Aktuell, Kultur

Neue Gesichter im Kreativquartier: Das Gemeinschaftshaus ZIRKA stellt sich vor

Tobias Wullert

Das Kreativquartier an der Dachauer Straße hat Zuwachs bekommen. Mit ZIRKA hat sich dort ein junges Kollektiv aus Veranstalter*innen, Künstler*innen und Medienschaffenden eingefunden, das gerade eine alte Lagerhalle am Areal umbaut. Nicht nur Radio 80000 wird zukünftig von dort senden, sondern auch Konzerte, Lesungen und vieles mehr soll es geben. MUCBOOK traf Tommy Schamann, einen der Initiatoren zum Interview.

Hi Tommy, Co-Working Spaces gibt es viele. Was unterscheidet ZIRKA von anderen?

Dass es eigentlich keiner ist. Wir haben zwar ein Gemeinschaftsbüro, aber ansonsten ist ZIRKA vielfältiger. Auf dem Gelände befinden sich Künstler*innnenateliers, eine Metallbauwerkstatt, das Plattenlabel Alternative Fakten, das Tonstudio von Radio 80000 und ein Fotostudio. Außerdem soll noch eine Gastronomie dazukommen, da bemühen wir uns um gerade um die Umnutzung und Veranstaltungen.

Wie finanziert ihr Euch?

Wir haben die Experimental Exchange GmbH gegründet, um die Halle anzumieten, tragen uns selbst, sind noch auf der Suche nach der Finanzierung größerer Vorhaben, wie Lärm- oder Brandschutz. Aber das ist ein laufender Prozess.

© Tobias Tzschaschel

Wer ist wir ?

Die Firma besteht aus sechs Leuten, aber aktiv sind wir zu siebt: Fotografin Sophie Wanninger, Musikerin und Bookerin Cornelia Breinbauer, Peter Pazmandi (Musiker, Gastronom, Veranstalter und Betreiber der Bar Cucurucu sowie der Plattform Hauskonzerte), Tobi Tzschaschel (Kulturmanager und Betreiber der Bar Cucurucu, sowie der Plattform Hauskonzerte), Architekturstudentin Rosa Schuster, Felix Flemmer (Kommunikationsdesigner, Creative Director und Mitbegründer des Onlineradios Radio 80000) und Tommy Schamann (Musiker, Booker und Konzertveranstalter für den
Milla Club München und das eigene Label Grotto Terrazza). Wir haben uns in einer Art Unternehmensstruktur demokratisch und effektiv organisiert. So hat jetzt jeder seinen Zuständigkeitsbereich, aber trotzdem können alle auch mitmischen, wenn sie wollen.

Wie kamt ihr zu dem Haus? Gerade in München kommt man ja nicht über Nacht an über 100 Quadratmeter.

Über ein paar Ecken. Eigentlich arbeite ich in der Cucurucu Bar. Wir wollten einen zweiten Laden aufmachen, den ich dann leite. Das war die Ursprungsidee, als Tobi Tzschaschel und ich auf einer Parkbank so überlegten. Felix von Radio 80000 war parallel auch schon am Sondieren neuer Räume und so hat Tobi uns zusammengeschlossen. Wir hatten schon so ein paar Orte im Auge, dann hat Felix auf der Homepage der Stadt die Ausschreibung für dieses Haus gefunden und wir haben uns beworben. Es stießen noch Conni, Sophie und Rosa zum Team dazu und auf einmal fühlte es sich doch so an, als ob wir das schaffen könnten. Jetzt haben wir ein Jahr daraufhin gearbeitet, einen Businessplan erstellt und den Zuschlag bekommen.

Stimmt ihr demokratisch über neue Mieter ab?

Das hat sich von selbst ergeben, weil wir ein Jahr Vorbereitungszeit hatten und schon beim Einzug das Haus voll haben mussten, um es überhaupt finanzieren zu können. Wir konnten jetzt nicht ein paar Monate die Miete vorschießen und hoffen, dass währenddessen Leute einziehen, sondern das Haus musste am ersten Tag voll sein und deswegen haben wir hauptsächlich Leute aus unserem Bekanntenkreis oder Leute, die auf uns zugekommen sind, einziehen lassen. Leute, die wir eh kannten und die schon lange nach Räumen suchten. Aber wir arbeiten in Zukunft daran, die Räume auch anderen zur Verfügung zu stellen. Schon jetzt gibt es ein Fotostudio, in das man sich einmieten kann. So ist diese Clique, wie es vielleicht rüberkommen mag,  eher den Anfängen geschuldet. Wir überlegen aber gerade wie wir das gestalten können: neue Mieter aufzunehmen, die wir noch nicht kennen, wenn was frei wird.

Im Moment seid ihr aber voll?

Gerade sind wir randvoll und wir haben auch schon eine Warteliste, aber es ist gerade unrealistisch, dass jemand auszieht, weil sich alle pudelwohl fühlen. Es ist zwar schon so eine Kultur-Clique, die man kennt, aber auch in neuer Kombination. Hier arbeiten 50 Leute und von denen kannte ich 20 vorher.

Wieder mal eine Zwischennutzung

Aber eine lange, auf fünf bis sieben Jahre angelegte Zwischennutzung.

