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Münchner Gesichter mit Achim “Waseem” Seger

Florian Kappelsberger

Man findet ihn mit Mikrofon auf der Bühne, hinter dem DJ-Pult, bei Demonstrationen – und kürzlich sogar auf Wahlplakaten: Achim “Waseem” Seger ist überall unterwegs, um verschiedenste Projekte voranzubringen. Der 36-jährige Münchner tritt nicht nur als Rapper und DJ auf, sondern engagiert sich zudem gegen Rassismus und Radikalisierung. So leitet er Workshops für Jugendliche zum Thema Rap & Poetry, veranstaltet Safe Spaces für People of Colour und ist einer der Initiatoren des ausARTen-Festivals, das in diesem Jahr mit dem Bürgerpreis für Demokratie ausgezeichnet wurde.

Wir haben uns mit Waseem ausgetauscht – unter anderem über die Liebe zu Hip-Hop, künstlerische Vorbilder und sein bayerisches Lieblingssprichwort!

Beschreibe Deine Arbeit in drei Worten:

Hip-Hop, Empowerment, Anti-Rassismus.

Wie bist Du dazu gekommen, Dich so vielfältig zu engagieren?

Für mich ist Hip-Hop mehr als Musik. Hip-Hop ist ein Lifestyle, eine Einstellung zum Leben und zu gesellschaftlichen Themen. Daher hat es mir nie gereicht, mit Musik oder Poetry laut zu werden – ich wollte immer schon anpacken und das gesellschaftliche Zusammenleben verbessern.

Auf der Bühne bei Sound of Munich Now 2021 (© Ananda Nefzger)

Wie hast Du zu Hip-Hop, DJing und Poetry Slam gefunden?

Erst als Konsument, als Fan, als junger Hip-Hop Head. Dann hab ich irgendwann auch selbst angefangen, zu freestylen und mit Freunden zu rappen. So richtig zum Künstler wurde ich aber erst später als DJ im Milla Club, wo ich mich seit mittlerweile 9 Jahren weiterentwickeln konnte. Zuerst als DJ, dann als Veranstalter und schließlich auch selbst als MC auf der Bühne. Beim Poetry Slam war es ähnlich: Zuerst habe ich einen Poetry Slam veranstaltet – der vielleicht erste Poetry Slam in einer Moschee, dem Münchner Forum für Islam. Hier kam ich dann über i,Slam auch selbst zum schreiben und mittlerweile gebe ich auch selbst Schreibworkshops.

Wer oder was inspiriert dich? Was treibt Dich an?

Mich inspirieren schon immer starke Aktivist*innen wie Malcolm X oder Marcus Garvey. Vor allem Künstler*innen, die ihre Kunst mit Aktivismus verbinden, haben mich immer angetrieben, von Public Enemy über Immortal Technique oder Lowkey bis hin zu Roger Rekless. Ich finde, das ist wirklich große Kunst, wenn du es schaffst, schwierige Themen kreativ zu verarbeiten. Das verändert so vieles, in einem selbst, aber auch in der Gesellschaft.

Woran arbeitest du gerade?

Ich arbeite eigentlich immer an mehreren Projekten gleichzeitig. Gerade hat Die Urbane. Eine HipHop Partei sehr viel Aufmerksamkeit bekommen und damit auch der Aufbau bzw. Ausbau weiterer Strukturen für BIPoC – also nicht-weiße Menschen, die von Rassismus betroffen sind. Das beinhaltet neue Musik mit Künstlern aus Afrika, kulturelle Veranstaltungen wie das ausARTen-Festival oder Rap & Poetry Workshops gegen Rassismus und Diskrimierung. Ich versuche immer, mein Engagement auf möglichst vielen Ebenen miteinander zu verbinden. Die wichtigste Ebene ist dabei aber vor allem meine Familie, meine Frau und mein Sohn.

Welcher ist dein Lieblingsort in München?

Oh, da gibt es einige Orte, die zusammen eine sehr schöne Tour durch München ergeben. Milla Club, Münchner Forum für Islam, MUCA Kunstlabor 2.0… aber wo ich wahrscheinlich auf jeden Fall einen vorbei schauen würde, wäre das Bellevue di Monaco. Hier organisiere ich Events und Workshops, aber hier kann ich auch einfach “socializen” im Café oder auf dem Dachsportplatz. Das Bellevue ist finde ich ein wirklich wichtiger Ort für unsere Stadt.

Nun zu den (wirklich) wichtigen Fragen:

Weißwurst oder Leberkas?

Falafel.

Worüber fluchst du am häufigsten in München?

Ich möchte verbessern und nicht fluchen. Ich möchte Veränderung versuchen.

Und was läuft doch irgendwie ganz gut?

In München ist die aktivistische Community zwar relativ überschaubar, aber dafür sind die Wege oft kurz. Dadurch hat München ein großes Potential, progressive Projekte unkompliziert zu verwirklichen und ein größeres, inklusiveres, diverseres “Wir-Gefühl” zu entwickeln.

DJ-Set im Milla Club (© Waseem Seger)

Dein bayerisches Lieblingssprichwort?

Oida. Einfach “Oida”. So einfach und doch so universell.

Das macht dich zum Münchner:

Ich bin in München geboren, aber das ist für mich nicht das Entscheidende. Ich habe mich entschieden, hier zu leben. Also bin ich Münchner, genau wie jede andere Person, die hier lebt.

Geht immer:

Gekühltes Spezi.

Wo findet man dich?

An der Seite von unterdrückten Menschen, geflüchteten Menschen, queeren Menschen, Schwarzen Menschen, jüdischen oder muslimischen Menschen… oder hier.

Dein Lieblings-Insta- oder Twitteraccount?

Ein Account, der mir von einer guten Freundin empfohlen wurde und sich um die Themen Afrika und Islam dreht: butchware.


Titelbild: © Moin und Salam