Anzeige, tagebook von Try - Bukowski - Versucht

Theatertext-Versuch(t)

TRY – BUKOWSKI – VERSUCHT, die neue Theaterinszenierung ab Oktober im Rationaltheater, bloggt jetzt auf mucbook! „Don’t try“, belehrt uns die weiß gemeißelte Inschrift auf Charles Bukowskis Grabstein. Nichtsdestotrotz wollen wir es versuchen. Der Versuchung nicht widerstehen. Probieren. Proben. Es mit Charles Bukowski probieren, es zusammen als Gruppe versuchen. Möglicherweise scheitern. Aber sagen können: wir haben es versucht. Wir haben es mit Bukowski versucht. No, Hank, we try!

Foto: Ayna Steigerwald.

Foto: Ayna Steigerwald.


Wer sind „wir“?

Eine Gruppe junger Münchner Theatermacher: Schauspieler, angehende Regisseure, Bühnen- und Kostümbildner und Dramaturgen, die die Eröffnungspremiere am Rationaltheater in der Spielzeit 2014/15 gemeinsam gestalten werden.
Das Konzept steht bereits Ende Juli. Am 4. September 2014 findet die erste szenische Probe statt.

Was geschieht im August?

Das Außergewöhnliche: In Kollektivarbeit und unter Verwendung von Collagetechnik schreiben wir mit Material von Charles Bukowski unser eigenes Stück:
TRY – BUKOWSKI – VERSUCHT.

Diese Kollektivarbeit ist anstrengend, denn bis zu zehn Leute, sprich zehn Meinungen, sitzen um einen Tisch und schlagen Textpassagen vor.
Dazu ist es notwendig, dass jeder, vom Dramaturgen, über die Schauspieler bis zum Kostümbildner, sich immens mit den Originalwerken beschäftigt.
Aus einem halben Duzend Romanen, doppelt so vielen Kurzgeschichten und an die tausend Gedichten, die bei Bukowski wie komprimierte Kurzgeschichten wirken, zimmern alle gemeinsam eine Strichfassung:
Eingerahmt wird das Geschehen vom Handlungsstrang der Bukowskischen Fahrt nach Europa 1978, die ihn über Frankreich in verschiedene Städte wie Heidelberg, Schwetzingen, seine Geburtsstadt Andernach und schließlich nach Hamburg zur einzigen Deutschlandlesung führt. Melancholie, Absurdität, Nachdenklichkeit, Sinnlosigkeit, Leere und Betäubung durch den Rausch sind die inhaltlich klassifizierenden Charakteristika – umrankt vom Paradox der bleischweren Leichtigkeit:

So turnt Bukowskis literarisches Alter Ego Hank durch die Betten der Frauen unter 35 und säuft, als wolle er seine Leber für den Extremsport trainieren. Kneipen, Pferderennbahnen, dreckige Hotelzimmer und zerwühlte Liebesnester sind die Schauplätze – oder einfach das rote Rationaltheater mit seinem dezent abgenutzten Charme einer anderen Zeit? Das Münchner Rationaltheater, auf dessen Brettern fünf Schauspieler ihre Gedanken ausbreiten, ihre Sehnsüchte zaghaft dem Publikum kundtun, ihren Trieben im darstellenden Spiel nachgeben?

Es ist keine Arbeit, an der man jeden Tag für ein paar Stunden werkelt, um sich dann auf die heimatliche Couch zu freuen. Kein Schauspieler kann in einer Rolle verschwinden: Rollen werden getauscht und gedoppelt, aber auch ganz abgelegt. Das sicher geknüpfte Netz eines wohligen Schutzraumes ist damit dahin – aber jedes Risiko lässt uns weiter (zusammen-)wachsen.

Foto: Daphne Weber.

Foto: Daphne Weber.

Die Sicherheit entsteht aufgrund einer gemeinschaftlichen Gruppenbeziehung, in die jeder einzelne eingeflochten ist. Zusammen trinken, essen, rauchen, alles diskutieren, arbeiten. Über Kurzgeschichten sinnieren, Texte auf der Bühne ausprobieren, über Vers, Szene und Rollenverteilung streiten. Irgendwann die erste Flasche Wein köpfen, zaghaft das erste Bier anmarschieren sehen – ein bisschen method acting muss sein… – …doch plötzlich sprengt in den Abendstunden eine zündende Idee die ganze Mühe des Tages, und verlangt Ausarbeitung bis in die Nacht. Schlafen? Können wir sowieso nicht. Unser universitärer Probenraum in der Ludwigstraße mutiert zum zweiten Zuhause, die Studentenbude wird lediglich bei äußerster Erschöpfung aufgesucht.

Ventilator gegen die Hitze, Wasserkocher, Kaffeemaschine, Sandwichmaker und Feldbett stärken die unermüdlichen Arbeiter zwischendurch.
– „Möchte jemand ein Sandwich? Ich mache welche.“
– „Danke, aber bitte ohne Gürkchen.“
– „Wer hat Tabak? Meiner ist leer.“
– „Hier, nimm meinen.“
– „Holt jemand Bier und Brezn?“
– „Ja, mach ich.“
– „Ok, hier hast du Geld, heute zahle ich.“
– „Lass uns nochmal unseren Dialog durchgehen.“
– „Ja, ich lern heute Nacht noch den Text.“
– „He, ich habe einen tollen Film gefunden – La Grande Bellezza – das könnte uns einige Inspiration geben.“
– „Cool, schauen wir ihn doch alle zusammen an.“
– „Bin dafür. Machen wir’s bei mir. Ich koche auch was…“
– „Leute, ich habe auch einen Vorschlag: wir könnten eine Absteige-Kneipentour à la Bukowski machen. Als Feldforschung quasi.“
Welch fulminante Idee!
Soviel vorab: Wir haben uns mit La Grande Bellezza auseinandergesetzt und wir sind auf Kneipenpfaden Bukowskischen Gefühlsspuren nachgewandert… (dazu bald mehr im Blog.)
Am 3. September in den Stunden des späten Nachmittags ist es dann soweit: Die Strichfassung von TRY – BUKOWSKI – VERSUCHT ist komplett. Ausruhen? Nein, Zeit für die szenischen Proben!

Foto: Daphne Weber.

Foto: Daphne Weber.

TRY – BUKOWSKI – VERSUCHT

nach Charles Bukowski
Am 9.10., 15.10., 16.10., 29.10., 30.10., 12.11., 13.11., 14.11.2014 jeweils um 20 Uhr. 16/8 Euro
Im Rationaltheater
Hesseloherstraße 18
80802 München
Reservierungen unter: bukowski@rationaltheater.de
Wir sind auf facebook
Wir sind auf vimeo
Hannah Bader, Naima Laube, Kalas Liebfried, William Newton, Lev Semenov, Laura Spes, Ayna Steigerwald, Danijel Szeredy, Daphne Weber, Isabel Will, Olga Zipplies.
Technik: Jonaid Khodabakhshi.
Produktion: Rationaltheater München e.V. und Dietmar Höss.
Mit der freundlichen Unterstützung des Junior Year in Munich – LMU.

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