Das klingt alles ein bisschen nach schöner neuer Medienwelt – nach Peace, Love & Wi-Fi. Wie geht ihr mit internen Konflikten und dem Widerspruch um, dass Ihr seid für alle offen seid, aber doch schon voll?

Für alle offen wird es sein, wenn wir offiziell öffnen dürfen. Das dürfen wir aktuell nicht, dazu brauchen wir eine Umnutzung (im behördlichen Sinne – Anm. d. Red), damit wir ein öffentliches Haus werden können. Aktuell dürfen wir das nur über Sondergenehmigungen für Veranstaltungen. Sonst sind wir gerade nur Werkstatt, Büro und Lager. Konflikte gab es bisher noch nicht, aber das würden wir intern in einem Plenum besprechen.

Werdet Ihr von der Stadt München unterstützt?

Städtische Unterstützung ist tatsächlich schwierig. Den Mietpreis darf die Stadt beispielsweise gar nicht fördern, weil das würde im Nachhinein das Interessensbekundungsverfahren verzerren. Ein Jahr hatte jeder die Möglichkeit, sich auf dieses Haus zu bewerben. Wenn die Stadt jetzt, nachdem wir den Zuschlag bekommen haben, sagen würde “Wir zahlen euch die Hälfte der Miete“, dann würden sich alle Mitbewerber zurecht beschweren. Die Stadt darf die Miete nicht fördern, weil das eine versteckte Subvention wäre.

Aber die Stadt dürfte Veranstaltungen von Euch fördern?

Ja, das Kulturreferat dürfte verschiedene Kulturveranstaltungen von uns fördern. So wollen wir in einem Raum Kinder und Jugendlichen Workshops anbieten, weil wir haben hier Metallbau, Ton, Foto, Radio, Autorinnen alle möglichen Kreativen hier unter einem Dach und das wollen wir möglichst ohne Schwelle, also kostenlos anbieten. Wegen so etwas könnte man dann sicher beim Kulturreferat anfragen.

Das Schöne an so einem Künstlerhaus ist auch das am Synergien nutzen kann.

Ja das funktioniert bereits blendend. Ein Beispiel: Wir haben die Idee, dass die Malerin Julia Emslander, die monochrom schwarze Bilder malt, die Oberfläche für einen Tisch für unseren Gemeinschaftsraum gestaltet, und die Metallbauwerkstatt Naiv Studios das Gestell. So kann man sich gegenseitig Aufträge geben. 

Wie kamen die Metallbauer zu Euch?

Naiv Studios landeten bei uns, weil sie auch für Festivals im Bühnenbau
tätig sind. Einige von uns veranstalten Konzerte und auch die Macher vom
Monticule-Festival haben hier ihr Büro und daher kannte man sich.

Was plant Ihr für die Zukunft?

Einmal im Monat wird ein Fest im Innenhof stattfinden zudem alle herzlich
eingeladen sind. Den Eintritt haben wir dabei sehr flexibel und niedrig gestaltet –
so soll jeder zahlen, zu was er oder sie in der Lage ist. Ansonsten planen wir
hoffentlich bald auch reguläre Konzerte und Lesungen, so wie eine kleine
Gastronomie.

Die aktuelle Hausgemeinschaft: 

Aiste Dabkeviciute (Malerin und Kunsttherapeutin aus Litauen)

Alena Mayer (Kunsthändlerin und Gründerin von CALDOworldwide) caldoworldwide.com 

Alternative Fakten  (Veranstalter und Plattenlabel) www.alternativefakten089.de

Anastasia Kovalova  (Filmproduzentin und Veranstalterin aus Kiew)

Boris Saccone (Maler)

Form of Interest (Modelabel von Jessica Dettinger) www.formofinterest.com

Franziska Scheuerecker (Malerin und Kunsttherapeutin)

Hannah Weiss (Jazzsängerin, Redakteurin bei BR-Klassik) www.hannah-weiss.de

Jakob Forster (Künstler, Kurator und Lehrer)

Julia Emslander (Malerin) www.juliaemslander.com 

Julian Billmaier (Kunst- und Fotografiestudent) www.julianbillmair.com

Jovana Reisinger (Autorin, Regisseurin und bildende Künstlerin)

Liska Henglein (Fotografin und Mediengestalterin) www.liskahenglein.com

Ly Nguyen (Kunststudentin und Sängerin der Band “Paar”)

Maria Pollak (Fotokünstlerin) www.marapollak.com

Marie Jaksch (Performance- und Installationskünstlerin)  www.mariejaksch.com

Mira Mann (Autorin und Musikerin) www.miramann.net

Naiv Studios (interdisziplinäres Designstudio) www.naiv.studio 

Radio 80000 ( digitales Community-Radio) www.radio80k.de

Safe (Kreativagentur) www.safeagency.cc

Squama Recordings (Plattenlabel im Bereich Jazz/Experimental) www.squamarecordings.com 

Tarun Kade (Dramaturg)

Mehr Infos unter www.zirka.space


Im Beitragsbild v.l.n.r.: Das Kollektiv ZIRKA: Peter Pazmandi, Felix Flemmer, Rosa Schuster, Tommy Schamann, Conni Breinbauer, Tobias Tzschaschel, Sophie Wanninger; Fotos: © ZIRKA / Sophie Wanninger

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