Kultur

Rockavaria und die Suche nach dem Festivalfeeling

Was hatte es für hitzige Diskussionen im Vorfeld geben: Rockavaria sei kein „richtiges“ Festival, der Vorverkauf laufe katastrophal und daraus resultierende, zweifelhafte Rabattaktionen für ADAC-Mitglieder führten zu verärgerten Ticketkäufern, die ihre Tickets vorab regulär kauften, um im Nachhinein dumm aus Wäsche zu schauen.

Zunächst lässt sich bestätigen: Rockavaria ist kein klassisches Festival à la Woodstock, Glastonbury oder Burning Man. Auch wenn es sich diesen Anstrich in München gerne geben würde, lebt solch ein Ereignis doch von mehr als nur der Musik. Es lebt von den irren Charakteren im Super-Mario-Outfit oder Borat-Badekostümen, die nur in den alkoholgetränkten Tiefen eines Festival-Campingplatzes geboren werden können. Dieses Fehlen machte sich, laut Aussagen einiger überzeugter Festival-Jünger, auf der Rockavaria schmerzlich bemerkbar. Ein wirkliches Festivalfeeling wollte nicht aufkommen, was sich auch schwierig gestaltet, wenn man morgens, statt den Restpegel der Nacht wieder aufzufrischen, am Marienplatz mit „KISS“-Shirt steht und das Rathaus bestaunt.

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Die Ursache hierfür mag an der Grundmentalität des „Festivals“ liegen: Der Kompass zeigte hier stark in Richtung altgedientem Rock und Metal und sollte ein Publikum anlocken, das einerseits keinen, durch Isomatten bedingten, Bandscheibenvorfall braucht und andererseits die nötige Finanzkraft aufweist, um die sehr happigen Ticketpreise inklusive – nunmehr notwendiger – Hotelübernachtung zu bezahlen. Die Headliner Muse, KISS und Metallica, alle seit mindestens 20 Jahren im Geschäft, aber auch andere Klassiker wie Judas Priest oder Faith No More, standen Pate für dieses Konzept.

Wer sich ins Rockavaria-Getümmel stürzte, erlebte also eine neue Art von Festival, das weniger von der typischen Atmosphäre bot, sondern vielmehr mit großartigen Headlinern zum Sonderpreis lockte. Wie stark Rockavaria von seinen Headlinern lebte, konnte man gut im Vergleich Freitag/ Sonntag betrachten: Zwar brachten Muse mit ihren Hits wie „Uprising“ und „Starlight“ das Olympia-Stadion zum Kochen, aber bei genauerer Betrachtung fiel hier bereits auf, dass der erste Wellenbrecher während des gesamten Konzerts geöffnet blieb und auch sonst die Auslastung der Ränge und des Innenraums ausbaufähig war. Anscheinend war dies auch den Veranstaltern bewusst und so war die Haupttribüne an der Längsseite des Olympia-Stadions aufgebaut, was optisch eine vollere Wirkung erzielt. Es brauchte die Rocklegenden von Metallica, um der Location ihre Grenzen aufzuzeigen. Während es noch letzte Sitzplatztickets unter dem Stadiondach gab, war der Innenraum komplett ausverkauft und Tagestickets hierfür konnten auf dem Schwarzmarkt stolze Preise von bis zu 200€ erzielen.

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Als Fazit bleibt dennoch zusammenzufassen, dass das Rockavaria, entgegen vieler Unkenrufe, erfolgreich war. Auch wenn sich die – eigentlich – erfahrenen Veranstalter doch den einen oder anderen Anfängerfehler bei der Organisation erlaubten. So gab es keine Toiletten im Innenbereich des Stadions und darüber hinaus sollte es zu erwarten sein, dass bei den stolzen Ticketpreisen ein MVG-Ticket einbegriffen ist. Auffällig waren auch die verkürzten Spielzeiten einiger Bands. Für 2016 ist bereits eine Fortsetzung angekündigt. Letztlich ist dieses Konzept aber, stärker als andere Festivals, auf zugkräftige Bands an allen Tagen angewiesen. Ob das in Zukunft zu realisieren ist, bleibt abzuwarten.

Foto: Metallica, Pressebild Rockavaria
Text: Dirk Ahmels, Annabelle Bockwoldt

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