhetik von Unordnung anzuerkennen. Und das ist eben manchmal unbequem.

Was meine Freunde fein finden, ist dass der Rosenheimer Platz zur S-Bahn-Stammstrecke gehört und zur Not gibt es auch ein paar schicke Trambahnlinien (15/25 oben und 16 am Gasteig, unten). Ich darf mir nämlich oft Mal anhören, wie beschwerlich dieser Berg doch ist. Ach herrje…

Ich aber liebe es, mit meinem Radl am grünen S-Bahnschild vorbei zu cruisen. Es ist einfach herrlich, den Berg hinunter zu preschen und über die Ludwigsbrücke auf die andere Seite zu fliegen. Luftig, schnell, Freiheit für zwei Minuten. Und den Weg zurück? Da bilde ich mir einfach ein, dass ich davon einen Knackpo bekomme.

Foto und Beitragsbild: Sharon Brehm

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