Aktuell, Kultur, Leben, Stadt

Kunst, Kultur und Politik in den Restaurants Münchens – eine historische Spurensuche

Simon Hirler

Stadt- und auch Weltgeschichte hat man ja bekanntlich in München direkt vor der Wohnungstür. Egal ob Residenz, Feldherrenhalle oder Schloss Nymphenburg, überall zeugen riesige Bauten von der ereignisreichen Vergangenheit der Landeshauptstadt. Oft lässt sich die bewegte Geschichte Münchens aber auch im Kleinen nachempfinden, manchmal sogar bei einer Tasse Cappuccino oder einem kalten Bier.

Komm mit auf eine historische Spurensuche zu Kunst, Kultur und Politik in den Lokalen Münchens!

Der Schelling-Salon – 150 Jahre Münchner Gasthauskultur

Der Schelling-Salon ist längst eine Münchner Institution. Seit seiner Eröffnung 1872 steht das Lokal an der Ecke Barerstraße/Schellingstraße für klassische bayerische Gasthauskultur und Geselligkeit. Außerdem sind über die Jahre im Schelling-Salon so einige namhafte Gäste ein- und ausgegangen: Schriftsteller und Künstler wie Bertholt Brecht, Ödon von Horvath, Wassily Kandinsky oder Franz Marc gaben sich hier die Klinke in die Hand. Auch bedeutende Personen der Zeitgeschichte, wie etwa Lenin oder Franz Josef Strauß sollen hier verkehrt haben. Über die Jahre hat sich der Schelling-Salon so seine ganz eigene Geschichte aufgebaut, in die man sogar im hauseigenen Museum „Schellingsurium“ eintauchen kann.

Heute hat der Schelling-Salon echten Kultstatus und wird wegen seiner urigen Atmosphäre und den wirklich fairen Preisen von Jung und Alt geschätzt. Auch wer etwas Kneipensport sucht, kommt hier voll auf seine Kosten: Bis spät in die Nacht kann man sich hier die Zeit mit Kickern und Tischtennisspielen vertreiben – oder bei einer Partie Billiard an den zahlreichen Pool-Tischen. So bietet der Schelling-Salon einfach alles, was man für einen entspannten und lustigen Abend braucht.

Adresse: Schellingstraße 54; Telefon: 089 2720788

Alter Simpl – Essen und Trinken auf den Spuren des „Simplicissimus“

Eine Straße weiter findet sich gleich das nächste historische Lokal: Das Restaurant „Alter Simpl“ in der Türkenstraße 57 bietet Essen und Trinken in geschichtsträchtigem Ambiente bis zu später Stunde. Im Jahr 1903 eröffnet, verdankt der „Simpl“ seinen Namen der berühmten Satire-Zeitschrift „Simplicissimus“. Die Wochenzeitung war ein wichtiges Forum für die literarische Avantgardebewegung der Kaiserreichszeit. Berühmte Schriftsteller wie Hermann Hesse, Thomas Mann oder Frank Wedekind übten in der Zeitschrift bissige Kritik an der Gesellschaft und Politik der wilhelminischen Zeit. Im „Simpl“ waren sie Stammgäste, ebenso wie viele andere Vertreter*innen der „Schwabinger Boheme“.

Der Zeichner Thomas Theodor Heine entwarf das berühmte Wappentier des „Simplicissmus“ – die rote Bulldogge. Sie ziert bis heute den Eingang des Lokals. Auch im Inneren findet man beim genaueren Hinsehen viele Verweise auf die Geschichte des Wirtshauses. An den holzvertäfelten Wänden hängen Fotos von allerhand Persönlichkeiten die hier verkehrten. Bei bayerisch-internationaler Küche und einem frisch gezapften Bier kann man den Charme eines Stücks Münchner Geschichte hier noch nachempfinden.

