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Virtuelle Statuen für große Frauen: das Projekt denkFEmale
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Streift man durch die Straßen Münchens, begegnet man allerlei prominenten Figuren: riesige Statuen von Monarchen auf Pferden, Gedenktafeln für Revolutionäre und mutige Widerstandskämpfer, aber auch Straßen, die noch heute die Namen von Kriegsverbrechern tragen… Eines wird unter den vielen Luitpolds, Ludwigs und Leopolds mehr als deutlich: Es sind fast ausschließlich Männer, die den öffentlichen Raum in der Landeshauptstadt prägen. Tatsächlich sind nur 5% aller Straßen oder Denkmäler der Stadt überhaupt Frauen gewidmet.
Genau das will die studentische Initiative denkFEmale ändern und hat deshalb Statuen von bedeutenden Münchnerinnen an verschiedenen Orten der Stadt aufgestellt. Das Besondere: Sie sind für das bloße Auge nicht sichtbar, sondern existieren nur virtuell. Man scannt zunächst mithilfe der App einen QR-Code, der am Boden angebracht ist, und schon erscheint dank der Augmented Reality-Technologie an derselben Stelle eine dreidimensionale Statue, die im realen Raum zu stehen scheint. “Es geht uns darum, das Unsichtbare sichtbar zu machen”, erklären Lukas März und Tabitha Nagy, die das Projekt gemeinsam mit anderen Studierenden ins Leben gerufen haben.
Das Konzept ist vor rund einem Jahr während eines Seminars der Hochschule für Fernsehen und Film und der LMU entstanden, das sich mit digitalen Kunstwerken beschäftigte. Bei einem Rundgang durch die Straßen Münchens bemerkten die Teilnehmer*innen, wie stark die öffentliche Erinnerungskultur von Männern dominiert ist. So entwickelte sich die Idee, digitale Statuen von Frauen in der Stadt aufzustellen. Bald löste sich das Projekt vom Seminar, heute besteht das Team aus sieben Studierenden unterschiedlichster Fachrichtungen. Gefördert wird denkFEmale unter anderem vom städtischen Kulturreferat und der HFF.
Selfies auf Augenhöhe
Gemeinsam mit Expert*innen wurde zunächst eine Liste von Münchner Frauenfiguren erstellt, die für das Projekt in Frage kommen. Im nächsten Schritt tauschte sich das Team mit Künstler*innen dazu aus, wie Denkmäler heute zeitgemäß gedacht werden können. Man habe viel kreativen Freiraum bei der Gestaltung gelassen, dementsprechend unterschiedlich sind die Statuen – ob abstrakt oder detailtreu, gläsern oder aus Ton. Auch hat denkFEmale bewusst auf Sockel verzichtet, um eine gewisse Nahbarkeit herzustellen. “Es ist eine Begegnung auf Augenhöhe”, so Tabitha. Und ihr Mitstreiter Lukas fügt lachend hinzu: “Man kann auch ein Selfie mit den Personen machen!”
Daneben bieten virtuelle Denkmäler auch völlig andere Möglichkeiten als massive Statuen aus Stein oder Bronze. Einige der Figuren sind beispielsweise so in den Raum projiziert, dass sie über dem Boden zu schweben scheinen; andere sind in einer Weise konstruiert, die kaum mit den Gesetzen der Schwerkraft vereinbar wäre. Auch erlaubt der digitale Zugang per App, das Erlebnis multimedial zu erweitern, etwa indem Aufnahmen von Zitaten aus dem Leben der Person eingespielt werden.
Seit seinem Start im vergangenen Sommer hat das Projekt viel Zuspruch erhalten. “Wir haben überwiegend sehr positive Reaktionen bekommen”, freut sich Lukas. Mit Katrin Habenschaden (Grüne), Münchens zweiter Bürgermeisterin, hat denkFEmale auch eine prominente Fürsprecherin gewonnen. Das Team will Lücken in der Erinnerungskultur der Stadt schließen und ordnet sich damit in die Debatte um Denkmäler, Straßennamen und öffentlichen Raum ein – ein hochaktuelles Thema, das oft hitzig diskutiert wird.
Das Stadtbild als Spiegel der Gesellschaft
“Grundsätzlich sind wir nicht der Ansicht, dass man alle Statuen vom Pferd werfen sollte”, sagt Lukas schmunzelnd. Vielmehr ginge es darum, zu zeigen, was in der Stadt bisher fast vollkommen fehlt: starke Frauenfiguren. Schließlich erkenne man das München von heute kaum in den angestaubten Statuen von Königen und Generälen wieder. “Wir finden, so eine Gesellschaft sollte sich auch im Stadtbild widerspiegeln.” Die bestehenden Denkmäler werden nicht abgerissen oder ersetzt, sondern vielmehr ergänzt und erweitert.
Durch die räumliche Einordnung der Figuren lassen sich auch Konflikte sichtbar machen: Die Frauenrechtlerin Anita Augspurg (1857–1943) etwa steht direkt gegenüber der Reiterstatue des Prinzregenten Luitpold, der Frauen den Zugang zum Studium verwehrt hat. Die kommunistische Widerstandskämpferin Centa Herker (1909–2000) prügelte sich schon im Alter von 17 Jahren mit Nazis im Löwenbräukeller – an derselben Stelle, wo das Team von denkFEmale ihr heute ein virtuelles Denkmal setzt. So hat jede der Statuen einen Bezug zu dem Ort, an dem sie aufgestellt wurde; das Zusammenspiel mit der Umgebung erzählt immer eine Geschichte.
Große Pläne für die Zukunft
Im Moment sind sechs Statuen zwischen Maxvorstadt und Lehel zu finden, demnächst werden drei weitere aufgestellt. Besuchen kann man sie noch bis zum 17. Oktober, danach verschwinden sie vorerst wieder – aus wettertechnischen Gründen: Die filigranen QR-Codes vertragen sich schlecht mit Herbstlaub oder Schneematsch. Langfristig hoffen Tabitha und Lukas darauf, die Codes in Stein einzulassen und sie so im Boden zu verankern; bisher zeigt sich die Stadtverwaltung allerdings sehr zurückhaltend, was dauerhafte Eingriffe in das Stadtbild angeht. Daneben stehen auch eine Indoor-Vernissage im Winter und eine zweite Runde mit temporären Statuen im Frühjahr zur Debatte.
Das Team von denkFEmale hat jedenfalls schon viele Ideen, wie sich das Projekt erweitern ließe: Die Liste mit inspirierenden Münchnerinnen, die eine Statue verdienen, ist lang. Zudem könnte das Konzept auf weitere Gruppen wie People of Colour und queere Menschen, aber auch auf andere Städte ausgedehnt werden. In Regensburg wird mit dem Projekt Donautöchter beispielsweise schon ein ähnlicher Ansatz verfolgt. “Da ist noch sehr viel Potenzial”, meint Lukas März lächelnd.
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Bis 17. Oktober hast Du also noch die Chance, die virtuellen Statuen von denkFEmale in der Stadt zu entdecken. Weitere Informationen zur App und zu den Standorten findest Du bei @denkfemale!
Bilder: © denkFEmale