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Linke/Die Partei fordern nicht-kommerzielle Freiflächen zum Feiern für Jugendliche

Recht auf Party oder Recht auf Ruhe? Diese Frage stellt sich momentan an Orten wie dem Münchner Gärtnerplatz. Seit Corona das Feiern in Clubs unmöglich gemacht hat, weichen viele auf die bekannten öffentlichen Plätze an der frischen Luft aus. Anwohner*innen dagegen beschweren sich zunehmend über abendlichen Lärm und den hinterlassenen Müll der (nicht immer nur) jungen Nachtschwärmer*innen. Ein Vorschlag der Stadtratsfraktion Die Linke/Die Partei könnte helfen, die Situation zu entspannen und einen geeigneten Rahmen für Freiluftveranstaltungen von jungen Erwachsenen schaffen. Zumindest langfristig.

Feiern auf ausgewiesenen Freiflächen?

Ende Juni forderte die Fraktion Die Linke/Die Partei die Stadtverwaltung deshalb in einem Dringlichkeitsantrag auf, bis zum 31.08. geeignete „Freiflächen für nicht-kommerzielle Parties“ für Jugendliche nach Vorbild des sogenannten Züricher Modells zu schaffen. Mindestens fünf potentielle Orte sollte die Verwaltung zeitnah finden und benennen. Im Rathaus wurde ein Hearing einberufen, zu dem Jugendvertreter*innen und Münchner Party-Kollektive (Isar Bass, WUT, Mehr Lärm für München, Psychedelic Tribe, Kollektiv Bushbash) als Expert*innen geladen waren, um Problemlagen sowie mögliche Lösungsansätze zu skizzieren.

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Kurze Antragswege, elementare Ausstattung

Aber wie sollten die geforderten Freiflächen eigentlich aussehen? Sie müssten vor allem die Basics für die Durchführung von nichtkommerziellen Parties, Musik- und Kulturveranstaltungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in München bereitstellen. Das wären insbesondere Dixie-Toiletten, Strom- und Wasserversorgung, Müllstationen sowie eine Notrufsäule, erklärt uns die Mitinitiatorin des Antrags, Marie Burneleit von DIE PARTEI, am Telefon. Solange notwendig natürlich mit den geltenden Corona-Schutzvorkehrungen.

Ein vereinfachter Antragsweg und Mini-Schulungen für die heranwachsenden Veranstalter*innen sollten zudem die Niedrigschwelligkeit des Angebots garantieren und somit auch perspektivisch verhindern, dass Heranwachsende und junge Partykollektive zum Feiern den Weg in die Illegalität suchen.

Vorbild Zürich

Die Erfahrung aus Zürich – wo derartige Flächen von der Stadt seit einigen Jahren eingerichtet wurden – zeigt, dass das funktionieren kann. So beschreibt es DIE LINKE/DIE PARTEI in ihrem Antrag: Illegale Parties sind dort seither rückläufig. Zugleich könnten die geschaffenen Flächen als Keimzellen subkultureller Impulse und gegenseitiger Vernetzung fungieren, glaubt Burneleit:

„Wir glauben, dass das viel Kreativität fördern würde. Diese Einschätzung haben auch die geladenen Kollektive im Stadtrathearing benannt: Es gibt viele Jugendliche, die gerne mal selbst etwas machen würden, aber einen Club anzumieten oder eine offizielle Veranstaltungsfläche, das ist schlicht zu teuer, mit den Mieten, den Versicherungen und vielleicht einem Mindestumsatz an der Bar. Und Haus und Garten hat auch nicht jeder als Alternative.“

Egal ob einfache Abi-Party oder „der heiße kulturelle Scheiß“: Die gewünschten Flächen würden einen Möglichkeitsraum für beides schaffen – in einem Rahmen ohne kommerziellen Druck. Zudem begegneten sich Stadt und Jugendliche dadurch mehr auf Augenhöhe und nicht als ominöse Feindbilder, vermutet Burneleit. So würde auch ein gegenseitiges Problemverständnis gefördert. Etwa beim Thema Müllvermeidung.

Dringlichkeitsantrag abgelehnt

Der Vorschuss der Fraktion DIE LINKE/DIE PARTEI sollte daher einen „moderaten Weg öffnen, die Corona-bedingten Einschränkungen beim Feiern wieder (an der frischen Luft) zu lockern“. Zumindest im Schnellverfahren ist das aber vom Tisch: Der Dringlichkeitsantrag – und damit eine vorrangige Behandlung des Antrags durch die Stadtverwaltung – wurde vom entsprechenden gemeinsamen Ausschuss aus Bildungs-, Sozial- sowie Kinder- und Jugendhilfeausschuss aber vorweg abgelehnt. Somit geht nun erst mal alles den eher geduldigen normalen Behördenweg.

Freiflächen gesucht…

Bleibt erst mal die Frage nach geeigneten Flächen. Hier prüft die Stadtverwaltung nun, welche Flächen in Frage kommen. Das Isargebiet etwa ist traditionell schwierig für Eventnutzungen – aber sicher kein ganz unmöglicher Vorschlag.

Von den beim Stadtrathearing geladenen Partykollektiven verspricht sich Die Linke/Die Partei ebenfalls Impulse bei der Suche. Von dieser Seite kam etwa der Hinweis auf die riesige Grün- und Brachfläche an der Fröttmaninger Heide, die leider – so stellt es sich nach Rückfrage beim KVR dar – durch Altlasten aus dem zweiten Weltkrieg kontaminiert ist. Und somit nicht partysicher. Merke: Gar nicht so leicht mit der Standortsuche.

Es dauert erst mal…

Im Worst Case könnte das Ergebnis der Untersuchung durch die Stadtverwaltung also sein: Freie Flächen für Jugendliche? Haben wir hier nicht. Auch Anwohnerinteressen und Naturschutz müssen dabei freilich abgewogen werden. Und der Best Case? „Die Stadtverwaltung schlägt uns vier Flächen vor und legt uns ein Konzept für die Nutzung mit den rudimentären Basics vor.“

Zur erarbeiteten Beschlussvorlage müsste dann natürlich der entsprechende Ausschuss im Stadtrat beziehungsweise die Vollversammlung zustimmen. Hier sitzt die Fraktion Die Linke/Die Partei, die gerade Überzeugungsarbeit leisten will, in der Opposition. Rückendeckung für den Vorschlag erhält sie aber inzwischen von den Fraktionen SPD/Volt und Die Grünen/Rosa Liste, die sich dem Anliegen nun in einem gemeinsamen Brief an den Bürgermeister mit anschließen.

Eine Ad-hoc-Lösung für den Corona-Spätsommer – wie ursprünglich intendiert – ist der Antrag nun aber wohl nicht mehr. Bis die Beschlussvorlage auf dem normalen Weg erarbeitet ist, rechnet Burneleit nun vorsichtig mit einem halben Jahr Dauer. Für die Zukunft – und wer weiß schon wirklich, wann zum Beispiel Clubs wieder aufmachen dürfen – klingt das Modell der nicht-kommerziellen Feierflächen für Jugendliche und junge Erwachsene dennoch innovativ und vielversprechend. Irgendwann hoffentlich auch für eine Welt nach Corona.


Beitragsbild: © Flickr, KatercarloxCC BY 2.0

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels stand, der seit 1988 stillgelegte S-Bahnhof am Olympiapark wäre Grund der Deutschen Bahn. Das ist falsch. Auf diesem Grundstück der Stadt München ist nach Informationen von Die Partei langfristig eine Radstrecke geplant, weshalb die Fläche nicht für den anberaumten Zweck in Frage kommt.

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