Adresse: Türkenstraße 57; Telefon: 089 2723083

Café Luitpold – Kunst und Emanzipation im ehemaligen Palastcafé

Unweit des Odeonsplatzes lädt das Café Luitpold in der Brienner Straße 11 zum Verweilen ein. In seinen historischen Räumen verbindet es Münchner Tradition und gehobene Kaffeehauskultur – Restaurant, Bar und sogar Confiserie inklusive. 1888 als Palastcafé eröffnet, wurde es schnell zum „place to be“ für die damalige High Society. Aber auch Künstler*innen und Schriftsteller*innen gingen dort ein und aus, sogar die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ soll hier von Wassily Kandinsky und Paul Klee gegründet worden sein. Auch politisch war das Café bedeutsam: Im Jahr 1899 fand dort der „Erste Allgemeine Bayerische Frauentag“ statt. Ein echtes Novum und der erste feministische Kongress in Bayern überhaupt. In den Folgejahren wurde das Café Luitpold mit seinen prunkvollen Räumen zum Lieblingsveranstaltungort des „Vereins für Fraueninteressen“ und so auch zu einem Ort des feministischen Dialogs von Frauenrechtlerinnen und Schriftstellerinnen.

Auch heute dient das Café im Rahmen des Salon Luitpold  als Veranstaltungsort für ein vielfältiges Kulturprogramm aus Livemusik, Vorträgen und Diskussionsrunden. Wer sich näher für die Geschichte des Cafés interessiert, kann sich in der Sammlung Café Luitpold einen Einblick in die Geschichte der Münchner Kaffeehauskultur verschaffen.

Adresse: Brienner Str. 11; Telefon: 089 2428750

Café Tambosi – Italienischer Flair mit langer Tradition

Auch das Café Tambosi ist aus der Münchner Gastrokultur nicht mehr wegzudenken. Seine große Terrasse ist der Ort schlechthin, wenn es ums Sehen und Gesehen-Werden geht – mal ganz zu schweigen von dem wunderbaren Blick auf Residenz, Feldherrenhalle und Theatinerkirche. Der Ruf des Tambosi als Schickeria-Spot der Stadt ist aber keineswegs neu, schon im 19. Jahrhundert war es die erste Anlaufstelle für das gehobene Bürgertum und die Adeligen Münchens. Gegründet wurde das Café schon 1775 vom Venezianer Giovanni Sarti, damals diente es als Kiosk der königlicher Reitschule, die sich direkt nebenan im Hofgarten befand. 1810 übernahm es Luigi Tambosi, in den Folgejahren avancierte es zum berühmtesten und edelsten Café der Stadt. Die heutige Gestalt des Caféhauses als „klassizistisches Bazar-Gebäude“ geht auf den berühmten Hofarchitekten Leo von Klenze zurück.

Über die Jahrzehnte wechselten die Besitzer*innen mehrfach, der Name Tambosi und das damit verbundene Prestige bleiben jedoch bis heute. Zuletzt übernahm der Promigastronom Ugo Crocamo das Tambosi im Jahr 2017 und brachte damit auch italienische Küche und mediterranen Flair zurück in das Etablissement. Damit erinnert das Café auch heute an seine Geschichte als ältestes bestehendes Caféhaus der Stadt, mit bald 250-jähriger Geschichte.

Adresse: Odeonspl. 18; Telefon: 089 23069360

Aumeister im Englischen Garten – von der Jagdhütte zum Biergarten

Als letzte Station auf unserer historischen Spurensuche darf auch der Aumeister im Englischen Garten nicht fehlen, selbst wenn das Gasthaus mit Biergarten etwas versteckt im Nordteil des Englischen Gartens liegt. Seinen Anfang fand der Aumeister 1810 als Forst- und Jagdhütte und Dienstsitz des „königlichen Aujägermeisters“. Dessen Aufgabe bestand darin, das Jagdrevier der Wittelsbacher in den Isarauen zu hüten. Die Hütte diente damals als Ausgangspunkt für königliche Jagdausflüge in den Englischen Garten und die umliegenden Wälder. Ebenso wurden die Teilnehmer der Hofjagden hier bewirtschaftet. Ab dem 19. Jahrhundert wurde der Englische Garten zum beliebten Ausflugsziel für Ruhesuchende, Ausflügler*innen und Wandernde, durch die steigenden Besucherzahlen wandelte sich auch der Aumeister von der Jagdhütte zum urigen Gasthaus.

In den 1960er Jahren wurde die Gaststätte von Grund auf umgebaut und modernisiert, der historische Charme wurde zum Glück erhalten. In seiner heutigen Form bietet der Biergarten Platz für über 3000 Gäste, die bei einem kalten Bier unter schattigen Kastanienbäumen die Atmosphäre des Englischen Gartens genießen können.

Adresse: Sondermeierstraße 1; Telefon: 089 18931420

Beitragsbild: © Simon Hirler

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons