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Paketposthalle: Ideenwettbewerb geht in die nächste Runde

Quartierzentrum statt Briefwechsel: Die riesige Paketposthalle in Neuhausen wird in naher Zukunft umgenutzt. Bis 2024 werden hier noch Postsendungen sortiert und verschickt – ab 2030 soll dann eine Multifunktionshalle fertig sein. Sechs Jahre dauert der Umbau. Dem Bauplan geht derzeit ein Ideenwettbewerb voraus. Auf einer Pressekonferenz am Montag war nun mehr zu erfahren. 

Vor einigen Monaten startete der Ideenwettbewerb für die Nutzung der Halle, der diese Woche in eine Sondierungsphase mit Bürger*innen und Fachexpert*innen geht.

Viele parallele Nutzungen werden es wohl in der imposanten Halle, die mit einer Spannweite von 146,8 Metern und eine Höhe von 27,3 Metern die Fläche von drei bis vier Fussballfeldern misst.

Zum Hintergrund: Investor und Bauträger Ralf Büschl hatte sich gegenüber der Stadt München verpflichtet, die Halle zu sanieren und überwiegend soziokulturell zu nutzen – als Bedingung dafür, dass er auch den Rest des Areals nach seinen Vorstellungen entwickeln darf – immerhin muss die Stadt bei der Baugenehmigung später mitspielen. Nebenan will er zwei spektakuläre Hochhäuser mit Büros und Wohnungen bauen.

Nicht jede*r war davon begeistert – die Diskussion begleitet die Stadt seit dem Verkauf des Geländes durch die Deutsche Post im Jahr 2018 (die zieht in ein neues Zentrum nach Germering). Am Abend betont Büschl die enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung bei der Entwicklung der Halle und den unkommerziellen Charakter, den die Halle als Aufenthaltsort haben soll (abgesehen von einer Gastro und einem Konzertsaal im Untergeschoss).

Stadtbaurätin Prof. Merk ist auch zu Gast, sie freut sich über den „Blumenstrauß an Ideen“, den die Bürger*innen eingebracht haben.

Viel Platz und noch mehr Ideen

Eins stand von Anfang an fest: Am markanten, gewellten Dach wird nicht gerüttelt. Das steht unter Denkmalschutz. Vielmehr geht es um die inhaltliche Ausgestaltung.

Ein Herzstück der Halle wird eine unterirdische Bühne und Galerie sein. Sie ist bereits fest eingeplant und wird über eine breite Treppe erreichbar sein – mit Platz für etwa 2.000 bis 3.000 Menschen im Untergeschoss und Nutzungsmöglichkeiten für Musik, Theater und klassische Konzerte zum Beispiel. Bis zu 25 Meter hoch sollen die Säulen des Bühnenturms sein, erfährt man, und auch ins Erdgeschoss hinein ragen.

Der unterirdische Saal könnte unter anderem der Bayerischen Staatsoper und dem Nationaltheater als Ausweichquartier dienen, wenn dieses in zehn bis fünfzehn Jahren saniert wird. Sicher ist das nicht. Entsprechend ausstaffiert soll der Konzertsaal aber grundsätzlich sein.

Sechs Themengebiete auf 20.000 Quadratmetern

Die Paketposthalle sei das „Herzstück der Quartiersentwicklung“ sagt Anna Hanusch, Vorsitzende des zuständigen Bezirksausschusses Neuhausen-Nymphenburg. Bleibt jetzt noch eine Art „Quadratur des Kreises“: Nicht jedem wird man es recht machen können, aber hoffentlich vielen.

Sechs inhaltliche Gebiete soll die Halle vereinen: Gastro, Kunst und Kultur, Grünes, konsumfreie Flächen, Spiel und Bewegung sowie die Verknüpfung von Innen und Außen.

Nicht nur das Quartier, sondern die ganze Stadt hätte sich an der Ideenfindung beteiligt, betont Moderator Julian Petrin von urbanista. Von den 1.207 eingereichten Ideen landeten 513 – nach Abzug von Doppelungen – in einem öffentlichen Online-Voting, woran sich insgesamt 19.000 Personen beteiligten. Aus den 513 Ideen soll letztlich der Nutungs-Mix kondensiert und geformt werden.

Gregor Wöltje von thisisreallyhappening betont den erweiterten Kulturbegriff, der für ihn hier greift. Auch Leisure, Aufenthalt und Feierabend sind in dem Sinne Kultur. Nachbarn und Institutionen gälte es fortlaufend einzubeziehen.

Da stellt sich auch die Frage: Was passt gut in die Halle? Was ist kompatibel? Was findet alternativ in der Umgebung im Quartier Platz oder draußen? Das wird ein Faktor bei den Entscheidungen über den späteren Plan werden.

Das sind die Ideen: Rollschuhdisco, Biergärten, Hanffelder usw.

Von den eingereichten Ideen hört und liest man vor Ort: Ein anwesender Ideengeber hatte die kühne Idee eines Biergartens auf dem Dach. Geht nicht aus baurechtlichen Gründen und wegen des Denkmalschutzes, musste er erfahren. Also hat er seine Idee modifiziert und denkt jetzt an eine Innengastronomie in luftiger Höhe. Mit einem schönen Blick nach draußen und nach unten. Vielleicht oben auf dem Bühnenturm.

Einige Ideengeber*innen kommen aus ihrem Hobby: Rollschuhfahrer*innen und Breakdancer*innen, die beim Presserundgang dabei waren, schlagen eine große Fläche mit geeignetem Boden (Parkett oder glatter Beton) vor.

Kunstschaffende sind ohnehin immer und überall auf der Suche nach Arbeits- und Präsentationsräumen. Man hört es hier einmal mehr.

Auf anderen Karten stehen Vorschläge wie Klettergarten, Hanfplantage, Palmenparadies, Clownschulen, Senior*innentreffs, Bürger*innen-Wohnzimmer, konsumfreie Treffpunkte, Floh- und Foodmärkte, Foodsharing, Boulderwände und, und, und.

Die Workshopwoche mit Ideengeber*innen und Expert*innen

Bis zum 14. Juli findet jetzt ein „Designcamp“ im Backstage München statt – direkt neben dem Paketposthallenareal also. Ideengeber*innen und die Jury arbeiten hier tagsüber mit Fachexpert*innen wie etwa Architekt*innen zusammen. Die im Voting am besten bewerteten Ideen sollen zu einem ganzheitlichen Nutzungskonzept für die Halle weiterentwickelt werden. Am Ende muss alles zusammenpassen – ein bisschen wie bei einem bunten Puzzle.

Interessierte Münchner*innen sind zweimal zu einer öffentlichen Diskussion eingeladen. Am Mittwoch 12. Juli (17.30 Uhr bis etwa 19 Uhr) zu einer Diskussion des Zwischenstands der ersten beiden Workshop-Tage – und zur großen Abschlussdiskussion am Freitag (14 bis 16 Uhr) .

Hier werden die Ergebnisse der Workshops präsentiert und es gibt die Chance, Feedback loszuwerden. Außerdem gibt es jeden Abend einen kleinen öffentlichen Ausklang in der Halle ab etwa 19 Uhr. Mögen die Puzzleteile zusammenpassen und dem Anspruch „Halle für alle“ gerecht werden.

Beitragsbild: © Luftbildverlag-Hans-Bertram-GmbH

Disclaimer in eigener Sache: Marco Eisenack, Herausgeber von MUCBOOK ist mit seinem Kreativ-Büro textbau.media mit Kommunikationsleistungen im Rahmen der Bürgerbeteiligung beauftragt. Die Redaktion ist unter der Leitung von Sophia Hösi selbstverständlich unabhängig.

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